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Montag, 26. März 2012
Gelesen: Hand aufs Herz (von Anthony McCarten)
Hatchs Autohof läuft nicht gut. Daher überlegt er sich eine ungewöhnliche Werbeaktion. Er stellt ein gutes Auto in seinen Hof. Wer am längsten das Auto berührt, darf es mit nach Hause nehmen. Der Wettbewerb lockt die verschiedensten Menschen an. Arme, aber auch Reiche kommen zu dem Wettbewerb. Darunter sind Tom Shrift und Jess Podorowski. Für beide geht es um sehr viel. Tom ist sehr intelligent, hat sich mit seiner Arroganz jedoch um alle Chancen im Leben gebracht. Jess hingegen hat überhaupt gar kein Selbstwertgefühl. Sie tritt immer zurück und bringt sich auf diese Art um ihre Chancen. Sie ist zudem sehr früh Witwe geworden und muss sich um ein stark behindertes Kind kümmern. Der Wettbewerb ist auf Tage ausgelegt. Denn Hatch möchte mit seinem Autohof in das Guiness Buch der Rekorde. Schnell stellt sich heraus, dass es bei dem Wettbewerb nicht um physische Kraft, sondern um psychische Stärke geht.

„Hand auf Herz“ ist ein sehr eindringlicher Roman. Es geht tatsächlich nur um den Wettbewerb, in dem 40 Menschen versuchen, das Auto nicht loszulassen. Das erscheint erst einmal ziemlich langweilig.

Doch McCarten zeichnet zwei wunderbare, sehr verletzliche und gegensätzliche Charaktere. Tom versucht sein Selbstbewusstsein durch starke Sprüche und pompös zur Schau gestelltes Wissen zu polieren, während Jess sich in einem Sumpf aus Selbstverleugnung befindet. Für beide ist der Wettbewerb eine wichtige Prüfung.

Dabei ist rasch klar, dass die beiden sich im Lauf des Wettbewerbs näher kommen werden. Dadurch besteht ständig die Gefahr, dass der Roman in die Kitsch-Ecke abdriftet. Der Titel bietet das bereits, schließlich könnte „Hand aufs Herz“ auch der Titel eines gefühlsduseligen Frauenromans sein.

McCarten bindet in den Wettbewerb jedoch kluge Unterhaltungen und witzige Situationen ein. In einer Nebenhandlung versucht Hatch nicht nur seinen Autohof, sondern auch noch seine Ehe zu retten. Außerdem sind Behörden und Polizei immer kurz davor, den Wettbewerb zu verbieten, da er für die Teilnehmer gesundheitlich gefährlich werden kann. Daher müssen die Teilnehmer dafür sorgen, dass die Polizei den Wettkampf nicht verbietet. Und natürlich haben die Behörden mit den gesundheitlichen Folgen recht: Das psychische Ringen hält nicht jeder Wettbewerber aus.

Sowohl Tom als auch Jess wachsen an dem Wettbewerb. Es ist sehr beachtlich, wie zwei Stereotypen im Verlauf des Romans zu Charakteren werden. Tom lernt Milde, während Jess ihr Selbstbewusstsein entdeckt. Das schafft McCarten einfühlsam und eindringlich. Dabei lässt McCarten den Leser an den Gedanken seiner Hauptpersonen teilhaben. Diese reichen von poetischen Überlegungen zu Beginn des Wettbewerbs („Das Glück, das wir empfinden, wenn wir uns so unendlich klein im Angesicht der Sterne fühlen, kommt daher, dass, wenn wir im Vergleich zur Größe des Universums nichts sind, auch unsere Sorgen nichtig sind.“) bis hin zu Wahnvorstellungen im Erschöpfungszustand nach mehreren Tagen des Wettbewerbs.

„Hand aufs Herz“ ist ein gut zu lesender Roman, der trotz seiner scheinbar oberflächlichen Handlung, ein bewegender und teilweise sehr tiefgründiger Charakterroman ist.

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