Die Bühne des Theaters kann nicht die enge einer kleinbürgerlichen Wohnung darstellen. Stattdessen wird zu Beginn des Stückes eine containergroße Wohnung aus dem Bühnenboden hochgefahren. Nur mit Mühe und Not passen die neun Schauspieler in das Zimmer mit den vielen Möbeln. Die gedrängte Atmosphäre ist somit nicht nur spürbar, sondern sofort ersichtlich. Das Zimmer ist beweglich, sodass es durch absenken oder schaukeln die Stimmung des Abends darstellen kann.
Obwohl der Raum viel zu klein ist und die Möbel hässlich, muss alles zu Beginn gelobt werden. Die Stimmung ist noch ausgezeichnet und der Stil gebietet frohe Worte. Lediglich eine verbitterte, aus unverständlichen Gründen mit der Familie befreundete Frau sprich von Anfang an all das aus, was eigentlich alle denken. Das wird zu dem Zeitpunkt jedoch noch von den Zoten des Bräutigamsvater übertönt.
Im Lauf des Abends stellt sich jedoch heraus, dass die Beziehungen zwischen allen Charakteren zerrüttet sind. Die Eltern des Bräutigams können ihre gegenseitigen Marotten nicht mehr ertragen. Die Braut ist von ihrer Schwester genervt, der Bräutigam von seinem besten Freund. Den Sohn der Vermieter, der die Schwester der Braut anmacht, möchte niemand eingeladen haben. Das befreundete Ehepaar sorgt ausschließlich für schlechte Stimmung da sich die Partner gegenseitig nur blamieren wollen. Und zuletzt stellt sich heraus, dass das Brautpaar nicht aus Liebe geheiratet hat, sondern nur um die Schmach einer unehelichen Schwangerschaft zu übertünchen.
Kurzum: Eigentlich ist nichts gut. Die zerfallenden Möbel deuten nur an, wie brüchig die kleinbürgerliche Fassade ist, die alle Beteiligten bis zum Schluss versuchen, aufrecht zu halten. Dabei wird häufig betont, wie wichtig doch die „deutsche“ Familie als Institution sei, obwohl die Runde zeigt, dass in vier beispielhaften Partnerschaften keine einzige dem Familienideal gerecht wird. Wirklichen Halt und Stabilität kann keine bieten.
Auf bitterböse Art wird also der bürgerliche Schein dekonstruiert. Das könnte lustig sein, ist es jedoch nur an wenigen Stellen. Es stechen vor allem die Eltern des Bräutigams hervor, die ausgezeichnet gespielt sind. Die anderen Rollen bleiben etwas blass, wirken meist übertrieben gespielt. Das sorgt – vielleicht gewollt – dafür, dass das Stück keine durchgehend lustige Satire ist.
Die Gäste verlassen am Ende eine völlig zerstörte Wohnung. Jeder am Anfang aufgekommene Spaß ist zu Ende. Die junge Ehefrau sorgt sich nicht um ihre Wohnung, sondern in erster Linie darum, dass die Gäste ihre „Schmach“ in die Welt hinaustragen und ihr das ewig anhängen wird. So wird zum Schluss deutlich, dass Kleinbürger zwar in kärglichen und unglücklichen Verhältnissen gefangen sind, Traditionen und Rituale sie aber daran hindern, ihrer Situation bewusst zu werden und den Unsinn um sie herum zu erkennen. Stattdessen sorgt das Netz an Wertvorstellungen dafür, dass sich die Verhältnisse nicht ändern. Das ist eine gute und interessante Botschaft, die aber einem eher anstrengenden als unterhaltsamen Theaterstück entspringt.
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Dabei ist die Grundidee gar nicht blöd und vielleicht die direkteste Anspielung auf Peter Plates Burnout-Erkrankung. Denn die englische Bezeichnung der Krankheit spielt ja darauf an, dass einfach keine Energie für den Alltag übrig ist.
Die ersten Zeilen zeigen, dass das Lied von einer Zweisamkeit ausgeht. Es gibt so viele schöne Worte / doch zu uns fiel mir keins ein / das war irgendwie bezeichnend / hab gedacht, das muss so sein. Diese scheint jedoch beendet zu sein, was bereits dadurch angedeutet wird, dass alle Aussagen im Präteritum formuliert sind. Die Gemeinsamkeit konnte nicht beschrieben werden, das wurde für normal gehalten und war wahrscheinlich einer der Gründe für das Scheitern.
Bereits die nächsten Zeilen sind dann eine reine Konzentration auf die eigenen Belange. Ich hab nichts mehr zu verschenken / Ich brauch den letzten Rest für mich. Das ist die Eröffnung, dass nun Zeit und Ruhe für die eigene Person gebraucht wird. Das fällt nicht leicht: Tut mir leid, ich kann nicht denken / nicht an Dich, nicht an mich. Die Situation ist also so verfahren oder so unbefriedigend, dass nicht einmal mehr die Zeit oder die Kraft bleibt, um über das eigene Wohlbefinden hinaus zu denken. Das eigene Leben muss erst geordnet werden, bevor an andere gedacht wird. Gleichzeitig deuten diese Zeilen auch an, dass die Situation so schwierig ist, dass an sich selbst ebenfalls nicht mehr gedacht werden kann.
Die Lösung wird im Refrain präsentiert. Das Zurückfahren der eigenen Aktivitäten, das konsequente Reduzieren aller Anstrengungen und das darauffolgende Warten auf Energie, also auf Kraft, sind die einzigen Optionen. Und ich schalt mich jetzt einfach aus / Und ich ziehe den Stecker raus / Und ich warte auf Energie / Glaube an Energie. Es bleibt also gar nichts anderes übrig, als innezuhalten und darauf zu hoffen, dass die Kraft wiederkehrt. Davon zeugt auch die zweite Refrainstrophe, die ähnlich ist, aber davon spricht, dass man sich stumm schalten muss und sich dabei ganz sicher nicht um drehen wird. Sie endet mit der Aussage: Ich bleibe stark und ich weiß auch wie / Ich glaube An Energie. Somit ist die einzige Möglichkeit während einer solchen Erschöpfungserscheinung stark zu bleiben, der starke Glaube daran, dass es besser werden kann.
Nach dem Refrain setzt der Kinderchor ein und buchstabiert das Wort Energie. Dabei fällt beim Aufbau des Liedes kaum auf, dass zu jedem Buchstaben ein Zusammenhang gesungen wird. Beim Hören klang es für mich eher wie eine Ansammlung zusammenhangsloser Worte. Doch wenn die Kinder zum ersten Mal E rufen heißt es für Ekstase und Exzentrik. Weiter geht es mit N – für ein Nein und nicht so schwer. So wird sich durch das ganze Wort Energie durchgearbeitet. Das ist vielleicht ein etwas alberner Einfall, aber durchaus sinnig. Denn neben den bereits zitierten Hinweisen, dass man auch mal über die Stränge schlagen muss, häufiger Nein sagen sollte, folgen noch die Ratschläge nicht alles an sich heranzulassen, sich auch mal Ruhe zu gönnen, gelassener durchs Leben zu gehen, auch mal Irrtümer und Idotien zu begehen und vor allem Euphorie erleben. Das ist ein schönes Konglomerat, das zusammen ist: ENERGIE und damit genau das, was fehlt, wenn man sich vom Leben erschöpft fühlt. Diese Ratschläge sind wohl nicht nur hilfreich, wenn man gerade an einem Burnout-Syndrom leidet, sondern allgemein nutzbar, wenn man von dem aktuellen Lebensalltag nicht zufrieden ist.
Abgerundet wird das Lied mit dem Hinweis: Bin zwar älter, doch nicht geläutert / Bin gefallen, doch nicht gescheitert. Dies ist ein kleines Plädoyer dafür, emotionale Schwächen auch zu zeigen und vor allem sich selbst gegenüber einzugestehen. Denn nur dadurch können Veränderungen erreicht werden. Das Lied endet mit der Entschuldigung aus der zweiten Strophe: Tut mir leid, ich will nicht denken / Nicht an Dich, nicht an mich. Gelegentlich nicht denken, sondern „nur“ leben – das ist ein wichtiger Bestandteil, der ENERGIE, die wir alle brauchen.
Leider ist die schöne Botschaft über den Umgang mit eigenen Ermüdungserscheinungen und den Auswegen daraus in ein Lied eingebettet, das den Text nicht leicht verständlich macht und sich zudem auch nicht angenehm zu hören ist.
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"Nukleus" ist der bisher gelungenste Roman in diesem Zyklus. Die Sternenfaust-Besatzung steht vor der schwierigen Entscheidung, ob sie ihre Suche nach Akoluthoren und damit ihre Galaxis aufgibt, oder weiter Akoluthoren sammelt und damit ein ganzes Volk dem Untergang weiht.
Die ganze Rezension zu dem gelungenen Roman findet man auf SF_Radio:
Sternenfaust Band 191 - Nukleus (von Thomas Höhl und Sascha Vennemann)
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Der Crew von Deep Space Nine bleibt nicht viel Zeit, um die Verbreitung der Parasiten aufzuhalte. Bei der Lösung des Problems müssen alle Charaktere ihre kleinen Problemchen bewältigen und mit Charakteren zusammenarbeiten, die man in der Serie gar nicht mehr erwartet hat.
Das alles sorgt für einen gelungenen Abschluss der achten "Deep Space Nine"-Staffel und der ersten Staffel, die konsequent in Roman-Form veröffentlicht wurde. Die komplette Rezension findet man auf Trekzone:
Star Trek Deep Space Nine: Einheit (von S.D. Perry)
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"Der erste Thort" zeigt, dass bei "Perry Rhodan Neo" doch ganze Geschichten erzählt werden können. Das ist für einen Augenblick nach der Lektüre angenehm überraschend, bis einem auffällt, dass die beiden erzählten Geschichten langweilig und vorhersehbar waren.
Die komplette Rezension findet man auf SF-Radio:
Perry Rhodan Neo 18 - Der erste Thort (von Michelle Stern)
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Es geschieht wenig in Dicks Alternativweltroman. Die wichtigsten Ereignisse sind die Warnung vor dem drohenden Angriff der Nazis auf Japan und die Verhinderung eines Attentats durch Julia Frink. Trotz dieser Ereignisarmut liest sich der Roman fließend und spannend. Denn Dick zeigt einmal mehr, dass er eine komplexe Gesellschaft in knappen Augen entstehen lassen kann. Wenig wird erklärt, stattdessen kann der Leser sich aus dem Endergebnis den geschichtlichen Verlauf in der Alternativwelt zusammenreimen. Nur sporadisch werden Hinweise geliefert, woran die unterschiedliche Entwicklung zu unserer Welt liegen könnte. Es kristallisiert sich heraus, dass die fiktive Ermordung Franklin D. Roosevelts der Auslöser für die andere Entwicklung war.
Geschickt webt Dick einen Roman in seinen Roman. Unter dem Titel "Die Plage der Heuschrecke" veröffentlicht ein Südstaaten-Autor die Geschichte der siegreichen Alliierten. Jeder Charakter kommt in irgendeiner Form mit diesem Buch in Berührung, obwohl es von den Nazis verboten und von den Japanern nur toleriert wird. Dadurch erfährt der Leser Ausschnitte aus der Geschichte des Buches. Die Alliierten gewinnen zwar, aber die Geschichte nimmt dennoch einen anderen Verlauf. Großbritannien setzt sich in der nunmehr dritten Alternativwelt durch und lässt das britische Imperium wiederauferstehen. Dieser Version der Realität zeigt zum einen, dass die Bewohner einer japanisch-deutsch dominierten Welt sich keine pluralistisch-demokratische Weltordnung vorstellen können - denkt man heute. Denn 1962 bestand in der west-ost-Konfrontation ja noch die realistische Gefahr eines dritten Weltkrieges. Letztlich spielt Dick hier also mit verschiedenen Blockmöglichkeiten.
Erwähnenswert ist die wiederholte Rolle des titelgebenden Orakels. Hier stellt sich gegen Ende heraus, dass dessen Tipps das Buch "Die Plage der Heuschrecke" ermöglicht haben. Das große Vertrauen der Japaner und der Bürger in den von ihnen besetzten Gebieten in das Orakel ist beachtlich, fast alle Charaktere benutzen es als Grundlage für ihre Entscheidungen.
Der Roman ist zusätzlich berührend, weil er Amerikaner in einer unterdrückten Rolle zeigt. Das ist man sonst nicht gewöhnt. Die Besatzungsregime sind dabei so gesichert, dass niemand an Widerstand zu denken scheint. Es wird von keinem Charakter daran gedacht oder davon berichtet. Zwar gibt es nach der Lektüre der "Plage der Heuschrecken" durchaus Gedanken darüber, ob der jetzige Zustand richtig ist. Aktionen werden aber keine geplant. Auch gegen die Deutschen Verbrechen regt sich kein Widerstand. Das Reich leidet trotz seiner geographischen Stärke und seiner technologischen Übermacht an Führungsquerelen und einer schwachen Wirtschaft. Das nutzen aber weder die Japaner noch Widerstandsgruppen. Das Grauen muss akzeptiert werden, die Bürger der Erde arrangieren sich damit. Im Vergleich dazu wirkt das Japanische Kaiserreich wie ein Hort der Toleranz. Die japanischen Besatzer, mit ihrer Begeisterung für die untergegangene amerikanische Kultur wirken fast ein wenig niedlich. Das ist erschreckend, schließlich war das Kaiserreich ebenfalls für viele Verbrechen verantwortlich.
Interessant ist eine Szene, in der ein japanischer Firmenchef sich im Wahn unsere heutige Welt vorstellt. Die vielen Autos, die in der Welt des "Orakel vom Berge" durch Raketen ersetzt sind, und die weiße amerikanische Mehrheitsgesellschaft sorgen bei ihm für ein schreckliches Bild von unserer Realität.
Philip K. Dick zeigt mit "Das Orakel vom Berge", welches schlimme Schicksal die Menschheit erlitten hätte, hätten die Alliierten den zweiten Weltkrieg nicht gewonnen. Das ist noch keine Leistung, die knappe, dennoch komplex und realistisch wirkende Darstellung zusammen mit der erschreckenden Darstellung der angepassten, relativ gut lebenden und jeder Möglichkeit des Widerstand beraubten Amerikaner machen den Roman sehr lesenswert.
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Sebastián und Costa drehen einen Film über einen Chrstioph Kolumbus, in dem sie sich mit den negativen Folgen der spanischen Kolonisierung und des europäischen Goldrausches auseinandersetzen. Die Spanier drehen in Bolivien, da es dort am günstigsten ist.
Bereits das geplante offene Castin gerät aus dem Ruder, zu viele Bewerber tauchen auf. Dennoch werden alle überprüft, der Film nimmt Fahrt auf. Besonders Sebastián ist von der Wirkung des Films sehr überzeugt, der der ganzen Welt vor Augen führen soll, wie schlecht die Europäer die Indios behandelt haben.
Was dem europäischen Team dabei zunächst gar nicht auffällt: Sie nutzen selbst Indios aus. Und sie verschließen die Augen vor dem Leid der Indios, deren Wasserpreise gerade aufgrund einer Privatisierung um 300 Prozent gestiegen sind. Ein gewalttätiger Konflikt bahnt sich an.
Der Film stellt die Doppelmoral mit der zum Beispiel Westeuropäer oft an ihr koloniales Erbe herangehen, wunderbar dar. Natürlich weiß man über das Unrecht, dass man angerichtet hat, Bescheid. Dennoch gelingt es häufig, die noch immer herrschenden, ungerechten Verhältnisse auszublenden.
Der idealistische Regisseur Sebastián scheint zunächst am ehesten für die Probleme der Indios offen zu sein. Sein Produzent Costas hält ihn regelmäßig zurück, damit der Film reibungslos produziert werden kann. Am offensten tritt die Scheinheiligkeit Costas zutage, als er einen Indio-Darsteller, Daniel, überreden möchte, die Demonstrationen gegen die gestiegenen Wasserpreise zu verlassen. Costas befürchtet, seinem wichtigsten Indio-Darsteller könnte etwas geschehen und das wiederum würde die Dreharbeiten aufhalten. Während des Gesprächs wird er von seinen englischsprachigen Investoren angerufen. Da er Indios pauschal für ungebildet hat, besitzt er keine Hemmungen direkt vor Daniel darüber zu sprechen, dass die Indio sich mit „nur“ zwei Dollars am Tag für „fucking gods“ halten. Blöd nur, dass Daniel mehrere Jahre in den Vereinigten Staaten gearbeitet hat.
Dies ist die vielleicht beste Szene des Films, da sie auf witzige und gleichzeitig erschütternde Art zeigt, mit welcher Geringschätzung die Indios in einer Produktion behandelt werden, die sich doch gegen deren Ausbeutung aussprechen soll. Dem Film gelingt auch im weiteren Verlauf die Gratwanderung zwischen witzig-erschreckend und verharmlosend-übertrieben.
Der Wasserkrieg gerät immer weiter außer Kontrolle und die Spanier geraten selbst immer mehr in Gefahr. Es ist sehr überzeugend, dass ausgerechnet die Schauspieler, die sich zuvor lautstark für das Wohl der Indios eingesetzt haben, die ersten sind, die das Land verlassen wollen. Ausgerechnet der Zyniker aus der Truppe spricht sich dafür aus, zu bleiben, um den Film fertig zu drehen.
Die Vorgehensweise des bolivischen Staates gegen die Demonstranten und vor allem die Rechtfertigung der Gewalt wirken zynisch. Die Indios sind jarhhundertelang ausgebeutet worden, daher seien sie nun so von Misstrauen erfüllt, dass sie Wohltaten (eine 300 prozentige Wasserpreiserhöhung!) nicht mehr erkennen können. Das ist so eine dämliche Begründung, dass man unfreiwillig lachen muss. Das Lachen bleibt selbstverständlich im Halse stecken, wenn man bedenkt, dass der Kampf um die Privatisierung der Wasseranlagen in Bolivien tatsächlich ausgefochten wurde – mit den im Film gelieferten Begründungen.
Natürlich lebt der Film zusätzlich von den vielen Gegensätzen die sich auf tun. Die Demonstranten auf der einen, die Regierungsbeamten auf der anderen Seite. Die bolivischen Statisten auf der einen, die spanischen Schauspieler auf der anderen Seite. Der Film zeigt immer beide Lebenswelten, bei der eine Seite keine Ahnung hat, wie es in der anderen wirklich aussieht.
Der einzige weniger überzeugende Punkt an dem Film ist, dass dem knallharten Costas das Schicksal der Indios plötzlich nicht mehr egal ist und er das Leben eines kleinen Mädchen über dass des Films stellt. Das ist natürlich richtig. Und es sorgt für ein gelungenes Finale. Aber es geht halt doch etwas zu schnell, dass der „harte“ Costas, der zuvor kein Problem damit hatte, Daniel nur temporär von der Polizei auszuleihen, anstatt auf seine dauerhafte Freilassung zu drängen, sich ändert. Dem wird immerhin ein Sebastián entgegengesetzt, der in all dem Elend und vor allem nach der gerade erwähnten Entscheidung, sich Daniel von der Polizei „auszuborgen“, seinen Idealismus verloren hat.
„Even the Rain“ ist ein berührender, dabei doch witziger und oft nachdenklicher Film. Es gelingt ihm, ein ernstes und sehr verstörendes Thema größtenteils beinahe unterhaltsam zu vermitteln. So wird man unterhalten, ist gebannt von der unglaublichen Welt, die sich vor einem auftut und lernt viel. Ein guter Film.
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Musikalisch reiht sich "Wir küssen Amok" in den Stil seiner beiden Vorgänger ein: Es gibt nichts Überraschendes. Das Lied plätschert vor sich hin, lediglich der Einsatz des Basses in der zweiten Strophe stört die Gefälligkeit.
"Wir küssen Amok" könnte eine friedliche Alternative zum Amoklauf sein. Anstatt dass man in einer verzweifelten Situation gewalttätig Menschen tötet, rettet man sich in eine Beziehung. Das klingt schräg, wird vom Text so nicht gestützt. Stattdessen scheint mit dem Amok eher die Gefühle der betroffenen Personen gemeint zu sein. Sie sind so heftig, dass man sich in einer psychischen Extremsituation befindet und nicht mehr ganz zurechnungsfähig. Die Gewaltbereitschaft ist dadurch nicht direkt gegeben. Doch die Gefühle sind so heftig, so gewaltig, dass hinter dem ganzen ein ordentliches Maß an "Gewalt" steckt.
Die beiden Strophen bieten relativ wenig Inhalt. Deutlich wird nur, dass man aufeinander nicht verzichten kann und vor einer großen Herausforderung steckt. Anstatt davor die Augen zu verschließen, bleibt man wach und rückt näher zueinander. Trotz des Gegenwinds, den beide Partner verspüren, tut die Krise ziemlich gut, da mit der Angst auch der Mut wachse. Das ist ein hoffnungsvoller Ausblick in einem kritischen Moment.
Der Refrain liefert die Begründung, warum die Krise gemeinsam überstanden werden kann: Du machst mich an/ Und was ich kann / Ist nichts dafür / Nichts dagegen. Man ist so zueinander hingezogen, dass gar nichts anderes übrig bleibt, als zusammenzubleiben und das Problem zu lösen. Nach einer weiteren Betonung, dass es nun einmal nicht anderes geht, kommen die titelgebenden Zeilen: Wir küssen Amok / Im schönsten Regen. Das deutet tatsächlich darauf hin, dass mit dem "Wir küssen Amok" der heftige Ausbruch von Gefühlen gemeint ist, was sich sowohl in einem (negativen) Streit als auch in einem (positiven aber bewegenden) Problemlösungsprozess äußern kann. Beide Varianten laufen in einem Umfeld ab, das ein Scheitern, also eine Trennung, aufgrund noch immer stark vorhandener Anziehungskräfte ausschließt.
Nachdem das Lied also beschreibt, wie eine Krise in einer Beziehung, die nicht scheitern kann/darf, angegangen wird, endet es sehr versöhnlich. Denn nachdem zuvor betont wird, dass man sich gar nicht wehren könne, heißt es zum Schluss: Will mich nicht wehrn / Mich nicht beschwern / Wir küssen Amok / Im Schönsten Regen. Zuletzt setzt sich somit die Erkenntnis durch, dass man der emotionalen Extremsituation nicht nur nicht entgehen kann, sondern dass dies auch gar nicht ratsam wäre. Denn nach so einer extremen Phase wird das Verhältnis stärker sein als zuvor.
Diese schöne, nachdenkliche und ind er Realität nur schwer zu akzeptierende Botschaft, die man - wie so viele Lieder des Albums - auch unter dem Gesichtspunkt der Burn-Out-Erfahrungen des Sängers Peter Plates betrachten könnte, wird leider durch die Musik nicht unterstützt. Das Lied wirkt unaufgeregt, die extremen Gefühle die vom Text angesprochen werden, wirken nicht. So klafft eine enorme Lücke zwischen dem theoretischen Inhalt des Textes und dem, was das Lied transportiert. Das ist schade.
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Daher, kurz nach meiner 101. Rezension und nach mittlerweile 44 "Sternengeflüster"-Kolumnen auf dem Zauberspiegel der (wenig überraschende) Hinweis: Diese Heftromanserie lohnt sich wirklich, ist seit Thomas Höhls Führung enorm spannend und bietet ein hohes Suchtpotential. Einsteigen!
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Die knappe Erzählung wirkt wie ein Rausch. Von Anfang an ist der Leser gefangen in der Dynamik der Geschichte. Die Intrigen im Anhang des Generals, in dem es in erster Linie darum geht, den tölpelhaften General um sein Erbe zu bringen, sind für sich bereits spannend. Dazu gesellt sich die ständige Bedrohung durch die Spieltische. Der Ich-Erzähler selbst analysiert scheinbar neutral und mit einem gewissen Abstand die verschiedenen Typen von Spielern. Da wirkt es noch unmöglich, dass er selbst dem Glücksspiel verfallen kann. Seine heftigen Gefühlsausbrüche gegenüber Polina, die seine Liebe nicht erwidert und ihn gnadenlos ausnutzt, deuten jedoch darauf hin, dass keineswegs ein nüchterner Mensch ist.
An vielen Stellen ist die Geschichte urkomisch. Der habgierige Anhang wird durch die sehr vitale und plötzlich auftauchende Mutter desillusioniert. Als diese dann beginnt, ihr gesamtes Vermögen am Roulettetisch zu verlieren, greift Panik um sich. Daraus entstehen hektische, unbedachte und häufig sehr komische Situationen.
Der Ich-Erzähler leidet derweil an seiner unerfüllten, aber heftigen Liebe zu Polina. Er ist nicht in der Lage, ihr irgendeinen Wunsch auszuschlagen. An dieser Konstante lässt sich im Verlauf der Geschichte der Fortschritt seiner Spielsucht ablesen. Zum Schluss ist er nicht mal in der Lage, das Glücksspiel hinter sich zu lassen, als er erfährt, dass Polina ihn doch lieben würde, wenn er zu ihr käme. Die Sucht hat ihn so gepackt, dass sie seine Liebe überwiegt beziehungsweise Gefühle gar nicht mehr zulässt.
Trotz des übersichtlichen Umfangs der Erzählung ist sie reich an skurrilen Charakteren und Unterhaltungen. Einige davon sind offen rassistisch, wenn zum Beispiel darüber diskutiert wird, dass Russen allgemein empfänglich für die Spielsucht sind. Im Nachwort wird dieses Problem immerhin etwas eingeordnet. Im Größtenteil sorgen die Charaktere und die gewitzten Dialoge aber für gute Unterhaltung.
„Der Spieler“ ist eine erschreckende, aber ungemein fesselnde Erzählung, die sowohl mit unterhaltsamen und interessanten Charakteren aufwartet als auch die zerstörende Kraft von Glücksspielen eindringlich verdeutlicht.
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Die Sternenfaust und ihre Besatzung sind auf der Suche nach dem sechsten Akoluthorum. Sie finden es auf einem Planeten mit einem interessanten Volk, auf dem sich unglücklicherweise auch die mächtigen Skianer befinden. Da die Besatzung das zu spät bemerkt, kommt es beinahe zu einer Katastrophe.
Mit diesem Roman tauchen zum ersten Mal die Skianer direkt in der Serie auf. Bisher hat man nur von ihnen gehört. Es stellt sich leider heraus, dass die Skianer nicht besonders pfiffig sind.
Die komplette Rezension findet man auf SF-Radio:
Sternenfaust Band 190 - Entführt von Skianern (von Christian Schwarz)
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In der vergangenen Woche schrieb ich in meiner "Sternenfaust"-Kolumne auf dem Zauberspiegel über die Erwartungen an den aktuellen "Sternenfaust"-Roman. Das Schiff und seine Besatzung treffen in diesem zum ersten Mal auf die Skianer. Dieses Volk könnte sich als der "große" Gegner erweisen, der in dem derzeitigen "Andromeda"-Zyklus noch nicht aufgetaucht ist.
Organisierter Widerstand?
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Dem Roman kann zugute gehalten werden, dass er äußerst dicht erzählt ist. Auf gerade einmal etwas mehr als hundert Seiten wird nicht nur Engelhardts krudes Gedankenwerk ausgebreitet, sondern auch die Geschichte vieler anderer Inselbewohner erzählt. Kracht schafft dabei in erster Linie Stereotypen, die im Lauf des Romans keinerlei Wandlungen durchlaufen. Das gelingt ihm aber gut, man kann sich die meisten Typen sofort vorstellen. Oft sind die Charaktere merkwürdig genug, um Interesse zu erwecken.
Kracht bemüht sich dabei immer, die großen Konflikte der jeweiligen Zeit mit einzubinden. Daher wimmelt es von Rassisten, Antisemiten und Fortschrittsgläubigen. Das ist teilweise recht anstrengend. Indem Kracht überkommene Denkmuster darstellt, produziert er viele rassistische Szenen. Die Einwohner der Inseln sind extrem primitiv dargestellt. Kritisch dürfte vor allem sein, dass Kracht Kanibalismus als bewiesene Tatsache ansieht. Krachts Bemühen auf die Denkweisen der damaligen Zeit einzugehen, ist weitestgehend anstrengend. Das liegt in erster Linie daran, dass es tatsächlich bemüht wirkt.
Engelhardt entfernt sich im Laufe des Romans der Zivilisation immer mehr. Es geht ihm psychisch und physisch immer schlechter. Zwei Jünger schließen sich ihm nacheinander an. Beide entfernt Engelhardt auf herzlose Weise aus seiner Welt. Das Ende des Romans suggeriert, dass Engelhardts Kokosnussdiät tatsächlich ein kleines gesundheitliches Wunder (eine Lepra-Heilung) vollbringen kann. Dabei verfällt Engelhardt in alberne Marotten (Daumenlutschen), Selbstkannibalismus und Mordlust. Das ist meist eklig zu lesen. Völlig überrascht ist der Leser, als Engelhardt nach dem zweiten Weltkrieg ohne weiteres in der Lage dazu ist, amerikanischen Soldaten seine Lebensgeschichte zu erzählen. Nachdem er zuvor nicht in der Lage war, zu einem Freund ein Kommunikationsverhältnis aufzubauen, ist das Ende verwirrend und wirkt unrealistisch.
„Imperium“ ist an den Stellen stark, in dem man den Habitus eines maroden Reiches und dessen mörderischer Lebenseinstellung spüren kann. Dass man aus dieser Lebenseinstellung nicht entfliehen kann, indem man auf eigene Faust versucht, einen utopischen Lebensentwurf in die Realität umzusetzen, zeigt das Schicksal Engelhardts. Doch leider geht dieser Teil der Geschichte zu oft hinter ekligen Wunden Engelhardts, primitiven Ureinwohnern und kindermissbrauchende Kapitänen unter.
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