Dieser Radiotatort hat eine besondere Erzählstruktur. Denn Garthmann ist nicht einmal als V-Mann unterwegs. Da er zu Beginn der Folge einen Auftrag ablehnt, erhält er später keine Unterstützung von der Polizei. In dem ganzen Fall tritt somit nicht ein Mal die Staatsgewalt in Aktion, stattdessen muss Garthmann versuchen, alles selbst aufzuklären.
Das Hörspiel ist durchgehend mit Zwischenszenen gefüllt, in denen Menschen offensichtlich große Schmerzen zugefügt werden. Der Hörer kann bis zum Schluss jedoch nur erahnen, worum es sich dabei handelt. Die Hinweise deuten auf eine organisierte, kriminelle Vereinigung hin.
Die Familie Pamur ist tief zerstritten. Frau Pamur hat den Tod ihres Vaters nie überwunden, obwohl dieser Jahrzehnte zurückliegt. Gleichzeitig möchte die verbitterte Frau unbedingt verhindern, dass ihr Sohn die Werft übernimmt. Mit der Gattin ihres Sohnes kann sie sich gar nicht verstehen. Mehrfach gerät Garthmann in Streitszenen der Familie. Die sind zwar gut gesprochen und wirken überzeugend, sind teilweise allerdings etwas lang und nehmen in dem Hörspiel zu viel Platz ein.
Der Fall lebt von zwei Komponenten. Erstens wirkt Garthmann sehr sympathisch. Im Vergleich zu der hysterischen Pamur-Familie erscheint er besonnen.Und auch wie er mit seinem sich überraschend einstellenden Erfolg umgeht, wirkt angenehm bodenständig. Zweitens wird durch die vielen Zwischenszenen viel Spannung aufgebaut. Es entsteht der Eindruck, als würde immer dieselbe Person gefoltert werden. Dadurch wäre die angespannte Lage im Hause Pamur zu erklären.
Es bleibt jedoch dabei, dass die Pamurs sich einfach untereinander zerstritten haben. Aufgrund der verbitterten Mutter und des geringen Widerstand des Sohnes, verbunden mit einem schwachen Heiner Pamur und einem kriselnden Geschäft ist der Konflikt aber verständlich.
Das Finale übertrifft diese beiden Elemente bei weitem. Zwar gibt es durchaus Kriminelle und stereotyper Weise handelt es sich dabei um Gastarbeiter. Es gibt aber keineswegs einen Art Mafia, die in Wedel an der Arbeit ist. Stattdessen haben die Pamurs das Problem selbst verursacht. Sie übernahmen zu viele Aufträge und sind deswegen in erster Linie – gerade bei dem Bau der „blauen Yacht“ – auf billige Arbeitskräfte aus osteuropäischen Ländern angewiesen. In dieser Rahmenhandlung wird sowohl auf die schlechte Bezahlung als auch auf die nicht vorhandene Versicherung bei Arbeitsunfällen eingegangen. Die Schilderung der „Beseitigung“ eines Arbeitsunfalls ist sehr beklemmend.
So erhält dieser spannende und sympathische Radiotatort zum Ende noch eine sozialkritische Komponente. Dass er darüber hinaus größtenteils in meiner Heimatstadt Wedel spielt, macht ihn zusätzlich sympathisch. „Die blaue Yacht“ ist ein unterhaltsamer Hamburger-Radiotatort, ohne großen Fall, dafür aber mit einer interessanten Rahmenhandlung.
Die Episode steht noch bis zum 21. Mai auf der Homepage der Serie zum Download zur Verfügung.
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Das Lied beginnt mit sanften Klavierklängen. Später werden Schlagzeug und Bass durch sanft eingesetzte Bläser ergänzt. Die Bläser werden an einigen Stellen betont eingesetzt, um bestimmte Textausschnitte zu betonen. Die Hintergrundmusik würde sich für sich wohl ganz gut zum Tanzen eignen, wodurch sie zu dem Motto des Liedes passt.
"Wie lang kann ein Mensch tanzen?" greift die Frage auf, was Menschen mit Ablenkung bezecken. Wenn ich morgens nach Haus komm, dann fall ich in ein Loch, sind die ersten Zeilen des Liedes. Das Zuhause-, das Alleinsein scheint hier eine große Schwierigkeit zu sein, auch wenn kurz darauf beteuert wird, dass dieses Loch noch immer überwunden werden kann. In der zweiten Strophe wird dann eine andere Seite skizziert: Viel reden, immer da sein. So wird der vermutlich fröhlich wirkende Auftritt beim Ausgehen beschrieben.
Darauf folgt der nachdenkliche Refrain. Wie lang kann ein Mensch tanzen? Wie viel Kraft hat ein Lied?. Daran schließt sich der Wunsch ein Stück vom Ganzen zu erhalten an. Die folgenden Zeilen erstellen ein wenig einen Bogen zu dem "Lied von den Vergessenen". Hier geht es nämlich um die Frage, ob überhaupt jemand etwas davon mitbekommt, was man gerade tut. Ob das jemand hier sehn kann, ob das jemals einer erkennt.
Die dritte und vierte Strophe beschäftigen sich mit Selbstzweifeln. Vielleicht hab ich zu lang getanzt, vielleicht hab ich den Zug verpasst. Tanzen wird auch hier wieder als zeitlich begrenzte Aktivität aufgefasst, die zwar noch ausgeübt wird, aber irgendwann beendet werden muss. Der richtige Moment für den Absprung ist jedoch unklar, dürfte aber mit dem persönlichen Wunder, das im Refrain gewünscht wird zusammenhängen. In der vierten Strophe gesellt sich Angst zu den Selbstzweifeln. Ich fürchte mich, die Nacht verinnt. Dies greift den Eingang des Liedes auf, in dem die Situation des "Nachhausekommens" skizziert wird. Die vierte Strophe endet mit der Aussage: Meine Waffen sind stumm - da löst sich kein Schuss. Was verdeutlicht, wie wenig Handlungsoptionen zur Verfügung stehen. Das Ganze Arsenal ist erschöpft.
Nach einem musikalischen Zischenspiel und der Wiederholung des Refrains werden eine Reihe von Fragen gestellt, die alle mit Wie will mich beginnen. An die Einleitung reiht sichunter anderem wenn ich nicht lustig bin? ... wenn ich nicht zu sagen hab? ... wenn ich mich nicht ertrag? an. All diese Fragen verdeutlichen noch einmal die Unsicherheit und Unzufriedenheit, die durch das "Tanzen" kaschiert werden sollen und immer wieder ausbrechen, wenn alles zum Stillstand kommt. An diesen sehr guten Moment und Höhepunkt des Liedes schließt sich leider die Aussage Sie nahm mich nur, weil es keine andre gab an. Dies ist im Kontext schwer zu erklären, für mich unverständlich und stört. Glücklicherweise schließt sich daran noch kurz die ersten Zeilen des Refrains an, was das Ende etwas rettet.
"Wie lang kann ein Mensch tanzen?" ist ein nachdenkliches Lied mit tanzbarem Rhythmus über das Kaschieren der eigenen Einsamkeit und der eigenen Probleme durch permanentes Verstellen oder wegtanzen des eigenen negativen Gemütsstatus. Dadurch wird kurzfristige Freude erzeugt, die der Gewinnung langfristiger Glückszustände jedoch im Weg steht. Insofern ist das Lied nicht nur sehr gelungen, sondern passt auch sehr gut zu der Single-Veröffentlichung "Lied von den Vergessenen".
Zu dem Lied wurde ein Kurzfilm in Barcelona produziert, von dem leider nur ein kleiner Ausschnitt frei verfügbar ist:
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Dem Hörer ist jedoch auch schnell klar, dass Boris den Tipp bei der Polizei abgegeben hat. Dennoch gibt es immer mehr Beweise, dass Boris in den geplanten Amoklauf verwickelt ist. So hat er unter anderem eindeutig etwas mit den Youtube-Botschaften zu tun, kann Waffen über seinen Vater erlangen und war schon öfter in Gewalttaten verwickelt. Der Täter scheint also schnell gefunden.
Gerade deswegen ist jedoch sicher, dass Boris nicht der Haupttäter sein kann. Das ist der große Moment dieses Tatorts. Das Hermann-Hesse Gymnasium hat einen enorm hohen Migrantenanteil. Für einen kurzen Moment spricht die Polizei daher auch Verdächtigungen gegen diese aus. Von Anfang an erlebt man jedoch auch den sehr engagierten Lehrer Wolf Moser. Er versucht einer völlig desinteressierten Klasse eine Hermann Hesse Erzählung nahe zu bringen. Außerdem hat er sich gerade geschieden. In der Hermann Hesse Erzählung geht es darum, dass ein Lehrer einen Amoklauf verübt, nachdem die Ehe mit seiner Frau in die Brüche gegangen ist. Die Parallelen sind natürlich schnell offensichtlich.
Dennoch baut der Tatort Spannung auf. Denn die Polizei zieht diese Parallele nicht so schnell (die Erzählung ist schließlich Pflichtlektüre). Und so kommt es zu einigen hektischen Situationen. Außerdem sind die Dialoge auch in diesem Radiotatort sehr gelungen. Der mürrische Kommissar philosophiert diesmal viel über "Amokläufer an sich" und verwendet dabei einen breiten Dialekt (wie auch andere Figuren des Tatorts), was für schönes "Lokalkolorit"-Gefühl sorgt.
"Mordlauf" ist ein spannender Tatort, der den Höhrer beinahe auf eine falsche Fährte lockt und durch eine tatsächlich auf die falsche Fährte gelockte Polizeit ein ordentliches Maß an Spannung aufbaut. Die Folge ist noch bis zum 13. Februar auf der Homepage der Seite kostenlos verfügbar.
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Verheißungsvoll leiten Streicher den Song ein. Doch sie werden mit dem Einsetzen Peters Stimme durch einen stumpfen Hintergrundbeat ersetzt, aus dem man lediglich an besonders ruhigen Stellen ein Klavier heraushören kann. Von Melodik kann daher kaum die Rede sein.
In diesem Lied verarbeitet Peter (wie es in vielen Liedern der Platte herausklingt) wohl seine Burn-Out Erfahrungen. Das sei ihm gegönnt. Gut wird der Track aus dieser Erkenntnis heraus jedoch noch nicht.
Peters hier noch kratzigere Stimme als sonst, erzählt einem, dass er im Aschenbecher liegt und früher Tellerwäscher war. Er erzählt, dass alles so toll war (als Tellerwäscher?) und er jetzt aber ja im Aschenbecher liegt. In der zweiten Hälfte geht es dann darum, was er alles wieder tun möchte (sehn, stehn, bewegen etc.). Abgesehen davon, dass die Einleitung zu diesen Phrasenausrufen etwas unlogisch ist, nervt das ständige ich will wieder im zweiten Teil.
Das liegt auch daran, dass dieser Stil auf dem Album bereits zu oft verwendet wurde. Wir sind am Leben formulierte ähnliche Aufrufe in der zweiten Person (Hast Du alles erlebt?), Überdosis Glück verwendete ebenfalls die erste Person (ich will wieder fliegen). Das mag ein Grund sein, warum der Refrain nervt. Dazu ist er im Gegensatz zu den vorherigen Liedern dumpfer vorgetragen und wird nicht von einer Gesangstimme getragen.
Natürlich ist "Mein Leben im Aschenbecher" nicht gänzlich schlecht. Es gibt eine gelungene Stelle, in dem Peter feststellt, dass er keine Hilfe braucht, sondern klar ist, weil er denkt. Das ist leider eine der wenigen gelungenen Stellen.
"Mein Leben im Aschenbecher" ist eines der schwächsten Rosenstolz-Lieder, das weder einen angenehmen Rhythmus noch eine vernünftige, nicht schon in den vier Liedern zuvor erwähnte Botschaft aufweist.
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Dabei beginnt das Lied mit einem relativ starken Streicherparte, der eine halbe Minute dauert. Erst dann kommt AnNas Stimme hinzu. Zunächst hat man das Gefühl, dass sich AnNas Stimme mit den Streichern zu einer Art Einheitsbrei zusammentut.
Dieses Gefühl wird dadurch verstärkt, dass es keinen eindeutigen Refrain gibt. Dieser wird erst langsam aufgebaut. Die beiden Strophen des Stückes werden zwar durch dieselben Zeilen beendet, diese heben sich klanglich jedoch kaum von den Strophen ab. Erst in der zweiten Hälfte des Liedes wird der Refrain dann ausgebaut und deutlicher.
Erst bei späteren Durchläufen merkt man, dass das Lied wirklich gut ist. Vor allem die Platzierung besticht. Während das vorherige Lied von den Vergessenen mit einem eingängigen Rhythmus ein Stück für Einsame darstellte, beschreibt "Sprachlos" mit eher ruhiger Melodie die positiven Seiten des "Sprachlos" sein.
Die erste Strophe beschreibt eine Person, die sich wundert, dass jemand durch ihre gut aufgebauten, geschützten und etwas einsamen Mauern gedrungen ist. Jemand kam ungefragt in diese Welt was die Person erst einmal sprachlos macht. In der zweiten Strophe versucht die Person nun ihr Leben, ein anderes Lied, das von Hoffnung, Angst und Liebe, das von langer Einsamkeit darzulegen. Das misslingt jedoch, wieder wegen der eigenen Sprachlosigkeit.
Doch auch in der zweiten Strophe scheint die Sprachlosigkeit nichts Negatives zu sein. Denn die neue Person macht verunsichert zwar, macht sprachlos, ist aber nicht negativ. Ich geb meine Waffen ab, weil ich sie nicht nötig hab, heißt es nach der zweiten Strophe. Die "Waffe", in diesem Fall wohl die Sprache, wird also freiwillig abgeben.
Insofern beschreibt "Sprachlos" in passend ruhigen Klängen das unerwartete Eintreten eines guten Freundes bzw. einer zukünftigen Beziehung in ein Leben. Dies scheint ein so blindes Vertrauen auszulösen, dass die Sprache, eigentlich die wichtigste menschliche Eigenschaft, erst einmal unnötig ist. In gewisser Weise ist das die ideale Fortsetzung für das "Lied von den Vergessenen".
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"Unter Verdacht" ist der bisher beste Radiotatort, den ich gehört habe. In einem bayerischen Bergdorf findet die Fortbildung statt. Die Wanderung ist sehr gut vertont, sodass man beinahe das Gefühl hat, dabei zu sein. Die Avancen des Dozenten sind von Anfang an eindeutig, doch für Senta ist es schwierig, diese abzulehnen, ohne es sich mit ihm zu verscherzen. Die erste Hälfte der Episode besteht dann fast ausschließlich aus Verhören.
Der leitende Hauptkommissar ist davon überzeugt, dass Senta die Täterin ist. Er hält sie für emotional und aufbrausend und kann vor allem nicht verstehen, warum sie den Vorfall einige Tage geheim gehalten hat. Immer wieder versucht er die "guter Cop"-Nummer und heuchelt Verständnis dafür, dass Senta ärgerlich auf einen Macho wurde und ihn angegriffen hat. Dabei wird aber deutlich, dass der Kommissar gar nichts versteht. Er kann sich nicht in Senta hineinfühlen und gibt ihr immer wieder eine Mitschuld daran, dass der Dozent mit ihr eine Affäre beginnen wollte. Zum Schluss geht er sogar so weit, eine Affäre als Tatsache zu betrachten, einfach weil Senta mit Wandern gegangen wird.
Dieser Teil ist wirklich gut. Sehr gut wird er aber erst in der zweiten Hälfte, in der Senta ein Alibi erhält. Sie merkt jedoch, dass einiges an dem Alibi nicht stimmen kann. Anstatt sich zu freuen, dass jemand für sie gelogen hat, geht sie der Sache nach. Dabei trifft sie auf den wahren Täter. Dabei handelt es sich um einen gehörnten Gatten, deren Frau eine Affäre mit dem Dozenten hatte. Als diese bekannt wurde, verließ er die Frau, die sich daraufhin umbrachte. Der Hauptkommissar verhört nun den Mann und geht völlig anders um. Hier beweist er wahres Einfühlungsvermögen und behandelt den Mann gänzlich anders als zuvor Senta. Dieser krasse Unterschied wird nicht kommentiert und das ist gut so. Denn erst dadurch wird die Kritik an den patricharchalischen Einstellungen vieler leitender Polizisten richtig deutlich und nicht nur einen einordnenden Kommentar verwässert.
Abgerundet wird der Krimi noch durch eine putzige und unfähige Nebenfigur sowie einem großzügigen Einsatz des bayerischen Dialekts. Das ist nämlich das besonders Schöne an den Radiotatorten: Während die Fernsehserie Lokalkolorit immer mehr zurückfährt, tritt es in den Radiofolgen durch Dialekte um so mehr zu tage.
"Unter Verdacht" ist kein actionreicher Radiotatort. Doch das gelungene Verhör mit der klugen Senta, die in eine perfide Männerwelt gerät, von der sie vorverurteilt wird, ist sehr spannend anzuhören. Die Folge ist noch bis zum 16. Januar auf der Homepage der Serie downloadbar. Das sollte man tun.
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Das Lied ist sicherlich radiotauglich. Es ist nicht besonders sperrig, Klavier und Schlagzeug sorgen für eine angenehmer Hintergrundkulisse und der Refrain ist eingängig. Dabei ist es leider wieder etwas ärgerlich, dass der Refrain mehr Platz als die Strophen einnimt. Da er sehr lang ist, bleibt gerade einmal Platz für zwei inhaltliche Strophen sowie ein Zwischenspiel.
Der Titel skizziert das Thema des Liedes bereits sehr gut. Und wie beim Lied zuvor wird ein eigentlich nachdenkliches und eher trauriges Thema in einen fröhlichen Rhythmus gegossen. Denn während AnNa im Refrain von denen singt, die von ewig gestern, die, die längst schön schlafen sind, nimmt das Lied Fahrt auf, das Schlagzeug setzt richtig ein. So lebt auch dieses Lied wieder davon, das Rhytmik und Text nicht ganz zusammenpassen.
Das lenkt etwas von dem durchschnittlichen Text ab. Denn während es ja eigentlich ein "Lied für die Vergessenen" ist, besingt AnNa ein Verhältnis, das extrem gut ist: Wo ich auch bin, bist Du dabei. Die Erklärung dafür ist lediglich, dass zwei Vergessene sich fragen, ob irgendjemand sie nicht vergessen hat, was dann der Inhalt des Refrains ist. Allerdings kann man die Frage einfach beantworten, schließlich fragen sich dies zwei Menschen, die einander nicht vergessen haben.
Besser ist da die Botschaft des Zwischenspiels zum Schluss. Dort werden verschiedene Signale gegeben, dass einer den anderen wieder zurück ins Leben heben kann. Dann würde das Lied aussagen, dass es für jeden (gefühlt) Vergessenen auch jemanden gibt, der ihn aus diesem Zustand wieder zurückholen kann. Für diejenigen ist dann das Lied gewidmet.
Trotz der kleinen Schwierigkeiten mit dem Text ist "Lied von den Vergessenen" kein schlechtes Lied, es ist halt nur eine typische Single, bei der der Text im Hintergrund steht. Denn beim ersten Durchhören des etwas sperrigen Albums ist dieses Lied eines der wenigen, das sofort ins Ohr geht. Leider ist der Text dann hauptverantwortlich dafür, dass man sich das Lied auch dann noch anhört, wenn andere Lieder längst mit Worten überzeugt haben. Und das kann "Lied von den Vergessenen" nicht leisten. Insofern handelt es sich bei dem dritten Track des Albums um ein gutes Lied und leider nicht mehr.
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Der Zuhörer weiß zunächst natürlich genau so wenig wie die beiden Ermittler und kann lediglich spekulieren. Bald ahnt man, durch Zwischensequenzen in Polen angestachelt, dass es keins von beidem ist.
Breuer ist jedoch lange Zeit von ihrer Mafia-Theorie überzeugt. Das hilft dem Fall, einige politisch heiße Themen anzusprechen. Denn Breuer verdächtigt einen örtlichen Baulöwen, der mit Fördergeldern trickt, ahnungslose Investoren ausnimmt und zudem Schwarzarbeiter beschäftigt. Anhand dieses Bauherren wird nicht nur angeprangert, wie zu oft mit Fördergeldern umgegangen wird, sondern auch wie Landschaften durch übergroße Gebäude verschwandelt werden.
Leider trägt dieser Teil des Falls letztlich nichts zur Lösung des Falls bei. Lediglich der Hinweis eines polnischen Bauarbeiters hilft Breuer weiter. Das ist etwas schade, denn anhand des Baulöwen hätte man ebenfalls einen guten Fall konstruieren können.
So läuft dann aber tatsächlich alles darauf hinaus, dass es sich bei dem Mord weder um Raubmord noch um organisiertes Verbrechen handelt. Das zweite angesprochene Thema dreht sich um die polnischen und deutschen Vertreibungen nach dem zweiten Weltkrieg. Denn viele Deutsche, die oder deren Vorfahren nach dem zweiten Weltkrieg vertrieben wurden, kehren nun zurück, um ihr "verlorenes Gut" zu betrachten. Einige versuchen dabei auch, Verlorenes zurückzuerwerben. Dabei vergessen die meisten, dass nicht örtliche Polen die Immobilien übernommen haben. Denn auch die polnische Grenze wurde stark verschoben und viele Polen wurden umgesiedelt. Diesem sensiblen Thema nähert sich der Fall sehr gut.
Denn Breuer schleust einen V-Mann unter die des Mordes verdächtigen Polen. Der verhält sich zwar äußerst unprofessionel, ist für die Aktion jedoch auch nicht ausgebildet. Zum Schluss stellt sich heraus, dass dem Mord keinerlei böse Motive zugrundelagen. Stattdessen enthüllt der Fall eine Familientragödie. Das ist gut, zum Schluss sogar etwas spannend, aber nichts besonderes.
Die Auflösung des Falles ist nämlich nach der Hälfte des Hörspiels klar. Denn der geistig gestörte Täter wird immer wieder in Zwischensequenzen eingespielt. Das hätte man sich einfach sparen können, dann wäre die Auflösung deutlich überraschender geworden. Dazu kommen noch gewisse Längen, weil sich der örtliche Kommissar und die LKA-Beamtin natürlich mal wieder von früher kennen müssen und viel aufzuholen haben. Dieser Einfall, dass sich ein früheres Paar durch einen Fall wiedertrifft, ist mittlerweile doch etwas überstrapaziert.
Doch da "Versunkene Gräber" zwei interessante Themen (Bauwut und Vertreibungsfolgen) sensibel in ein authentisches Hörspiel verarbeitet, ist der Radiotatort durchaus interessant und angenehm zu hören. Nur die Längen durch die Kommissarskonstellation und die Zwischensequenzen hätte man sich sparen können.
Die Folge kann man sich noch bis zum 22.12. auf der Seite der Serie runterladen.
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„Abschaum“ ist einer der gelungensten Radiotatorte, die ich bisher gehört habe. Leider gilt das nicht für die Auflösung, die den sehr gelungenen Fall beinahe ruiniert.
Der Schmerz des Kommissars wirkt sehr authentisch. Zwar wird in dieser Folge zum wiederholten Mahl damit gearbeitet, dass man die Vorfälle zu der aktuellen Situation nicht kennt, doch hier ist diese Methode am Besten inszeniert. Die Auflösung dieser Frage ist dann auch tragisch und nicht übertrieben konstruiert.
Die Ermittlung ist besonders gelungen, weil sie durch permanente Sprüche aus dem Off begleitet wird, obwohl der Kommissar eigentlich gar keine Sprüche machen möchte. Das wird nie wirklich komisch, sondern sorgt für eine äußerst gelungene Atmosphäre, die durch die Hörkulisse entsteht.
Dabei gelingt es "Abschaum" über lange Zeit Spannung aufzubauen und gleichzeitig den Hörer vollkommen im Unwissen über die wahren Täter zu lassen. Dabei werden verschiedenen Nebenschauplätze aufgebaut. Es stellt sich nämlich heraus, dass die beiden Kinder des Inzest-Paares in Familien gebracht wurden, deren männliche Mitglieder bekannte Pädophile sind.
Die Auflösung zum Schluss ist absurd. Die Managermotivationsgruppe hält sich selbst für die besseren Menschen, die die Aufgabe haben, "Abschaum" zu beseitigen. Daher haben sie das Paar einfach umgebracht. Dieses Motiv ist krank, allerdings auch etwas unglaubwürdig. Denn man muss wirklich schon sehr verrückt sein, um sich zu so einer Tat verleiten zu lassen. Daher müssten alle Mitglieder des Teams nicht nur einer menschenverachtenden Effizienz-Logik angehören, sondern auch verrückt sein. Das wirkt äußerst seltsam.
"Abschaum" ist ein intensives und spannendes Krimi-Erlebnis und einer der besseren "Radiotatorte". Lediglich die Auflösung stört und wirkt unglaubwürdig.
Die Folge kann man noch bis zum 14. November auf der Homepage der Serie herunterladen.
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Nach "Wir sind am Leben", das mit nachdenklichen Fragen und einer optimistischen Melodie daher kam, setzt "Überdosis Glück" auf ein ähnliches Konzept. Ein peppiger Rhythmus, deutliche Bläser und weder Klavier noch Streicher, für Rosenstolz ist das durchaus ungewöhnlich. Die Melodie wirkt dabei heiter und vermittelt Bewegung oder zumindest Aufbruchsstimmung. Der Rhythmus des Textes ist ebenfalls heiter gehalten. Das Lied beginnt mit einer Aneinanderreihung kurzer Worte, längere Zeilen gibt es kaum. Und wenn es mal einen längeren Satz gibt, werden die Worte so unnatürlich betont, dass es wieder so wirkt, als sei der Satz gar nicht so lang.
Der Inhalt des Textes passt eigentlich gar nicht zu dem Rhythmus. Schon gesehen, nichts passiert. Aber schön war es doch, ist die Beschreibung, die einer Aufzählung einiger schöner Dinge folgt. Trotz positiver Elemente scheint das Leben hier wohl an einer Art toten Punkt angekommen zu sein, an dem nichts mehr wirklich zufriedenstellend ist. Im Refrain wird dann auch erklärt was fehlt: Die titelgebende Überdosis Glück.
Im Refrain wird bereits angedeutet, dass das Glück an zwei Dingen scheitert. Sorgen und fehlende Liebe erschaffen eine unglückliche Stimmung. Leider wird der Punkt mit den Sorgen lediglich im Refrain angesprochen und in keiner Strophe verarbeitet. Dabei hätte man daraus noch mehr machen können. Die Liebe wiederum ist das Thema der anderen beiden Strophen.
In der zweiten Strophe wird dann klarer, was dieses Glück schaffen kann: Ein Partner. Darum wird sich offensichtlich bemüht, doch das Werben hat keinen Erfolg. Das ist eine etwas platte Aussage, schließlich macht eine Beziehung nun noch längst nicht glücklich. Wobei man bei Rosenstolz auch nicht ganz sicher sein kann, ob mit dem Partner auch unbedingt eine Beziehung verbunden sein muss.
Gelungener ist da die dritte Strophe. Hier geht der Wunsch nach Liebe vor allem in die Richtung "los lassen können." Ich will fliegen, nicht mehr denken, singt AnNa dabei und weicht von dem bisherigen Rhythmus ab. Das ist eine schönere Botschaft, die sich dann schnell wieder mit Teilen des Refrains vermischt.
Das größte Problem an dem Lied ist aber nicht die Verengung auf die Formel "Liebe=Glück", sondern eine häufig unglückliche Wortwahl. Ich brauch ne Überdosis Glück, ich will mein Schaukelpferd zurück, mag zwar für einige witzig klingen, ist erst einmal jedoch irritierend. Auch die Aneinanderreihung Jede Party, jeder Smarty, ist nicht ganz gelungen. Denn auch wenn mit dem "Smarty" ein vermeintlich intelligenter Gesprächspartner gemeint ist, klingt es als hätte das Duo die bunten Schokokugeln unbedingt in einem Lied haben wollen. Mindestens diese beiden Formulierungen stören das Lied also.
Interessant ist jedoch der bereits angesprochene Widerspruch zwischen Text und Melodie. Im Vorfeld wurde in der Berichterstattung natürlich häufig auf Peter Plates "Burn Out"-Erkrankung eingegangen. Darauf antwortete er regelmäßig, dass er kein Jammerlappen-Album machen wollte. Insofern ist das Lied zurecht auch als eine Art Statement zu seiner Krankheit empfunden worden. Selbst wenn die Sorgen den "Mars" füllen würden und Liebe nicht in Sicht zu sein scheint, bedeutet das nicht aufzugeben und zu resignieren. Denn irgendwo wartet die Überdosis Glück dann doch. Das ist eigentlich eine ganz schöne Aussage.
Zudem macht es trotz schwacher zweiter Strophe und teilweise merkwürdiger Wortwahl Spaß, das Lied zu hören. Und so ist "Überdosis Glück" trotz einiger Schwächen und eines teilweise dünnen Textes aufgrund der aufbrechenden Melodie und des Kontrasts zwischen Text und Melodie ein gutes bis sehr gutes Lied.
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