Neue Homepage: Ich habe eine neue Homepage, die man unter www.gedankenecke.com erreicht. Zur Zeit werden Stück für Stück die mittlerweile über 1 000 Beiträge dieses Blogs von mir rüberkopiert (bin bei Oktober 2008 angekommen) und die neuen Artikel seit "Homepagegründung" sind da ebenfalls zu finden. Der größte Vorteil, den die neue Seite bietet ist, dass endlich jeder kommentieren kann und man sich nicht mehr registrieren braucht.
Dienstag, 23. November 2010
Pädophile Terroristenunterstützer
Nachdem im voherigen Beitrag deutlich geworden ist, dass gerade bei Internetportalen großer Magazine hinter den bösen Überschriften andere Sachen stehen, als angekündigt, gibt es laut der CDU noch etwas, was man kritisieren kann.
Wenn ein Medium schreibt, welche Orte in Deutschland besonders gefährdet sind, dann ist das ein Anreiz für Terroristen, findet Siegfrid Kauder laut Spiegel Online. Daher müsse man die Pressefreiheit hier ein wenig einschränken. Super.
Denn dadurch, dass jede Behörde weiß, wo die Gefahr besonders groß ist, wird der Terrorist viel mehr Chancen haben. Und da jetzt vermutlich auch weniger Bürger den Platz aufsuchen, würde ein Anschlag auch richtig lohnend werden. Das ist doch logisch.

Im nächsten Schritt könnte man dann endlich das Problem der unwahrheitenverbreitenden Journalisten angehen. Für den französischen Präsidenten Sarkozy sind solche Menschen ja pädophil. Vielleicht kommt ja jemand in der Union noch auf die Idee, der Menschheit etwas "Gutes" zu tun und diese "Journalisten" mit einer Netzsperre zu belegen.

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Lammbrave Grüne? Kümmernde Bundeskanzlerin?
Die großen Medien sehen in den grünen schon seit längerem die neue Volkspartei Deutschlands. Kaum ein schlechtes Wort entfleucht der Tastatur, die Protestwelle um Stuttgart 21 und die Castor-Transporte wird von den Medien mit getragen.
Doch nun auf einmal ein Bruch.
Am Wochenende war der Parteitag der Grünen. Und auf waren die Titel der Internet-Plattformen furchtbar ungrün.
Friede, Freude, Pustekuchen sieht der Spiegel bei dem Parteitag. Der Stern sieht in zwei Artikeln einmal Grüne Zumutungen und dann Die Lust auf Macht macht lammbrav. Ist das schon ein klarer Fall von Schizophrenie oder hat man erst zu später erkannt, was auf dem Parteitag vorgefallen ist? Die ZEIT wiederum sieht Graue Schatten über der grünen heilen Welt. Den Überschriften nach müsste die beinahe Volkspartei einen desaströsen Parteitag hinter sich haben.
Außer natürlich, man liest die Artikel und guckt, was der Pustekuchen, die Zumutungen und die grauen Schatten eigentlich sind. Dann merkt man nämlich, dass es sich eigentlich einzig und allein darum handelt, dass die Grünen die Olympia-Bewerbung Münchens ablehnen. Dadurch würde das Cliché bestätigt, dass die Grünen eine "Dagegen-Partei" seien. Da stellt sich natürlich die Frage, ob es denn so verwunderlich ist, dass die Grünen einen Olympia-Bewerbung aus Umweltschutzgesichtspunkten ablehnen.
Ich stecke in der Diskussion um die olympischen Winterspiele nicht wirklich drin. Aber so weit ich weiß, müssten in München einige Veränderungen durchgeführt werden. Ist es so falsch, da unter Umweltgesichtpuntken "nein" zu sagen?
Überraschend ist die Position dann auch nicht, schließlich sind die bayrischen Grünen schon lange gegen den Plan. Nur der Münchener Kreisverband unterstützt die Pläne. Und wäre es nicht eigentlich komisch, wenn die Partei der Linie des Bundesvorstandes folgte und nicht der des betroffenen Landesverbands?
Das eigentlich merkwürdige ist das, warum der grüne Bundesvorstand für Olympia war. Da zeigt sich dann, dass der Bundesvorstand gerne Volkspartei sein würde und sich danach verhält. Das Verständnis von Özdemir und Co scheint zu sein, wenn man auch mal dafür ist, obwohl die Umwelt belastet wird, ist das Volkspartei. Dabei geht durch jedes Moorburg und jede Umweltverletzung durch Grüne doch ein Stück Kernidentität verloren. Kein Wunder also, dass die Basis dazu "nein" sagt.
Ein Wunder aber, dass die Medien dass so furchtbar negativ sehen. Hier wird der Eindruck vermittelt, es sei schlecht, wenn die Grünen grün seien. Paradox.
Die "Zumutungen", von denen der Stern berichtet, ist übrigens die Bürgerversicherung, die reichere stärker belastet. Da Begünstigtere mittlerweile das Kernklientel der Grünen sind, sei das eine Zumutung für die eigenen Wähler. Zu diesem merkwürdigen Kommentar sollte man nur sagen, dass das rot-grüne Bürgerversicherungskonzept bereits seit 2005 bekannt ist und eigentlich niemanden verwundern sollte.

Und während man die negativen Schlagzeilen zu den eigentlich gar nicht so negativen Ereignissen liest, wird einem der Eindruck vermittelt, die Bundeskanzlerin kümmert sich um die Bürger. Denn die Regierung hat eine 3 Millionen teure PR-Kampagne gestartet. Diese besteht aus einem "persönlichen" Brief der Bundeskanzlerin, indem sie sich für die harte Arbeit der deutschen Staatsbürger bedankt. Der Brief erschien nicht nur in den wichtigen Zeitungen (Spiegel, Zeit etc.), sondern war heute auch auf stern.de als Werbung zu sehen.
Da ist es mir doch lieber Steuern gehen nicht in den Bau von Olympia-Gebäuden, anstatt dass sie in eine PR-Kampagne einer PR-amoklaufenden Bundesregierung.

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Dienstag, 16. November 2010
König Kurt
Ich glaube, man muss erst einmal sechzehn Jahre Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz gewesen sein, um zum Theme "Grüne heute" einfach nur zu sagen: Abwarten.

Denn während laut Spiegel online alle Politiker mehr oder weniger primitiv auf die Grünen eindreschen, plädiert Kurt Beck dafür, einfach zu warten, bis die Grünen wieder mitregieren. Dann normalisiere sich das schon wieder.

Das ist richtig. Denn gerade die Grünen Regierungsbeteiligungen in Hamburg und im Saarland zeigen, dass die Grünen sowohl Wahlversprechen brechen als auch empfänglich für die ein oder andere Geldzahlung sind. Da ist man dann weit von Stuttgart21 oder einem Castor-Transport entfernt und lehnt - wie in der Hamburger Bürgerschaft geschehen - auch mal einen Unterstützungsantrag für eine Anti-Atom-Demo ab.

Andererseits ist das auch falsch, denn das, was dann in Grüner Regierungsverantwortung geschieht, tut dem betreffenden Land ja nicht unbedingt gut. Daher ist es durchaus wichtig, bereits im Vorfeld darauf hinzuweisen, dass Grün meist ein doppelt so großes Ja sagt, wie die SPD (während die Linke ein vier Mal so großes Ja schreit) und dann aber dann z.B. mit CDU und FDP nur ein Bruchstück dabei herauskommt.
Nur hilft es halt nicht, dumpfe Grünenschelte zu betreieben. Denn die ist nicht nur unangemessen, sondern auch primitiv.
Stattdessen sollten CDU und SPD endlich einmal wieder deutlich machen, dass sie im Gegensatz zu FDP und Grüne keine übertriebenen Forderungen verbreiten, sondern Realpolitik betreiben und dass sie sich auch nicht nur um Partialinteressen der Gesellschaft kümmern, sondern um alles.

Zur Zeit sieht es aber leider nur nach großkoalitionärem Grünen-Bashing aus, womit man sich überhaupt keine Freunde schafft.

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Sonntag, 14. November 2010
Wunder?
Ist es eigentlich verwunderlich, dass eine angeblich so vorbildliche Internetseite wie Spiegel-Online nicht nur wie ein Bouleveradmedium auch Aussätze von C-Promis dokumentiert, sondern anstatt einen vernünftigen Kommentar schreiben zu lassen auch noch eine eher peinliche Debatte aus dem eigenen Forum skizziert?
Denn Roches Äußerungen sind - selbst als übertriebene Satire - doch nicht so wichtig, dass man ihr so eine Plattform bieten muss. Schließlich ist Werbung vermutlich das einzige, was sie zu so einer Albernheit gebracht hat, da die Chancen auf ein AKW-Veto dadurch sicherlich nicht gestiegen sind.

Wichtiger ist da doch eigentlich der kommende CDU-Parteitag. Aber auch wenn es sein mag, dass sich Merkel einen Kanzlerwahlverein bastelt, springt das "Online-Leitmedium" hier doch ebenfalls einem merkwürdigen Wahn auf. Wenn Merkel bei ihrer Wahl zur Parteivorsitzenden nicht mindestens 90 Prozent bekommt, wertet der Spiegel das als Klatsche. Auch diese Äußerungen kommen eigentlich eher von mäßigen Lokalzeitungen und der Bildzeitung. Denn 90 Prozent sind bei über tausend Deligierten und einer demokratischen Wahl doch eigentlich eine enorme Zahl. Aber veröffentlicht Spiegle-Online dazu ja demnächst ein paar Meinungen aus dem Forum.

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Samstag, 6. November 2010
Konkurrenz belebt
In den Jahren 2008 und 2009 haben uns die weltweiten Finanzmärkte gezeigt, wie gut es ist, wenn man alles über den "freien Markt" regeln lässt. Das funktioniert so gut, dass man dringend überlegen müsste, was man noch alles in Wettbewerbssituationen bringen kann. Unser Finanzminister hat dafür jetzt eine Lösung: Ein Teil der Einkommenssteuer wird zur kommunalen Einkommenssteuer. Diesen Satz kann jede Kommune dann selbst bestimmen, es kommt zu mehr Wettbewerb unter den Kommunen.
Super.
Spiegel titelt dabei mit "reiches München, armes Berlin". Aber eine eben so wichtige Frage wäre ja auch, was mit dem Land-Stadt-Gegensatz wäre. Denn Städte müssen für Schulen, Bibliotheken und anderen öffentlichen Einrichtungen meist weitaus mehr bezahlen als Dörfer. Und das können sie nicht, wenn alle Menschen in Dörfern wohnen, weil sie da kaum Einkommenssteuer bezahlen müssen.
Überraschenderweise kommt der Gegenwind zu dem Vorschlag zu Teilen aus der FDP. Eigentlich hätte ich gedacht, die würden sich über mehr Wettbewerb freuen.
Richtig schlecht kann einem bei dem Kommentar unserer Lokalzeitung werden. Da überschlägt man sich vor Lob für den Vorschlag. Endlich würde der Bürger wissen, wofür sein Geld ausgegeben werden. Mit einer kommunalen Einkommenssteuer würde sich jeder Bürger total für Kommunalpolitik interessieren und in der Regel seien die Deutschen ja gerne bereit mehr zu bezahlen, wenn sie wüssten, dass das Geld zum Beispiel in einen neuen Spielplatz gehen würde. Die kommunale Einkommenssteuer als Allheilmittel gegen kommunale Politikverdrossehnheit?
Sicher, außer natürlich der Bürger zieht einfach in eine günstigere anstatt sich über die Umsetzungspläne zu informiern. Vermutlich wüssten die meisten nicht einmal, dass sich was an dem Urheber der Steuer geändert hat, sondern würden sich einfach nur über die Erhöhung der Steuer ärgern.
Der Lokalkommentar kam dann auf die glorreiche Idee, dass man das einzige Problem (!), nämlich den Stadt-Land-Unterschied, ja damit lösen könne, dass man einfach eine Art Ausgleichzahlung zwischen Dörfern und Städten einführt oder verstärkt. Da fragt man sich, wie viele bürokratische Monster, die angeblichen Bürokratie-Killer eigentlich noch erschaffen wollen.
Das Ergebnis wären ärmere arme Städte und reichere reiche Städte und glückliche Dörfer.
Glücklicherweise beschäftigt sich unsere Familienministerin mit den wirklich wichtigen Themen: Sie will sich in Zukunft mehr für Männer einsetzen. Dabei möchte sie als erster überprüfen, ob in unseren Schulen genügend Diktate über Fußball geschrieben werden oder ob es nur Texte über Blumen und Schmetterlinge gebe. Gut, dass sich da eine in ihrem (Familien)Ressort auskennt und sich mit den Themen beschäftigen, die den Unterschied ausmachen!

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Dienstag, 26. Oktober 2010
Zehn Gründe für den Niedergang
Schwarz-gelb regiert nun schon ein Jahr und die Bilanz ist in den meisten Medien extrem negativ. Spiegel Online tut sich da ganz besonders hervor und präsentiert in einem nett aufbereiteten Flash gleich zehn Gründe für den schwarz-gelben Niedergang.

Dem Leser werden dabei also die gruseligsten Fehlschläge der Koalition aufgelistet. Wobei so kleine Affärchen wie ein weggemobbter Öttinger, ein müder und schulreformunwilliger von Beust und ein weglaufender Rolan Koch gar nicht erwähnt werden. Die zehn "Gründe" für den Niedergang sind also mal wieder eher zufällig gewählt, schließlich wurde zumindest mit Kochs Weggang einiges an Dramatik aufgebaut.

Interessant ist auch, dass es einen "Niedergang" überhaupt gegeben hat. Wie kann man denn eigentlich von nichts "niedergehen"? Schließlich hat die Koalition von Anfang an nicht wirklich Fuß gefasst und kaum etwas (medial) auf die Reihe bekommen. Oder ist mit dem Niedergang gemeint, dass die Umfrageergebnisse nicht mehr das Wahlergebniss vom letzten September wiederspiegeln? Das wäre der einzige Niedergang, der bis jetzt aber rein hypotetisch ist. Eigentlich kann es also nur eine Chronik des verkorksten Startes und der verkorksten zweit-, dritt- und zigst-Starte geben.

Und letztendlich wäre es eigentlich auch schön, wenn man sich mal darum bemüht hätte, auch die Versuche der Koalition, Erfolge zu erzielen, aufzuzählen. Denn durch den Kontrast wäre die negative Wirkung noch etwas stärker. Schließlich sind die Entscheidungen des "Herbst der Entscheidungen" zu einem größten Teil...schweigen wir lieber darüber.

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Donnerstag, 21. Oktober 2010
Wie bewertet man einen Menschen?
Die Integrationsdebatte des Finanz- und "Sozialexperten" Sarrazin nimmt mittlerweile immer abstrusere Formen an. Dabei sind die Verhaltensmuster der Parteien nicht nur unverständlich, sondern in vielen Punkten ärgerlich und primitiv.

Wenn ein Konservativer nicht weiter weiß, dann verfällt er in alte Verhaltensmuster. Das liegt in seinem Wesen. Dennoch ist es verwunderlich, in welcher Art die CDU/CSU jetzt wieder nach einer Leitkultur schreien. Denn anstatt sich einfach "nur" eine schwammig Leitkultur zu wünschen, trumpft man diesmal mit dem Schrei nach einer eben so schwammigen wie unsinnigen christlich-jüdischen Leitkultur auf. Da fragt man sich doch, wie vereinbar es denn mit der Religionsfreiheit im Grundgesetz ist, wenn man die "Leitkultur" des Landes mit religiösen Traditionen verbindet. Natürlich hat das Christentum Deutschland enorm geprägt. Aber da kann man nicht unbedingt nur drauf stolz sein.
Der wahre Hohn ist aber doch, dass man das Judentum mit in diese Leitkultur nimmt. Natürlich ist es eine ehrenhafte Sache, die jüdische Tradition in den Begriff "Leitkultur" einzubinden. Aber ein Jude, der sich ein wenig in Geschichte auskennt, muss sich doch wundern. Bis vor 60 Jahren wurden Juden geächtet, ausgestoßen und in vielen Fällen auch getötet. Dabei geschah dies nicht nur über einen Zeitraum von 12 Jahren Nationalsozialismus, sondern über über 1000 Jahre. Und heute stellt sich die Christlich-demokratische Union hin und meint unsere Leitkultur sei auch aus jüdischer Tradition gewachsen?

Dabei könnte man es sich so leicht machen. Warum brauchen wir überhaupt einen schwammigen Ausdruck wie die Leitkultur?
Die Bundesrepublik Deutschland hat ein Grundgesetz. Und dieses Grundgesetz ist ganz besonders gut gemacht, denn es beinhaltet auch viele, viele Werte, die für einen Bürger dieses Landes selbstverständlich sein sollten. Wir brauchen in dieser Debatte keinen Hinweis auf eine Leitkultur, unter der sich niemand was vorstellen kann und die Werte beinhaltet, die über tausende von Jahren in Deutschland verfolgt wurden. Wir brauchen "lediglich" den Hinweis darauf, dass das Grundgesetz die Basis für das Zusammenleben in Deutschland sein muss. Wer das nicht akzeptieren kann, der hat hier auch nichts zu suchen. Für alle anderen müssen aber genügend Anstrengungen unternommen werden, damit sie hier in Deutschland ein möglichst integriertes Leben führen können.

Unser Bundespräsident ist überraschenderweise dabei, auf dem einzig funktionierenden Weg eine Lösung für das Problem zu finden. Er wirbt um Verständnis und Ruhe in der Debatte. Denn je mehr sich die Gemüter erhitzen, desto mehr Vorurteile und Pauschalbewertungen spielen in der Diskussion eine Rolle. Dabei müsste man die Grundlage so schlicht wie möglich halten. Solange sich ausländische Mitbürger an die Werte im Grundgesetz halten, sind sie hier willkommen, ohne dass ihre Religion dabei eine Rolle spielt. Denn in einem Staat mit Religionsfreiheit gehört jede Religion genau so zu dem Staat wie jede andere, auch wenn wir organisatorisch bevorzugte Kirchen haben.

Ärgerlich ist aber nicht nur, mit welchem Unsinn die CDU die Debatte populistisch lösen möchte. Gestern titelten die Grünen auf ihrer Internseite damit, dass ein Punktesystem überfällig sei. Özdemir sprach sich dabei für ein Punktesystem bei Einwanderern aus, dass sie nach ihrer Bildung bewerte und somit Fachkräfte ins Land locken könne. Laut Spiegel Online befürworten auch CDU-Politiker so ein Punktesystem. Erschreckenderweise spricht sich in dem Artikel auch der ehemalige Generalsekretär der SPD Hubertus Heil für dieses System aus.

Was gibt es unwürdigeres als ein Menschen in Punkte einzuteilen?
Laut dem Artikel wolle man sich an Kanada orientieren. Dort bekommt man Punkte nach Bildungsgrad, Alter, Sprachkenntnis und Berufserfahrung. Hier werden Menschen nicht als Menschen gesehen, sondern als Punkte. Aus moralischen Gründen ist so ein System eigentlich nicht zu machen.
Und auch das Ziel eines solchen System ist pervers. Man wird vermutlich nicht mehr ausländische Fachkräfte aus Entwicklungsländer dadurch erreichen. Denn die meisten können durch die Europäische Union eh schon problemlos hier arbeiten. Und auch ein Amerikaner oder ein Kanadier wird damit keine Probleme haben. Nein, man wird in erster Linie ausgebildete Kräfte aus Entwicklungs- und Schwellenländern anziehen. Sprich: Man baut einen geförderten Brain-Drain auf, der solchen Ländern per se die Chance nimmt, sich vernünftig zu entwickeln.

Zumal der Fachkräftemangel in vielerlei Hinsicht selbst gemacht ist. Hubertus Heil zählt zurecht auf, dass jedes Jahr 70 000 Menschen das Bildungssystem ohne Abschluss verlassen, 1,5 Millionen Menschen in Deutschland haben keine Berufsausbildung. Natürlich kann man die nicht alle zu Maschinenbauern ausbilden. Aber unser Bildungssystem muss hartnäckig genug sein, um allen Jugendlichen einen Abschluss nahe zu bringen. Und ich glaube auch, dass man mit einer besseren Struktur, besseren Lehrplänen und mehr Mitteln im Bildungswesen, das Ausbildungsniveau bedeutend steigern könnte. Nein, der wahre Grund für den Fachkräftemangel ist gar nicht so sehr der demografische Wandel, wie immer gesagt wird. Die Unternehmen in Deutschland sorgen einfach nicht für eine vernünftige Nachwuchsausbildung, da sie sich im deutschen Bildungssystem eigentlich überhaupt nicht einsetzen. Da ist das Problem dann selbst gemacht. Bevor wir anderen Ländern ihre teuer ausgebildeten Fachkräfte klauen, sollten wir eher versuchen, aus unseren "Bildungsressourcen" mehr rauszuholen.

So ist die "Integration"-Debatte also ein Beispiel dafür, auf was für einem schwachen Niveau Diskussionen in Deutschland geführt werden. Die Konservativen fallen gleich wieder in alte Schemata zurück und versuchen sich mit rechten Parolen zu profilieren. Die größte Enttäuschung sind aber die Grünen, die ganz offiziell menschenunwürdige Bewertungsmuster anstreben. Das kann man schon beinahe froh sein, dass die "offiziellen" Linien der SPD neben den Äußerungen eines geschassten Generalsekretärs nur "die Leitkulturdebatte ist peinlich" und "Integrationsverweigerer müssen härter rangenommen werden" von Siegmar Gabriel sind.

Dabei wäre das die Chance für die SPD, sich endlich auf dem Feld zu profilieren. Anstatt von einer unsinnigen Leitkultur mit fadenscheinigen religiösen Motiven zu reden, könnte man auf das Grundgesetz als Basis verweisen. Und den unsozialen Grünen könnte man nicht nur ihre eigene Basis, sondern auch ein soziales System aus mehr Bildungsförderung, einer verbesserten Anerkennung von ausländischen Bildungsabschlüssen und das Bemühen um mehr Akzeptanz für "Integrationswillige" entegensetzen. Dafür bedürfte es aber auch einer Öffentlichkeit, die über die Begriffe "christlich-jüdische Leitkultur" und "Punktesystem" hinauszudenken bereit ist. Und das ist der Teil Deutschlands, der in Scharen das Sarrazin-Buch kauft, vermutlich nicht.

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Donnerstag, 14. Oktober 2010
Umfrage(irr)sinn?
Seiten wie wahlrecht.de oder election.de gehören zu meinen täglichen Anlaufstellen im Netz. Aber häufig wundert man sich doch schon über die Qualität der Umfragen, die dort veröffentlicht werden. Während election.de sogar für sich in Anspruch nimmt, den Ausgang einer möglichen jetzigen Bundestagswahl in den Wahlkreisen bestimmen zu können, reicht es eigentlich auch auf die Umfragen der großen Institute zu gucken.

Dass das Forza-Institut die SPD ungern gut bewertet, ist ja schon lange klar. Aber diesmal treiben sie es echt auf die Spitze. Während alle Umfrage-Institute die SPD mindestens fünf, teilweise sieben Prozentpunkte vor den Grünen sieht, meint Forza, die Grünen hätten die SPD schon seit langem überholt.

Da fragt man sich manchmal schon, wie das zustande kommen kann. Denn normalerweise liegen Emnid, Infratest und Forza nicht besonders weit auseinander. Bedauerlicherweise ist die Forza-Umfrage dann auch gerade die, die über Stern und RTL die meiste Verbreitung erfährt. Und gerade da zeigt sich, wie Umfrage-Institute dann auch Meinungsbildung veranstalten können. Denn es gibt eine große Anzahl von Wähler (laut politikwissenschaftlichen Texten), die gerne den "Gewinner" wählen wollen und daher die vermeintlich stärkste Partei wählen.

Wie bei dem FDP-Jahr 2009 fragt sich aber auch im Grünen-Jahr 2010 kein Magazin und keine Zeitung, ob es überhaupt gut ist, dass die Grünen so gute Umfragewerte haben. Denn wenn man versucht, die Ergebnisse zu analysieren, dann kommen die Magazine höchstens auf die Idee, dass die Grünen schon lange keine unbequemen Sachen mehr angepackt haben. Aber ist das wirklich die Partei, die man haben möchte? Eine bürgerliche Partei, die zwischen SPD, CDU und FDP auswählt, wer ihr gerade zur Macht verhilft und dabei ihr Profil verliert?

Wobei es interessant wird, ob die Grünen bei einer möglichen nächsten Regierungsbeiligung (oder gar Leitung) aus den Erfahrungen der Ex-14%-FDP lernen werden.
Wobei das ja eigentlich egal sind, denn die Grünen können ja heute alles, von Jamaika über Schwarz-Grün bis Rot-Grün. Von Kohlekraftwerken in Hamburg bis Primarschulversuche im Saarland. Eine bunte Wundertüte. Super.

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Montag, 27. September 2010
Lokal daneben
Lokalzeitungen haben in der Regel einen eher mäßigen Ruf. Karnickelzüchtervereine, Schützenfeste und ähnliches bestimmen ihr Programm - sagt man. In meinem Landkreis ist die lokale Berichterstattung mittlerweile so weit heruntergefahren, dass es seit Jahren keinen Bericht über Tierzüchter mehr gab, denn pro größere Stadt gibt es mal gerade ein bis zwei Seiten Berichterstattung.
Der Rest der Zeitung besteht aus dpa-Meldungen und Kommentaren, die in Flensburg für beinahe alle Lokalzeitungen in Schleswig-Holstein produziert werden.

Und diese Kommentare sind häufig haarsträubend. Dabei liegen sie meist gar nicht so weit daneben, sondern sind häufig einfach extrem unbedeutend.

In Schleswig-Holstein stehen ja demnächst Neuwahlen an, weil der bisherige Landtag unter verfassungswidrigen Umständen gewählt wurde. Kommentar dazu: Möglichst bald, das Land darf nicht blockiert werden.
Was macht die Landesregierung: Sitzt es aus und gibt keine Ankündigung, wann Neuwahlen durchgeführt werden.
Reaktion der Lokalen: Nichts.

Dass Peter-Harry Carstensen nicht noch einmal antritt, ist seit langem klar. Jetzt hat er den Parteivorsitz der CDU an seinen Wunschnachfolger von Boetticher übergeben.
Kommentar: Wunderbar, Generationenwechsel in der CDU.
Das Ergebnis: von Boetticher wird ohne Gegenkandidat auf einem Parteitag von CDU-Delegierten zum Vorsitzenden gewählt und soll wohl auch nächster Spitzenkandidat werden.
Reaktion der Lokalen: Jubel!

In der SPD gibt es bereits einen Parteivorsitzenden, der noch ein Jahr seiner Amtszeit vor sich hat, Ralf Stegner. Für den Posten des Spitzenkandidat gibt es aber noch einen weiteren Kandidaten: Thorsten Albig.
Kommentar: Wunderbar, endlich hat Stegner Konkurrenz.
Die SPD entscheidet sich, dass die beiden Bewerber (und mögliche weitere Bewerber) durch alle Kreisverbände ziehen und sich dabei den Fragen der Mitglieder und (!) der Bevölkerung stellen. Danach kommt es - den amerikanischen Vorwahlen ähnlich - zu einem Votum. Letztendlich zählen aber nur die Stimmen der Mitglieder (aus parteirechtlichen Gründen).
Kommentar: Uh, sicher nur ein Trick Stegners, um Albig loszuwerden.
Daraufhin bewirbt sich auch noch die Elmshorner Bürgermeisterin Frontzek, um eine "zwei Lagerbildung" zu vermeiden. Sie glaubt, mit drei Kandidaten gehe es eher um Sachthemen.
Reaktion der Lokalen: Es gibt Streit in der SPD, die SPD ist in einem katastrophalen Zustand, das wird nichts, die Grünen werden stärker als die SPD.

Da fragt man sich doch, was der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag von Demokratie versteht.

Eigentlich müsste es doch eine Selbstverständlichkeit sein, dass es in einer Volkspartei mehrere, fähige Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten gibt. Und eigentlich müsste es auch selbstverständlich sein, dass die Mitglieder darüber abstimmen können und nicht ein Parteivorderer einen Nachfolger bestimmt!
Und ist es nicht eine gelungene Idee, die Meinung der Bevölkerung zumindest einzuholen, auch wenn sie nicht verbindlich ist?
Und ist das nicht furchtbar demokratisch beziehungsweise weitaus demokratischer als die Nominierung per Parteitag?

Aber nein, man muss sofort Streit suchen, wo gar keiner ist. Denn bisher haben die Kontrahenten noch kein schlechtes Wort über einander verloren - zumindest nicht öffentlich. Und wenn alles weiter so fair läuft, ist die Presse die einzige Institution, die Streit sieht und damit wieder einmal zeigt, wie schwach politische Berichterstattung in Deutschland eigentlich ist.

Denn mittlerweile ist es überall eigentlich so, dass politische Sachthemen in der Presse nicht zu finden sind. Vom Arbeitsparteitag der SPD werden nur Gabriels und Steinbrücks Reden erwähnt, bei Hartz-IV werden Allgemeinplätze ausgetauscht und bei Wahlen bewertet Spiegel Online die Wahlplakate anstatt die Wahlprogramme. Ein extrem schwaches Bild, was in Schleswig-Holstein, einem Bundesland, in dem alle Lokalzeitungen vom SHZ-Verlag produziert werden, noch schwächer ist.

Aber für viele steht ja spätestens seit dem Landesverfassungsgericht-Urteil fest, dass Schleswig-Holstein in Sachen Demokratie noch einiges zu lernen hat. Einige Leute, wie zum Beispiel die Extra-3-Redaktion, handeln aber immerhin zum Guten:

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Samstag, 25. September 2010
Selbstvertrauen ohne Youtube
Heute wurde der Internetauftritt der SPD "gerelauncht". "Die SPD hat wieder Selbstvertrauen" ist der Aufhänger am Eröffnungstag. Das scheint zu stimmen, denn die Sozialdemokraten scheinen es sich zuzutrauen, sich eine unübersichtlichere Seite leisten zu können. Die neue Seite bietet zwar deutlich mehr Möglichkeiten als die alte, wird aber jemanden der "nur" Informationen über die Partei haben möchte, eventuell etwas überfordern.

Dafür kann man jetzt wie bei der FDP und den Grünen nach einmaligem Registrieren Kommentare schreiben. Auf Dauer könnte man das System sogar zu einer Art "politisch-sozialen Plattform ausbauen". Das das gewollt ist, deutet das kommende Ende der "MeineSPD.net"-Plattform an.

Interessanterweise hat man alle möglichen Social-Networks und Plattformen eingearbeitet nur Youtube nicht. So kann man aktuelle Facebook und Twitter-Meldungen zum Thema SPD verfolgen und über Google-Maps die nächsten SPD Termine sehen, aber für die Videos hat man sich etwas Neues einfallen lassen und einen eigenen Player konzipiert.
Der Vorteil: Man kann die Videos jetzt runterladen, um sie z.B. auf dem Ipod zu sehen. Der Nachteil: Die SPD fängt mit ihrer Video-Sammlung wieder bei Null an.

Und das ist in einigen Punkten wirklich schade. Dadurch entgeht einem zum Beispiel Peer Steinbrücks Abschlussrede zur Finanzmarkttransaktionssteuerkonferenz der SPD aus der vorherigen Woche. Denn Streinbrück mag zwar zynisch, hart und manchmal unsozialdemokratisch sein. Aber abgesehen davon, dass er die letzten vier Jahre einen guten Job als Finanzminister gemacht hat, ist er auch einer der souveränsten, witzigsten und überzeugendsten Redner, die in Deutschlands-Politikzirkus derzeit tanzen. Und daher ist auch die Rede vom 13.09. die halbe Stunde, die sie einen kostet wert. Schade ist nur, dass über Youtube mal gerade erst 350 Leute zu ihr gefunden haben. So etwas sollte man in schmackhafte Häppchen verarbeiten und auf die SPD-Seite stellen. Und zwar von Anfang an, auch wenn man meint, man käme ohne Youtube aus.

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