Gelesen: Transformation 3.0 (von Michael Müller und Johano Strasser)
Nach der industriellen Revolution und der Herausbildung des Wohlfahrtstaates bedarf es nach Ansicht der Autoren eine weitere Transformation der Wirtschaft und Gesellschaft, um Antworten auf "die Grenzen des Wachstums und der Globalisierung" zu geben. Daher beschäftigt sich dieses Buch in erster Linie damit, was anstelle des Wachstums stehen kann. Dabei nimmt das Konzept der "Nachhaltigkeit" einen großen Stellenwert ein.
Das Buch ist klar aufgebaut. Einer Einleitung folgt eine Erklärung, warum das derzeitige Wachstumsmodell dauerhaft nicht weiterfunktionieren kann. Dem entgegengestellt wird in einem dritten Teil das Konzept der "Nachhaltigkeit" sowie ein 15-Punkte-Plan für ein nachhaltiges "Gesamtkonzept". Im vierten Teil werden dann verschiedene Handlungsfelder näher beleuchtet und zum Schluss gibt es ein Fazit, das analysiert, warum ein Gesamtkonzept bisher gescheitert ist, warum es sich bei dem Plan um linke Politik handelt und zuletzt natürlich, warum ein Umsteuern nun notwendig ist.
"Aber noch immer sperren sich die meisten Politiker gegen die Erkenntnis eines Epochenumbruchs mit gewaltigen sozialen und ökonomischen, ökologischen und kulturellen Herausforderungen. Auch deshalb fehlt ein Gesamtkonzept für eine ökologische Wende." Diese Worte im Fazit zeigen ganz gut, worauf es diesem Buch eigentlich ankommt. Derzeit geht es in der Wirtschaftspolitik darum, Wachstum zu erhalten und auszubauen, Arbeitslosigkeit zu verringern, Inflation niedrig zu handeln und eine gute Außenhandelsbilanz zu haben. Dabei werden Maßstäbe wie das BIP verwendet, das selbst bei Wertvernichtung (Autounfall) wächst (Kosten für die Unfallbeseitigung). Dass dieses Modell angesichts knapper werdender Ressourcen nicht ewig weitergehen kann, ist klar. Die beiden Autoren orientieren sich - wie das obige Zitat zeigt - aber nicht nur an der ökologischen Komponente. Eine Wirtschaftstransformation könnte auch durch eine Ökodiktatur durchgesetzt werden. Für die Autoren geht es aber auch darum, eine wünschenswerte Transformation zu erreichen. Und dazu müssen die Menschen an der Transformation mitwirken, um sie auch zu akzeptieren. Somit bedarf es aus Sicht der Autoren mehr Demokratie, um den Wandel gelingen zu lassen.
Dies ist dann wohl auch der überzeugendste Aspekt des Buches. Kein politisches Handlungsfeld wird wirklich isoliert betrachtet. So wird selbst in dem kurzen Abschnitt "Die Ökonomie des Vermeidens" in einem Nebensatz darauf hingewiesen, dass alles gefördert werden muss, was natur- und sozialverträglich ist, während alles anderes vermieden werden sollte. Somit stehen trotz des Fokus auf eine nachhaltige Entwicklung immer die Bedürfnisse des Menschen im Mittelpunkt. Es wird nicht argumentiert, wir haben zu viel und müssen uns jetzt einschränken. Stattdessen wird nach einem neuen Gleichgewicht gesucht, bei dem nicht nur die Natur, sondern auch der Mensch gerechter behandelt wird, als in dem derzeitigen System.
Kernstück des knapp 130-seitigen Büchleins sind die "15 Eckpunkte auf dem Weg zur Nachhaltigkeit". Auch hier wird das Konzept konsequent angewandt. Statt nur auf Umweltforderungen wie die Reduzierung des Energieverbrauches (Punkt 1) zu setzen, werden auch Forderungen wie die Verkürzung der Arbeitszeit (Punkt 4) oder die Forderung nach einem nachhaltigen Finanzsystem (Punkt 7) erhoben. Dabei fällt angesichts der derzeitigen politischen Situation positiv auf, dass in der EU Potentiale als Katalysator für ein nachhaltiges Wettbewerbsgesetz (Punkt 11) sowie als nachhaltige Demokratie (Punkt 15) gesehen werden. Gerade die 15-Punkte machen deutlich, dass Nachhaltigkeit nicht dadurch geschaffen wird, dass man sich gänzlich auf den Umwelt-, Landschafts- oder Tierschutz stürzt. Stattdessen bedarf es eines Systems, dem die Ausbeutung von Umwelt und Mensch nicht mehr immanent ist. Insofern ist die "Transformation 3.0" eine sehr sozialdemokratische Angelegenheit, was die beiden Autoren im Fazit ebenfalls ausführen. Schließlich wird auf anstrengende Reformen statt auf Revolutionen gesetzt.
Ärgerlich ist an dem Buch lediglich der geringe Umfang. So bleibt vieles dann doch in der Schwebe. Die Richtung, die sich die Autoren wünschen, wird in dem Buch klar. Auch die groben Ziele und Impulse, die geschaffen werden sollten, sind klar. Praktische Ansätze finden sich jedoch selten. So ist das Konzept von "Dienstleistungspaketen" schön, aber unwahrscheinlich. Dabei stellen sich die Autoren vor, dass Unternehmen nicht mehr nur einzelne Produkte, sondern zusätzlich deren Anwedungsumgebung verkaufen und vermitteln. Ein Hersteller verkauft also nicht mehr einfach ein Auto und ist daran interessiert, bald wieder eins zu verkaufen, sondern er verkauft eine Lösung für "Mobilitätsprobleme". Das hört sich gut und nachhaltig an. Wie es aber gegen den Widerstand einer der größten Branchen Deutschlands durchgesetzt werden könnte, ist unklar.
In "Transformation 3.0" finden sich viele richtige und interessante Ansätze. Vor allem die Verbindung der Nachhaltigkeit mit sozialen Fragen, die viel zu lange nicht mehr diskutiert wurden (z.B. Zeit als Wohlstandsfaktor oder humane Arbeitsatmosphäre) überzeugt. Dabei bleiben die Autoren durchaus realistisch und betonen regelmäßig die enormen Anstrengungen, die für diese Transformation nötig sind und die unter anderem durch mehr Demokratie abgefedert werden sollen. Doch anstatt im letzten Kapitel Anwendungschancen und Bündnispartner zu skizzieren, werden noch einmal Grundsätze wie "wir sind für die Stärkung der Vereinten Nationen" niedergeschrieben. "Transformation 3.0" skizziert insofern einen nötigen Reformweg, der hoffentlich von der Sozialdemokratie eingeschlagen und praktisch konkretisiert wird.
Das Buch ist klar aufgebaut. Einer Einleitung folgt eine Erklärung, warum das derzeitige Wachstumsmodell dauerhaft nicht weiterfunktionieren kann. Dem entgegengestellt wird in einem dritten Teil das Konzept der "Nachhaltigkeit" sowie ein 15-Punkte-Plan für ein nachhaltiges "Gesamtkonzept". Im vierten Teil werden dann verschiedene Handlungsfelder näher beleuchtet und zum Schluss gibt es ein Fazit, das analysiert, warum ein Gesamtkonzept bisher gescheitert ist, warum es sich bei dem Plan um linke Politik handelt und zuletzt natürlich, warum ein Umsteuern nun notwendig ist.
"Aber noch immer sperren sich die meisten Politiker gegen die Erkenntnis eines Epochenumbruchs mit gewaltigen sozialen und ökonomischen, ökologischen und kulturellen Herausforderungen. Auch deshalb fehlt ein Gesamtkonzept für eine ökologische Wende." Diese Worte im Fazit zeigen ganz gut, worauf es diesem Buch eigentlich ankommt. Derzeit geht es in der Wirtschaftspolitik darum, Wachstum zu erhalten und auszubauen, Arbeitslosigkeit zu verringern, Inflation niedrig zu handeln und eine gute Außenhandelsbilanz zu haben. Dabei werden Maßstäbe wie das BIP verwendet, das selbst bei Wertvernichtung (Autounfall) wächst (Kosten für die Unfallbeseitigung). Dass dieses Modell angesichts knapper werdender Ressourcen nicht ewig weitergehen kann, ist klar. Die beiden Autoren orientieren sich - wie das obige Zitat zeigt - aber nicht nur an der ökologischen Komponente. Eine Wirtschaftstransformation könnte auch durch eine Ökodiktatur durchgesetzt werden. Für die Autoren geht es aber auch darum, eine wünschenswerte Transformation zu erreichen. Und dazu müssen die Menschen an der Transformation mitwirken, um sie auch zu akzeptieren. Somit bedarf es aus Sicht der Autoren mehr Demokratie, um den Wandel gelingen zu lassen.
Dies ist dann wohl auch der überzeugendste Aspekt des Buches. Kein politisches Handlungsfeld wird wirklich isoliert betrachtet. So wird selbst in dem kurzen Abschnitt "Die Ökonomie des Vermeidens" in einem Nebensatz darauf hingewiesen, dass alles gefördert werden muss, was natur- und sozialverträglich ist, während alles anderes vermieden werden sollte. Somit stehen trotz des Fokus auf eine nachhaltige Entwicklung immer die Bedürfnisse des Menschen im Mittelpunkt. Es wird nicht argumentiert, wir haben zu viel und müssen uns jetzt einschränken. Stattdessen wird nach einem neuen Gleichgewicht gesucht, bei dem nicht nur die Natur, sondern auch der Mensch gerechter behandelt wird, als in dem derzeitigen System.
Kernstück des knapp 130-seitigen Büchleins sind die "15 Eckpunkte auf dem Weg zur Nachhaltigkeit". Auch hier wird das Konzept konsequent angewandt. Statt nur auf Umweltforderungen wie die Reduzierung des Energieverbrauches (Punkt 1) zu setzen, werden auch Forderungen wie die Verkürzung der Arbeitszeit (Punkt 4) oder die Forderung nach einem nachhaltigen Finanzsystem (Punkt 7) erhoben. Dabei fällt angesichts der derzeitigen politischen Situation positiv auf, dass in der EU Potentiale als Katalysator für ein nachhaltiges Wettbewerbsgesetz (Punkt 11) sowie als nachhaltige Demokratie (Punkt 15) gesehen werden. Gerade die 15-Punkte machen deutlich, dass Nachhaltigkeit nicht dadurch geschaffen wird, dass man sich gänzlich auf den Umwelt-, Landschafts- oder Tierschutz stürzt. Stattdessen bedarf es eines Systems, dem die Ausbeutung von Umwelt und Mensch nicht mehr immanent ist. Insofern ist die "Transformation 3.0" eine sehr sozialdemokratische Angelegenheit, was die beiden Autoren im Fazit ebenfalls ausführen. Schließlich wird auf anstrengende Reformen statt auf Revolutionen gesetzt.
Ärgerlich ist an dem Buch lediglich der geringe Umfang. So bleibt vieles dann doch in der Schwebe. Die Richtung, die sich die Autoren wünschen, wird in dem Buch klar. Auch die groben Ziele und Impulse, die geschaffen werden sollten, sind klar. Praktische Ansätze finden sich jedoch selten. So ist das Konzept von "Dienstleistungspaketen" schön, aber unwahrscheinlich. Dabei stellen sich die Autoren vor, dass Unternehmen nicht mehr nur einzelne Produkte, sondern zusätzlich deren Anwedungsumgebung verkaufen und vermitteln. Ein Hersteller verkauft also nicht mehr einfach ein Auto und ist daran interessiert, bald wieder eins zu verkaufen, sondern er verkauft eine Lösung für "Mobilitätsprobleme". Das hört sich gut und nachhaltig an. Wie es aber gegen den Widerstand einer der größten Branchen Deutschlands durchgesetzt werden könnte, ist unklar.
In "Transformation 3.0" finden sich viele richtige und interessante Ansätze. Vor allem die Verbindung der Nachhaltigkeit mit sozialen Fragen, die viel zu lange nicht mehr diskutiert wurden (z.B. Zeit als Wohlstandsfaktor oder humane Arbeitsatmosphäre) überzeugt. Dabei bleiben die Autoren durchaus realistisch und betonen regelmäßig die enormen Anstrengungen, die für diese Transformation nötig sind und die unter anderem durch mehr Demokratie abgefedert werden sollen. Doch anstatt im letzten Kapitel Anwendungschancen und Bündnispartner zu skizzieren, werden noch einmal Grundsätze wie "wir sind für die Stärkung der Vereinten Nationen" niedergeschrieben. "Transformation 3.0" skizziert insofern einen nötigen Reformweg, der hoffentlich von der Sozialdemokratie eingeschlagen und praktisch konkretisiert wird.