Neue Homepage: Ich habe eine neue Homepage, die man unter www.gedankenecke.com erreicht. Zur Zeit werden Stück für Stück die mittlerweile über 1 000 Beiträge dieses Blogs von mir rüberkopiert (bin bei Oktober 2008 angekommen) und die neuen Artikel seit "Homepagegründung" sind da ebenfalls zu finden. Der größte Vorteil, den die neue Seite bietet ist, dass endlich jeder kommentieren kann und man sich nicht mehr registrieren braucht.
Freitag, 24. Dezember 2010
Weihnachtsgottesdienst
"Heilig Abend" ist der Tag der Kirche. Denn an dem Tag gehen Menschen in den Gottesdienst, die mit der Kirche nichts mehr zu tun haben oder dem institutionalisierten Glauben eher skeptisch gegenüberstehen. Dieses Jahr ist das erste Jahr, indem ich nur "Heilig Abend" in der Kirche war und eigentlich zeigte es mir auch, dass sich das nicht ändern braucht.

Dieses Jahr hat gezeigt, dass die katholische Kirche nicht nur Leichen im Keller hat, sondern auch noch den ein oder anderen Missbrauch. In Schleswig-Holstein hat sich herausgestellt, dass es auch in der protestantischen Kirche mindestens einen Missbrauchsfall gegeben hat, der vertuscht wurde. Insofern ist der Weihnachtsgottesdienst eine Chance, enttäuschte Gläubige zurück in die Kirche zu holen.

Während die katholische Kirche vermutlich - da bin ich ja nicht Mitglied - nicht anderes macht, als bewährte Dogmen fortzuführen, spreche ich der protestantischen Kirche zumindest noch eine gewisse Reformkraft zu, die über die Erlaubnis des Kondombenutzens für männliche Prostituierte hinausgeht. Leider läuft diese Reformkraft meist ins Lächerliche.

Um die "Jugendlichen" anzusprechen, verwendet unsere Pastorin "Heilig Abend" meist einen Spielzeug-Raben, um die Predigt witzig zu gestalten. Der hat sich heute in Geschenkpapier einwickeln lassen, um zu zeigen, dass der Wert eines Geschenks nicht von der Größe oder dem materiellen Wert, sondern von der "persönlichen Bedeutung" abhängt. Das war die zehn-Minuten-Predigt. Was hat die Kirche Weihnachten zu sagen? Geschenke sollen persönlich sein.
Zugegeben, dass ist etwas zu enttäuscht und überspitzt formuliert, denn es wurden die kirchlichen Phrasen von Weltfrieden, Hungerbekämpfung etc. rausgehauen, denen aber ja bekanntlich kaum Taten folgen.
Das Krippenspiel setzte dem ganzen dann die Krone auf. Es wurde behutsam "modernisiert". Den heiligen drei Königen wurde ein Diener angedichtet, der "durch Zeit und Raum reisen kann". Er geht vorraus, um den Weg auszukundschaften. Dabei gerät er aus Versehen in die Zukunft - in unsere Zeit - quatscht mit Teenie-Mädchen und nimmt die mit in die Vergangenheit. Dabei konnte man sich weder für eine richtig modernisierte Fassung (Wie sähe die Geschichte heute aus? Wäre das von einer "christlichen" Koalition geführte Deutschland heute bereit armen Reisenden einen Unterschlupf zu gewähren?), noch für eine komplett originalgetreue Fassung (der Originaltext wurde phasenweise verwendet) entscheiden.

Zugegeben einige Kinder hat das vielleicht angesprochen. Aber dieser Weihnachtsgottesdienst hat mich nicht zum Nachdenken angeregt und er hat aber auch keine festliche Weihnachtsstimmung erzeugt. Da kann man auch in der Bibel die Weihnachtsgeschichte nachlesen, in der Familie Weihnachtslieder singen und sich danach Gedanken darüber machen, ob die 2 000 Jahre Christentum im Verhalten der Menschen eigentlich etwas verändert hat. Oder ob die nächste "Hartz IV-Bashing-Runde" der christlich-liberalen Koalition(inklusive "Herprämie") nicht einer schwangeren Frau die Unterkunft zu verweigern gleicht.

Wenn die Institution Kirche sich schon irgendwie attraktiver gestalten will, sollte sie andere Mittel als Rabenpuppen und Zeitreisen verwenden. Denn so gut das gemeint ist, so lächerlich wirkt es in der Praxis. Besinnlichkeit und Nachdenken, das sind zwei Dinge, die ein Gottesdienst leisten sollte. Das geht weder durch eine langatmige 30-Minuten-Predigt, noch über ein zehn minütiges Plattitüden-Gespräch mit einem Raben.

Trotz der trüben Gedanken zur Kirche (die ja auch nur eine Institution für organisierten, nicht individuellen Glauben ist):
Frohe Weihnachten

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Montag, 20. Dezember 2010
Grüner Strom
Die Grünen haben in einem YouTube-Video ihre Alternative zum schwarz-gelben Energiekonzept vorgestellt. Schwarz-gelb setzt auf "Brückentechnologien" (sprich: Atomkraft) in einem recht langen Zeitraum und tut auch sonst nicht besonders viel, um den Eindruck zu entwickeln, man kämpfe energisch für Erneuerbare Energien.

Selbstverständlich sind die Grünen da ganz anders. Ehrgeizige Ziele bei Strom und Wärme werden für den Zeitraum 2020 bis 2040 dargestellt. Die Stromerzeugung soll bald ohne Uran und ohne Kohle auskommen.
Und da fängt es dann an, merkwürdig zu werden.

65,5% der Stromerzeugung stellen Kohle und Uran in Deutschland dar. Dem stehen zur Zeit 15,6% Erneuerbare Energien gegenüber. Richtig ist, dass der zweite Posten deutlich ausgebaut werden sollte. Richtig ist auch, dass man sich vielleicht von eine der beiden oben genannten fossilen Energieträgern verabschieden sollte. Und richtig ist auch, dass man auch darauf drängen sollte, Strom zu sparen, um fossile Energieträger abzulösen.

Neben der Atomkraft auch noch die Verbrennung von Kohle bis 2040 abzulösen, wird auch (und vielleicht vor allem) im Grünen Modell illusorisch.
Denn die Automobilfraktion in Deutschland arbeitet ja zur Zeit wild und hektisch am Elektroauto. Diese neue Form des Autofahrens findet auch im grünen Energiekonzept ihren Platz. 2 Millionen Elektroautos sollen bis 2020 auf deutschen Straßen fahren. Das ist bei 50 Millionen Kraftfahrzeugen in Deutschland beinahe schon ein bescheidenes Ziel. Merkwürdig ist aber das nie erwähnt wird, wie sich die Elektroautos mit dem Ziel, den Stromverbrauch um 12% zu senken verträgt?

Zugegebenermaßen, weiß ich nicht wie viel ein Elektroauto an Strom verbraucht. Aber es dürfte doch mehr sein, als ein Computer, ein Fernseher oder ein Kühlschrank. Insofern dürfte die Verbindung dieser beiden Ziele recht kompliziert werden.

Unverständlich finde ich auch das kategorische "Nein" zu neuen Kohlekraftwerken. Natürlich wenden die Grünen das in der Praxis nicht an und waren in Hamburg aber auch in kommunalen Parlamenten gern mal am Bau von Kohlekraftwerken beteiligt. Und sicherlich ist es nicht hilfreich, wenn wir ständig nur die Kohlekraftkapazitäten ausbauen. Aber neue Kohlekraftwerke haben einen bedeutend größeren Effizientgrad als die alten Kraftwerke aus den 50er bis 70er Jahren. Hier kann die Energie viel besser genutzt werden. Wäre es daher nicht besser, die alten Kohlekraftwerke durch neue zu ersetzen, um die Energie besser zu nutzen?

Das YouTube-Video geht auf solche Fragen nicht ein. Das kann es ja auch gar nicht, schließlich soll es einen kurzen Überblick verschaffen. Aber das kategorische Nein zu neuen Kohlekraftwerken, das Beharren auf einem gleichzeitigen Ausstieg und die unreflektierte Befürwortung von Elektroautos sind leider Punkte in denen die Grünen sich selbst blockieren.

Ein Nutzer YouTubes bemerkt in den Kommentaren, dass es schade sei, dass die Grünen häufig die Durchsetzung ihrer Idee nicht versuchen (Hamburg) oder gar kläglich daran scheitern und ihre Ziele dann vergessen. Als Beispiel für den zweiten Fall gibt er den Freiburger Bürgermeister an, der bis 2010 den Anteil Erneuerbarer Energien von 3,4 auf 10% steigern wollte. Er ist jetzt bei 3,7% angelangt.

Der Grüne Wille ist richtig und bewundernswert. Aber der Weg zum Wille, der scheint manchmal etwas zu leicht.

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Samstag, 18. Dezember 2010
Sicherheit(ssystem)
Im Spiegel frohlockt unser Innenminister. Die viele Polizeitpräsenz in Deutschland hinterlässt bei den Bürgern ein sichereres Gefühl. Toll. Damit sei ein Sieg über die "psychologische Kriegsführung" der Terroristen erreicht. Toll.
Zeigt aber dann nicht gerade Stockholm, das man machen kann, was man will, falls jemand auf die Idee kommt, sich in die Luft zu jagen. Denn wie gut sind denn die U-Bahnen kontrolliert? Wer passt auf die Busse auf? Wird jede Person an Bahnhöfen kontrolliert? Und wird man nicht bald auch Schwächen bei den Nacktscannern finden? Mehr offensichtliche Polizeipräsenz sorgt doch nur dafür, dass sich Terroristen nicht naheliegender Methoden bedienen, sondern sich andere lohnenswerte Ziele beziehungsweise anderer Methoden bedienen. Insofern wäre eine unauffälligere Polizeipräsenz vermutlich sogar hilfreicher. Aber das wird der zukünftige Dienstherr einer Super-Behörde im "Stil des FBIs" sicher besser wissen.

Der Umbau der Nato in ein "Sicherheitssystem" mit Russland wird schon seit einiger Zeit von den Linken gefordert. Die super-auskunftsfähigen Wiki-Leaks Depechen sollen jetzt enthüllen, dass Gregor Gysi dies nur als Beschwichtigung für den ganz linken Parteiflügel sieht, damit die nicht eine Abschaffung aller Sicherheitsbündnisse fordern. Zumindest hat der Spiegel das in den Depechen gefunden.
Das wär natürlich harter Tobak, schließlich ist die Anti-Nato-Forderung eine der Kernforderungen der Linken (allerdings auch eine der unklügsten Forderungen). Andererseits wird im Spiegel-Forum zurecht angemerkt, dass der Spiegel nie einen Link zu der Depeche setzt. Der Originaltext wird nie mitgeliefert. Stattdessen ist der Spiegel seit Wochen damit beschäftigt, jeden Tag ein neues Detail zu enthüllen. Auf Dauer stellen sich die Vorkämpfer für Transparenz da selbst ein Bein...

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Donnerstag, 16. Dezember 2010
"Projekt Größenwahn"
Der Spiegel und andere Medien wissen seit heute von fünf Möglichkeiten der FDP Guido Westerwelle los zu werden. Es wäre schon etwas ironisch, Westerwelle würde durch Erfolglosigkeit im Regierungsamt stolpern. Das sah auch schon einmal ganz anders aus.
Der Spiegel bietet ja mittlerweile auch seine früheren Ausgaben im Internet zur kostenlosen Einsicht an. Der Spiegel schrieb 2002 nach den anti-semitischen Vorfällen in der FDP: Der Vorsitzende, der sich seine Partei "groß und famos" wünscht, ist zur tragikomischen Figur geworden, der selbst zum Rücktritt noch die nötige Kraft fehlt.. Der gesamte Artikel ist ebenfalls sehr erhellend, über frühere Ansichten des Parteichefs. Der Spiegel zitierte Westerwelle damals: Die FDP wolle auch Wähler der rechtsradikalen DVU oder der Republikaner gewinnen, so der Parteichef zuletzt im Juni dieses Jahres: "Uns ist jeder willkommen, der seinen Frust in konstruktives politisches Verhalten umsetzen will."

Es sagt doch auch etwas über die FDP aus, dass Westerwelle Ausflügein den anti-Semitismus und ins rechte Lager überlebt, aber nicht das Amt des Außenministeriums.

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Der Anschluss an die Gesellschaft
Thomas Steg, der ehemalige Pressesprecher des Kanzleramtes, sagt in einem Zeitungsinterview, dass die SPD aufpassen müsse, den Anschluss an die Gesellschaft nicht zu verlieren. Sie müsse die Kernbegriffe "Sicherheit", "Gerechtigkeit" und "Fortschritt" neu buchstabieren. Abgesehen davon, dass die Wahl dieser drei Begriffe sicherlich interessant ist, sollte man sich auch einmal überlegen, was man unter "Anschluss an die Gesellschaft" eigentlich verstehen soll.

Sicherlich kann man sagen, dass die SPD den Anschluss an die Gesellschaft verloren hat. Die Umfrageergebnisse unter 30 Prozent sind häufig zwar nicht viel schlechter als die der Union, aber damit sollten sich Sozialdemokraten nicht zufrieden geben. Leider herrscht in der sozialdemokratischen Führungsebene sehr viel Ratlosigkeit, warum dies so ist. Man arbeitet - wie seit 60 Jahren - regelmäßig Konzepte und Beschlüsse zu allen möglichen Themen aus, hat also zu allem eine Meinung. Dazu kommt ein Vorsitzender, der von den Medien als extrem sprunghaft beschrieben wird und häufig über ein zu loses Mundwerk verfügt. Das lässt dann vergessen, dass er mit regelmäßigen, im Internet verfügbaren, Konferenzen neue Maßstäbe in Sachen Transparenz setzt und dass die von ihm angestoßenen Zukunftswerkstätten, in denen sich Bürger beteiligen können, eigentlich eine gute Sache sind. Beim Bürger kommt von der SPD nur der Vorsitzende ohne ganz klare Linie an.

Das führt dann auch zu der zentralen Frage zum Thema "Anschluss". Wie funktioniert der Anschluss an die Gesellschaft eigentlich? Normalerweise müsste ein Parteiensystem ja so funktionieren, dass in den Parteien gesellschaftliche Gruppen ihre Meinung bilden. Neue Strömungen gehen in die Parteien in Form von neuen Mitgliedern und sorgen somit für neue Impulse. Dieses System funktioniert schon lange nicht mehr. Die wenigsten Bürger engagieren sich noch in Parteien. Kaum einer geht noch zu Parteiveranstaltungen. Stattdessen meckert jeder laut oder gründet gar für ein bestimmtes Sachthema eine eigene Partei (s. Piratenpartei). Über Parteidiskussion und Parteiveranstaltungen funktioniert der Anschluss an die Gesellschaft nicht mehr, da die Bevölkerung diese Möglichkeiten schlichtweg ignoriert. Daher sind die Medien das einzige Transportmittel für Botschaften.

Bei dieser Erkenntnis muss man sich fragen, welche Partei eigentlich noch einen "Anschluss an die Gesellschaft" hat. Die CDU? Sie klettert in den Umfragen zwar gerade etwas nach oben, aber das liegt in erster Linie daran, dass zur Zeit mal nicht schlecht über sie berichtet wird und irgendwohin müssen die letzten enttäuschten FDP-Wähler ja auch hin. Bei Umfragen zwischen 31 und 36 Prozent liegt sie aber auch eher im unteren Bereich. Die Linke? Die zerlegt sich zur Zeit im Westen eher selbst. Ansonsten hört man kaum noch etwas vom ehemaligen Schrecken der Republik. Die SPD? Hier bekommt man in den Medien nur etwas von dem "schnellentscheidenden" Vorsitzenden mit. Ansonsten kommt es immer wieder zu Abgesängen, die sich en mas häufen. Die FDP? Sie wurde im letzten Jahr in 15%-Höhen hochgeschrieben. Keine Zeitung kam mehr ohne FDP-Bewunderung aus. Kaum ein Jahr nach der Regierungsteilnahme liegt diese Partei am Boden. Vom Anschluss an die Gesellschaft kann man nicht sprechen. Das "einfache und gerechte Steuersystem", mit dem die Partei den Nerv der Wähler getroffen hat, nimmt ihr keiner mehr ab. Daher wird in den Medien auch kaum noch ein gutes Wort über die FDP mehr verloren.

Bleiben nur noch die Grünen übrig, die zur Zeit ihren - von den Medien wieder sehr unterstützten - Höhenflug haben. Aber werden ihre Beschlüsse in den Artikeln transportiert? Wird berichtet, dass zum Beispiel die Grünen in Baden-Württemberg Studiengebühren nicht mehr komplett ablehnen? Wird berichtet, dass Renate Künast in Berlin den neuen Flughafen nicht für den internationalen Flugverkehr, sondern nur für den europäischen Luftverkehr benutzen möchte, obwohl die Grünen gegen Flugreisen innterhalb Europas sind? Nein, auch hier wird von den Medien nur die "Stimmung" transportiert. Und diese "Stimmung" ist zur Zeit Stuttgart 21 und Atomkraft. In diesen zwei Punkten haben die Grünen allerdings wirklich "Anschluss" an die Gesellschaft.

Vielleicht sollte man sich, wenn man von "Anschluss an die Gesellschaft" einmal fragen, was den bei der Bevölkerung ankommt. Und das ist zur Zeit eigentlich nur die "Stimmung" die von den Medien transportiert wird. Letztes Jahr nutzte das der FDP, dieses Jahr nutzte das den Grünen, die diese Stimmung allerdings noch nicht in Wahlergebnisse umgewandelt haben.
Vermutlich ist es illusorisch zu hoffen, dass auch Beschlüsse und Positionen der Parteien mehr diskutiert werden. Denn die Medien sind ja nicht allein Schuld. Schließlich legen es Politiker mittlerweile in Interviews darauf an, möglichst vage zu bleiben. Trotzdem könnte man Sachen wie das Scheitern des Jugendmedienstaatsvertrags, das Thema Studiengebühren oder Infrastruktur mal wieder mehr inhaltlich als immer nur Personen- beziehungsweise Stimmungsabhängig in Medien kommunizieren.
Da das aber wohl nicht eintreten wird, hoffen wir einfach, dass die Stimmung nicht irgendwann jemand Braunem nützt.

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Dienstag, 14. Dezember 2010
Es war nicht alles schlecht?
Man könnte beinahe Mitleid bekommen mit der gelben Steuertruppe. Jahrelang hat die Parole "einfacheres, gerechteres Steuersystem" ausgereicht und nun tut sie das nicht mehr. "Mehr netto vom brutto" sagt niemand mehr. "Arbeit muss sich wieder lohnen" - das ist jetzt bei fast jedem angekommen - bedeutet nicht, dass die Löhne steigen müssen, sondern dass die Sozialleistungen sinken müssen. Mehr als 14 Prozent haben das im letzten September weder gewusst noch vorrausgeahnt. Einige Entschuldigen sich jetzt im Spiegel, die meisten wenden sich aber einfach stillschweigend von der FDP ab.

Da herrscht jetzt natürlich Krisenstimmung. Blöderweise ist man da ungefähr so hilflos wie die SPD, wenn es darum geht zu erklären, warum einen auf einmal niemand mehr mag. Konstruktive Zeitgenossen aus Schleswig-Holstein rücken die FDP aus Verzweiflung in die Nähe der DDR. Auch hier stellt der Spiegel fest, wie verquert der Vergleich doch ist (in der DDR war - im Gegensatz zur FDP - nicht alles schlecht).

Während die Zeit Guido Westerwelle schon völlig abschreibt, bringt überraschendeweise die FAZ einen recht interessanten Leitartikel. Fazit: Die FDP ist die Partei mit dem jüngsten Führungsnachwuchs. Diese Chance müsste endlich genutzt werden.
Und tatsächlich, im Vergleich zu den anderen Parteien sind die Rösler und Lindner relativ jung. Außerdem hocken in der FDP-Bundestagsfraktion - noch - eine ganze Menge Julis. Wenn sich die Bevölkerung häufig an alten Politikern stört, warum hilft diese Tatsache der FDP nicht?

Die Antwort ist relativ simpel. Die Leute wirken nicht jung.
Andrea Nahles von der SPD ist gerade erst 40 geworden, trotzdem wirkt sie vom Auftritt wie ein politisches Urgestein. Das selbe Gefühl hat man bei all den jungen Anzugsträgern der FDP, die zwar viel von Bürgerrechten reden, aber letztendlich doch am Besten in der Dauer-Formel "weniger Staat" sind.

Da die FDP jetzt wieder sinkende Mitgliederzahlen hat, sollte sie vielleicht diesen freundlichen Hinweis auf Möllemann-Zeiten wieder aufgreifen.

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Montag, 6. Dezember 2010
Wird Strom verstaatlicht?
Wer erinnert sich noch an die Landtagswahl in NRW im letzten Mai? Da gab es einen einhelligen Tenor, dass es eine kleine, linke Partei ein unglaubliches und vor allem irrsinniges Landtagswahlprogramm aufgestellt hatte. Da wollten die Linken doch tatsächlich Stromnetze verstaatlichen. Bloß weil die Betreiber gelegentlich vergessen die Stromnetze zu warten und Dörfer dann im Dunkeln stehen. Solche revolutionären Forderungen konnten CDU und FDP natürlich nicht akzeptieren, sondern musste die Linke monatelang als irrsinnige und vor allem unwählbare Partei abstepeln.

Nun verstaatlichen CDU und FDP in Baden-Württemberg de facto den Stromriesen EnBW. Das ist aber natürlich eine ganz andere Geschichte. Denn man verstaatlicht damit ja nicht das Netz, sondern den Konzern. Und man zahlt vernünftige Steuergelder dafür an einen französischen Konzern anstatt sich die Sache im Namen der Allgemeinheit anzueignen. Und sowieso geht es hier ja nicht um Dörfer, die keinen Strom mehr haben.
Hier geht es um das wichtige Ziel das Baden-Württemberg demnächst ein drittes Dax-Unternehmen hat. Das ist wichtig und da man die erworbenen Anteile demnächst eh wieder (fürn Appel und n Ei) verscherbeln wird, ist das ja gar keine richtige Verstaatlichung.
Kein Einsatz für geringere Strompreise oder bessere Netze - diese Verstaatlichung ist offensichtlich CDU/FDP gerechtfertigt. Wir können also beruhigt sein.

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Montag, 29. November 2010
Kopfschütteln
Mittags bei Spiegel Online
Der Großteil der Seite ist mit den neuen "Wikileaks"-Enthüllungen beschäftigt. Merkel ist unkreativ, Westerwelle arrogant und in Berlosconi sehen die Amerikaner auch keinen Heilbringer für die Demokrate. Das ist doch mal eine wirkliche Überraschung, nichts was man nicht vorher schon hätte ahnen können.
Wirklich überraschend ist wiederum, womit sich Wikileaks eigentlich beschäftigt. Dokumente über Kriegstaten bringen der Öffentlichkeit vielleicht noch etwas und zeigen, dass auch der "saubere" westliche Krieg grausam sein kann. Aber was genau hat man damit erreicht, dass man die diplomatischen Depechen, der Amerikaner veröffentlicht? Ist es wirklich so verwunderlich, dass in einem internen Netz, indem man sich sicher fühlt, auch vertrauliche, persönliche und subjektive Meinungen transportiert werden? Und was haben wir jetzt davon, dass wir wissen, wie die Amerikaner unsere Leute einschätzen?

Daneben findet man immerhin noch, dass sich die Grünen uneins sind, ob ein Bündnis mit der CDU jetzt gut oder schlecht ist. Nach den Grünen Erfolgen in Hamburg und der eher mäßigen Jamaika-Koalition setzen sich Özdemir, Palmer und Künast dafür ein, weiterhin mit einer Atomkraft befürwortenden CDU zusammen zu arbeiten. Super.

Noch schöner ist da nur, dass Interview mit einem Linken-Abgeordneten, der Nordkorea besucht hat. Der war von den touristischen Möglichkeiten dort so begeistert, dass er das dortige Regime gerne dabei unterstützt hätte, in der Zukunft anstatt 300, 3000 deutsche Touristen nach Nordkorea zu locken. Er bedauert, dass dies durch den Raketenangriff auf Südkorea nun nicht mehr möglich ist. Das Regime unterstützt er aber ausdrücklich nicht.
Hat er sich dabei schon einmal überlegt, dass man ein Regime auch dadurch unterstützt, dass man Devisen ins Land bringt? Und was machen Touristen in der Regel? Das Leben muss als Linker auch irgendwie einfach sein.

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Sonntag, 28. November 2010
Grünes Grün?
Die GAL hat heute die schwarz-grüne Koalition in Hamburg aufgelöst.
"Missmanagement" habe es gegeben, so zitiert der Spiegel die Grüne Götsch. Daher sei das Ende der Koalition richtig.

Aus Grüner Sicht war die Koalition eher ein Flop:
- der Elbvertiefung musste man im Koalitionsvertrag zustimmen
- Moorburg musste gebaut werden, weil ein Gerichtsbeschluss dies durchsetzte
- ein Unterstützungsantrag für die Anti-Atomaktion im Mai wurde mit grünen Stimmen (!) abgelehnt
- ihre Schulreform ist gescheitert
- sie wurden im Rahmen der Abstimmung der Schulrefrom übel von Ole von Beust ausgetrickst, der am Freitag vor der Abstimmung zurücktrat und damit ein fatales Zeichen setzte
- sie haben einen der konservativsten CDU-Leute zum Bürgermeister Hamburgs gewählt

Warum man sich dann erst jetzt entscheidet, die Koalition platzen zu lassen, ist ein Rätsel. In den letzten Tagen ist nichts wildes passiert. Die Anti-Grünen Projekte sind alle schon gemacht. Wahrscheinlich hat der Spiegel-Kommentar Recht, wenn er behauptet, die Hamburger Grünen wollten nur von den Bundesumfragewerten profitieren.
Denn wenn es ihnen um Fehler in der Koalition gegangen wäre, hätten sie an anderer Stelle die Koalition brechen müssen. Oppurtunismus auf dem Weg zu besseren Ergebnissen - eine sympathische Aktion.

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Samstag, 27. November 2010
Sackgasse
Heiner Geißler sieht sich bei der Stuttgart 21-Schlichtung in einer Sackgasse. Warum eigentlich?
Mappus hat ihm doch zugestanden, dass er bei Verbesserungsvorschlägen auch mehr Geld in die Hand nehmen würde. Das heißt, hier könnten die Reformgegner durchaus Vorstellungen einbringen, um zumindest die übelsten Fehler des Projektes auszubügeln.
Aber am interessantesten ist wohl die Aussage, dass er eine Volksabstimmung nicht empfehlen könne, obwohl dies die beste Lösung sei. Wenn der ehemalige CDU-Generalsekretär das unter einer unabhängigen Schlichtung versteht, hat er in seinem Auftrag wohl etwas überlesen.

Seine Ablehnung begründet er damit, dass der Landtag Baden-Württemberg eine Volksabstimmung bereits abgelehnt hat. Aber der Landtag Baden-Württembergs hat bis jetzt auch Stuttgart 21 in der bisherigen Form befürwortet - und trotzdem schlichtet Geißler.
Außerdem sei die rechlichte Lage noch nicht geklärt. Vielleicht sollte man dann einfach abwarten, bis die rechtliche Lage geklärt ist.
Wenn ein Volksentscheid die beste Lösung wäre, warum schlägt er sie dann nicht vor? Die vom Spiegel zitierten Begründungen reichen nicht aus, um eine Ablehnung zu begründen.

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