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Freitag, 12. August 2011
Gelesen: Sterntagebücher (von Stanislav Lem)
Das Buch beginnt mit einem sehr gelungen Vorwort, das der Lektüre einen leichten Start verpasst. Der fiktive Professor Taratonga lässt sich darüber über die bisherigen Forschungen zu dem Buchtext aus und wehrt sich unter anderem gegen die Vorwürfe einige „Spinner“, dass die Sterntagebücher und die Erinnerungen nicht von Ion Tichy sondern von einem „Lem“ geschrieben sei. Da aber niemand sagen könne, was „Lem“ sei, wäre das gar nicht möglich.

Der restliche Text teilt sich dann in zwei Teile. Es gibt die Sternentagebücher und die Erinnerungen des Ion Tichy. Die Kapitel der Sternentagebücher tragen jeweils die Nummer der jeweiligen Reise. Sie beginnen mit der achten Reise, danach wird jedoch nicht jede weitere Reise erzählt, sondern einige werden übersprungen. Die Erinnerungen tragen zunächst einfach römische Nummern (und fangen sogar bei eins an) und haben später Titel.

Die Sternentagebücher sind sehr gelungen. Bei jeder einzelnen Reise handelt es sich um eine Kurzgeschichte. Sie enthalten allerdings durchaus mal Rückblicke auf vorherige Abenteuer oder Erklärungen zum Gesamtaufbau (es wird zum Beispiel durchaus erklärt, warum die Sternentagebücher mit der Nummer acht anfangen). Dabei wird an vielen Stellen deutlich, dass Tichy sich vieles ausdenkt. Denn allein die Reisedauern sind so lange, dass auch ein Hinweis auf Zeitreisen und damit verbundene Verjüngung nicht genügen dürfte.

Die Kurzgeschichten zeichnen sich durch eine große Themenvielfalt aus. Es geht um Zeit und Zeitverlauf, Genetik, Wissenschaft, Gesellschaftssysteme und viele weitere Themen. Lediglich die Problematik von Kriegen wird kaum angesprochen, was den Roman in angenehmer Weise von anderen „Science-Fiction“-Romanen abhebt.

Die meisten Kurzgeschichten sind prägnant kurz, in einigen Sätzen schreiend witzig und dennoch nachdenklich. Allerdings gibt es auch eine Reihe von langen Kurzgeschichten, die recht philosophisch wirken an einigen Stellen aber schon fast ins Laborieren abdriften.

Die Geschichten sind in den Momenten besonders stark, wenn Alltägliches in eine abstruse, technisierte Weltraumzukunftswelt übertragen wird und dabei zusätzlich wichtige Themen behandelt. Dabei ist es beachtlich, dass vieles aus dem Alltag gegriffen wirkt, obwohl der Text aus den 60er Jahren steckt. So wirken zwar viele technische Dinge etwas albern, vor allem die vielen atombetriebenen Geräte, aber viele Verhaltensweisen und Rituale, die Tichy in seiner Rakete betreibt (Abwachen, Dachboden aufräumen) könnten auch in einem normalen Haus vorkommen.

Schwächer sind dann die Erinnerungen Ion Tichies. Hier spielt kaum eine Geschichte mehr im Weltraum und es scheint als entwickele Lem eine Art Professoren-Fetisch. Denn hier geht es um die Entwicklungen und Ideen einiger Professoren, die Tichy entweder aufsuchen oder die er trifft. Das ist zwar ganz nett, langweilt an einigen Stellen aber auch Denn nicht immer tragen die Erfindungen, die Ideen und die Skurilität der Professoren eine ganze Kurzgeschichte.

Gerade im Vergleich zu den Sterntagebücher wirken die Erinnerungen etwas schwach, sodass man sich durch die zweite Hälfte des Buches in Erinnerung an die gelungenen Reisen aus der ersten Hälfte eher quält. Zwar gibt es auch Higlights wie eine große Waschmaschineneproblemaitk, aber viele Professorengeschichten sind doch etwas abstrakt und oft ist die Erkenntnis, die beim Lesen gewonnen werden soll im Gegensatz zu den Sterntagebüchern viel zu stark betohnt. Doch dann wird man durch die letzte Geschichte entschädigt. In der trifft Tichy auf einen Planeten, der im Norden von einem riesigen Drachen bewohnt wird. Das gesamte Gesellschaftssystem des Planeten ist darauf aufgebaut, diesen Drachen am Leben zu erhalten. Tichy kann das nicht verstehen, schließlich könnten sich die Bewohner doch auch selbst helfen. Da muss man ungewollt daran denken, dass seit 2008 alle Anstrengungen unternommen werden, unser Finanzmarktsystem zu retten. Dabei könnte man doch auch den Bewohnern der Erde helfen.

Insgesamt bieten die „Sterntagebücher“ jedoch eine äußerst gelungene Mischung aus gelungenen Tehmen, Witz und Nachdenklichkeit. Den zweiten Teil, die Erinnerungen, kann man jedoch durchaus überspringen, wenn man nicht an fiktiven, technischen Neuerungen aus der 60er-Jahre Perspektive interessiert ist.

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