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Das befremdliche Überleben des Neoliberalismus (von Colin Crouch)
Die internationale Finanzkrise führt uns seit 2008 vor, welche Auswüchse neoliberale Wirtschaftspolitik treiben kann. Mittlerweile ist es zwar vielen (neoliberalen) Ökonomen gelungen, den Fokus auf die Staatsverschuldungskrise zu lenken. Doch kann dabei nicht ignoriert werden, dass die enormen Auswüchse dieses Problems in erster Linie durch die Rettung der 2008 gescheiterten Banken hervorgerufen wurden.
Colin Crouch befasst sich in seinem Buch, was er in Anspielung auf sein bekanntestes Werk mit „Postdemokratie II“ untertitelt, mit der Frage, warum der Neoliberalismus nicht im Rahmen der Finanzkrise 2008 untergegangen ist. Das Fazit ist ernüchternd und wird bereits in der Einleitung benannt: Weil es zur Zeit keine vernünftige, umsetzbare Alternative gibt.
Crouch verwendet den Großteil des Buches darauf, seine Sicht der Entstehungsgeschichte des Neoliberalismus zu schildern. Dabei holt er weit aus, fasst den historischen Konsens der Wirtschaft und der Arbeiterklasse im Zeitalter des Keynsianismus zusammen und beschreibt, wie dieser aufgrund der schwächer werdenden Arbeiterklasse ersetzt werden konnte. Dabei verschweigt Crouch auch kritische Aspekte am Keynsianismus nicht und arbeitet sogar positive Elemente der neoliberalen Theorie heraus.
Seine Grundthese ist jedoch, dass der Neoliberalismus nur wenig mit Liberalismus zu tun hat, da der Konflikt zwischen Markt und Staat lediglich vorgeschoben sei. Während neoliberale Theoretiker immer wieder betonen, sie würden den freien Markt fördern, unterstützen sie in Wirklichkeit lediglich große Konzerne, die den freien Markt und regulierenden Wettbewerb verhindern. Viele Maßnahmen, vor allem Privatisierungen, unterstützten einseitig große Konzerne. Diese gelangten dadurch in Schlüsselpositionen, in denen sie nicht mehr vom Markt verschwinden können, ohne dass dieser zusammenbrechen würde. Das wurde von Neoliberalen willig in Kauf genommen, obwohl es der eigenen Theorie entgegenlief. Da es aber wichtiger erschien, den Staat schnell zu entmachten, schien es legitim.
Um diese These herum, geht Crouch in Kapiteln auf das Verhältnis zwischen Wirtschaft und Staat, auf die Finanzierung neoliberaler Politik durch privaten Keynsianismus, also die Verschuldung der privaten Haushalte und zuletzt auf die Strategie großer Konzerne sich mittels „Corporate Social Responsibility“-Strategien auch als politische Akteure zu betätigen, ein.
Nach diesen interessanten Erläuterungen beginnt Crouch mit seinen Ratschlägen.Sein Buch, das stellt er von Anfang an fest, richtet sich an diejenigen, die das System pragmatisch verändern wollen. Crouch ist kein Revolutionsromantiker. Das wird vor allem in den Abschnitten deutlich, in dem er (wahre) sozialdemokratische Politik und den keynsianischen Kompromiss beschreibt. Dabei führt er nämlich immer an, dass diese Politik daran zugrunde ging, dass die sie tragende Klasse zerbröckelte. Eine Wende kann also nur gelingen, wenn sie von einer deutlichen gesellschaftlichen Mehrheit getragen wird, die zur Zeit nicht absehbar beziehungsweise organisierbar ist.
Sein Fazit weist in erster Linie darauf hin, wie im neoliberalen System kleine Veränderungen möglich sind. Dabei stimmt positiv, dass Neoliberale in keinem westlichen Land ganz erfolgreich waren und es noch immer Gesellschaftsbereiche gibt, die wirtschaftlichen Einflüssen relativ entzogen sind. Während es in Amerika die Post ist, in Großbritannien (bis jetzt) der öffentliche Gesundheitssektor, ist es hierzulande das staatliche Bildungswesen. Verhindert wurde der Siegeszug dabei dadurch, dass die jeweiligen Sektoren der Bevölkerung zu wichtig waren und/oder sich zivilgesellschaftliche Gruppen für ihren Erhalt ausgesprochen haben. Crouch plädiert dafür, das Dreigespann Staat-Markt-Konzerne durch eine vierte Kraft zu ersetzen. Denn er arbeitet ebenfalls heraus, dass der Staat allein, wie viele Linke fordern, nicht die Lösung sein kann. Als viertes müsste ein aktive, selbstbewusste Zivilgesellschaft, zu der er neben Bürgerinitiativen auch Vereine, Kirchen, Parteien, Berufsverbände und ehrenamtlich aktive Bürger zählt, die Auswüchse der ersten drei Akteure kontrollieren. Das erscheint schwierig, in vielen Fällen unwahrscheinlich. Doch es motiviert angesichts eines ungerechten, in vielen Punkten derzeit aber nicht zu ändernden Systems dazu, wachsam, nachdenklich und aktiv zu bleiben.
Das Buch ist - noch - günstig über die Bundeszentrale für politische Bildung zu beziehen.
Colin Crouch befasst sich in seinem Buch, was er in Anspielung auf sein bekanntestes Werk mit „Postdemokratie II“ untertitelt, mit der Frage, warum der Neoliberalismus nicht im Rahmen der Finanzkrise 2008 untergegangen ist. Das Fazit ist ernüchternd und wird bereits in der Einleitung benannt: Weil es zur Zeit keine vernünftige, umsetzbare Alternative gibt.
Crouch verwendet den Großteil des Buches darauf, seine Sicht der Entstehungsgeschichte des Neoliberalismus zu schildern. Dabei holt er weit aus, fasst den historischen Konsens der Wirtschaft und der Arbeiterklasse im Zeitalter des Keynsianismus zusammen und beschreibt, wie dieser aufgrund der schwächer werdenden Arbeiterklasse ersetzt werden konnte. Dabei verschweigt Crouch auch kritische Aspekte am Keynsianismus nicht und arbeitet sogar positive Elemente der neoliberalen Theorie heraus.
Seine Grundthese ist jedoch, dass der Neoliberalismus nur wenig mit Liberalismus zu tun hat, da der Konflikt zwischen Markt und Staat lediglich vorgeschoben sei. Während neoliberale Theoretiker immer wieder betonen, sie würden den freien Markt fördern, unterstützen sie in Wirklichkeit lediglich große Konzerne, die den freien Markt und regulierenden Wettbewerb verhindern. Viele Maßnahmen, vor allem Privatisierungen, unterstützten einseitig große Konzerne. Diese gelangten dadurch in Schlüsselpositionen, in denen sie nicht mehr vom Markt verschwinden können, ohne dass dieser zusammenbrechen würde. Das wurde von Neoliberalen willig in Kauf genommen, obwohl es der eigenen Theorie entgegenlief. Da es aber wichtiger erschien, den Staat schnell zu entmachten, schien es legitim.
Um diese These herum, geht Crouch in Kapiteln auf das Verhältnis zwischen Wirtschaft und Staat, auf die Finanzierung neoliberaler Politik durch privaten Keynsianismus, also die Verschuldung der privaten Haushalte und zuletzt auf die Strategie großer Konzerne sich mittels „Corporate Social Responsibility“-Strategien auch als politische Akteure zu betätigen, ein.
Nach diesen interessanten Erläuterungen beginnt Crouch mit seinen Ratschlägen.Sein Buch, das stellt er von Anfang an fest, richtet sich an diejenigen, die das System pragmatisch verändern wollen. Crouch ist kein Revolutionsromantiker. Das wird vor allem in den Abschnitten deutlich, in dem er (wahre) sozialdemokratische Politik und den keynsianischen Kompromiss beschreibt. Dabei führt er nämlich immer an, dass diese Politik daran zugrunde ging, dass die sie tragende Klasse zerbröckelte. Eine Wende kann also nur gelingen, wenn sie von einer deutlichen gesellschaftlichen Mehrheit getragen wird, die zur Zeit nicht absehbar beziehungsweise organisierbar ist.
Sein Fazit weist in erster Linie darauf hin, wie im neoliberalen System kleine Veränderungen möglich sind. Dabei stimmt positiv, dass Neoliberale in keinem westlichen Land ganz erfolgreich waren und es noch immer Gesellschaftsbereiche gibt, die wirtschaftlichen Einflüssen relativ entzogen sind. Während es in Amerika die Post ist, in Großbritannien (bis jetzt) der öffentliche Gesundheitssektor, ist es hierzulande das staatliche Bildungswesen. Verhindert wurde der Siegeszug dabei dadurch, dass die jeweiligen Sektoren der Bevölkerung zu wichtig waren und/oder sich zivilgesellschaftliche Gruppen für ihren Erhalt ausgesprochen haben. Crouch plädiert dafür, das Dreigespann Staat-Markt-Konzerne durch eine vierte Kraft zu ersetzen. Denn er arbeitet ebenfalls heraus, dass der Staat allein, wie viele Linke fordern, nicht die Lösung sein kann. Als viertes müsste ein aktive, selbstbewusste Zivilgesellschaft, zu der er neben Bürgerinitiativen auch Vereine, Kirchen, Parteien, Berufsverbände und ehrenamtlich aktive Bürger zählt, die Auswüchse der ersten drei Akteure kontrollieren. Das erscheint schwierig, in vielen Fällen unwahrscheinlich. Doch es motiviert angesichts eines ungerechten, in vielen Punkten derzeit aber nicht zu ändernden Systems dazu, wachsam, nachdenklich und aktiv zu bleiben.
Das Buch ist - noch - günstig über die Bundeszentrale für politische Bildung zu beziehen.
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