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Donnerstag, 29. April 2010
Gelesen: Fahrenheit 451 (von Ray Bradbury)
Die grobe Handlung von Bradburys Klassiker war mir schon vor dem Lesen bekannt. Ein totalitäres Regime verbietet alle Bücher. Die „Feuerwehr“ verbrennt diese. Guy Montag, ein Feuerwehrmann, findet heraus, was Literatur bedeuten kann, wird zum Rebell und flieht letztendlich in die Wälder. Dort lernt er eine Gruppe Menschen kennen, die alle ein Buch auswendig gelernt haben, um es so der Nachwelt zu erhalten.

So schlicht diese Zusammenfassung auch klingt, die Aussage des Buches wird deutlich: In dieser Zukunft wurden Bücher als Gefahr für eine Diktatur erkannt. Bücher können also eine Gefahr für totalitäre System sein.
Doch würde Bradbury es bei dieser Aussage bleiben lassen, wäre das Buch heute wohl nicht so bekannt.

Der Abschnitt der Rebellion beginnt erst im letzten Teil und auch erst im letzten Viertel. Bis dahin vollzieht sich die Wandlung von Guy Martin von einem linientreuen Feuerwehrmann zu einem Rebell. Diese Wandlung ist äußerst überzeugend dargestellt, da es Bradbury gelingt, die beklemmenden Zustände seines Zukunftsentwurfes deutlich zu machen. Dabei geht er nicht einmal groß auf politische und gesellschaftliche Zustände ein, sondern schildert einfach das Zusammenleben zwischen Montag und seiner Frau. Das ist furchtbar gruselig, dass man als Leser am liebsten so schnell wie möglich, alle technischen Geräte entfernen möchte.

Im Verlauf der Geschichte passiert natürlich viel mehr als in den Sätzen oben angedeutet wird. So kommt es zu äußerst interessanten Gesprächen mit einem Vorgesetzten von Montag und einem Harvard-Professor.

Das Überraschendste war für mich jedoch das Ende. Denn das System, für das Montag zunächst arbeitet, zerstört sich selbst. Permanent wird im Hintergrund von einem Krieg geredet, der zum Schluss auch tatsächlich eintrifft. Danach hat sich das System wohl selbst zu Fall gebracht und es besteht wieder die Chance, dass Bücher gelesen werden können.

Natürlich bleibt der Schluss offen, aber eben diese Veränderung zum Positiven ist bei ähnlichen Romanen wie „1984“ und „Brave New World“ eben nicht gegeben. Zumal es auch eine äußerst beeindruckende Szene gibt, in der Montag mit seinen „neuen Bekannten aus dem Wald“ den Beginn des Krieges und die Zerstörung seiner Heimatstadt beobachtet.

Allerdings vermutet Montag danach, dass die Menschen aus ihren Fehlern lernen werden. Das ist zu bezweifeln. Aber der Vergleich zwischen dem Phönix, der aus der Asche neu entsteht und der Menschheit hat etwas für sich. Denn irgendwie sind Menschen doch gute Steh-Auf-Männchen.
In Zeiten eines drohenden Atom-Krieges ist die Aussage, dass es auch nach diesem wohl irgendwie weitergehen werde, allerdings vielleicht etwas zu optimistisch.

Das Reclam-Nachwort attestiert Bradbury dann zum Schluss, dass er die Science-Fiction in der Literatur salonfähig gemacht hat. Das ist zwar ein wenig hochgegriffen, schließlich existierten die eben genannten Werke zu dem Veröffentlichungsdatum von Fahrenheit 451 (1953) bereits. Aber schon die Tatsache, dass ein Science-Fiction-Roman im Reclam-Verlag erscheint, unterstützt diese These.

Immer wieder wird von den ausgestoßenen Literaturwissenschaftlern im Buch der Selbstvorwurf geäußert, dass man etwas hätte tun können. Auch der Vorgesetzte von Montag beschreibt, dass die Menschheit die Bücher eigentlich selbst vernichtet hat. Statt der Lektüre eines Romans hat man zunächst das Radio, dann das Fernsehen und später eine interaktive Form der Unterhaltung vorgezogen. Große Zensur war gar nicht mehr notwendig, denn eigentlich kümmerte sich sowieso niemand mehr um die Bücher. Und wie gesagt, bestätigen die Professoren im Nachhinein, dass selbst sie nicht für die Bücher eingeschritten sind.

Insofern ist „Fahrenheit 451“ auch ein Aufruf dazu, nicht untätig zuzusehen, wenn die Gesellschaft falsche Wege beschreitet. Und das Äußern der eigenen, durch moralische Grundsätze gebildeten Meinung, obwohl man dadurch Schwierigkeiten zu erwarten hat, ist die Definition von Zivilcourage.

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