Neue Homepage: Ich habe eine neue Homepage, die man unter www.gedankenecke.com erreicht. Zur Zeit werden Stück für Stück die mittlerweile über 1 000 Beiträge dieses Blogs von mir rüberkopiert (bin bei Oktober 2008 angekommen) und die neuen Artikel seit "Homepagegründung" sind da ebenfalls zu finden. Der größte Vorteil, den die neue Seite bietet ist, dass endlich jeder kommentieren kann und man sich nicht mehr registrieren braucht.
Dienstag, 25. Oktober 2011
Die Geschichte der Frauenbewegung (von Michaela Karl)
Das Reclam-Sachbuch "Die Geschichte der Frauenbewegung" zeichnet die Titelgebende Geschichte anhand der Entwicklung in Frankreich, England den USA und Deutschland nach. Dementsprechend ist das Buch also in erster Linie eine Skizzierung der westlichen Frauenbewegung.

Zu Beginn wird daran erinnert, dass die Frauenbewegung auch heute noch kaum ein Thema im Geschichtsunterricht ist. Dabei handele es sich bei ihr um die erfolgreichste soziale Bewegung der Moderne. Nicht nur der Satz zeigt, wie wichtig das Buch ist. Denn im weiteren Verlauf werden eine Reihe von Entwicklungen beschriebenen, die man tatsächlich weder aus dem Geschichtsunterricht noch aus Zeitungen entnehmen kann.

Das Buch ist in drei Abschnitte geteilt. Zunächst wird die Entwicklung bis zum zweiten Weltkrieg, die in erster Linie durch Kämpfe um allgemeine Rechte und das Wahlreicht gezeichnet ist, beschrieben. In dem zweiten Teil steht dann der "Feminismus", also wie sich eine Bewegung um die Verwirklichung der Frauenrecht gebildet hat, im Mittelpunkt. Der letzte Teil trägt den Titel "Gender" und skizziert aktuelle Entwicklungen und vor allem Differenzierungen der Bewegung.

Vor allem der erste und der letzte Teil sind dabei sehr interessant. Denn weder die umfangreichen Organisationen, die sich für das Wahlrecht und Frauenrechte im 19. Jahrhundert einsetzten, noch die kleinteiligen Bewegungen, die an die "bekannten" Akteurinnen der 60er und 70er Jahre anschlossen, lassen sich auch über durchschnittliche Medienkonsum aufgreifen.

In dem Buch werden viele Organisationen, Akteurinnen und Ereignisse angerissen. Das macht es teilweise zu kleinteilig. Allein die vielen Vereinigungen, die hier erwähnt werden, wird sich wohl niemand durch eine Lektüre merken können. Auch verliert man in einigen Beschreibungen leicht mal den Überblick, wenn sich eine Organisation mal wieder in mehrere Unterorganisationen aufgespalten hat, um sich später dann wieder zu vereinigen.

Zurück bleibt also das "große" Bild, in dem man vielleicht nicht jede Entwicklung durch das Buch nachvollziehen kann. Der Überblick über die Diskussionen, die theoretische Verwurzelung und die Probleme zu verschiedenen Zeitpunkten in den vier untersuchten Ländern ist jedoch durch das Werk gegeben. Da davon tatsächlich nur wenig an anderen Orten vermittelt wird, ist die Lektüre höchstwahrscheinlich gewinnbringend.

 

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Sonntag, 23. Oktober 2011
Gelesen: Apocalypsis
Das E-Book und andere digitale Verwertungsformen verunsichern die Verlage weltweit. Der Luebbe-Verlag in Deutschland versucht deswegen ein altes Konzept in das digitale Zeitalter zu retten. Der Bastei-Verlag, ein Bestandteil von Luebbe, wurde einst durch Heftromane erfolgreich. Dabei handelte es sich um Roman, die in Heftform herausgegeben wurden, zwischen 50 und 70 Seiten umfassten und Serien- beziehungsweise Zyklenartig aufgebaut waren. Heftromane gibt es immer noch, sie werden nur von kaum jemanden mehr gelesen. Waren sie einst die kurze Unterhaltung mit schlechtem Image für zwischendurch, mussten sie schnell diversen Fernsehserien weichen. Als Lesen dann immer uncooler wurde, verloren sie jugendliche Leser und fristen heute ein Schattendasein.

Das könnte sich nun ändern. Denn Luebbe bietet mit "Apocalypsis" seit einer Woche den ersten "Webnovel" an, der auffällig viele Ähnlichkeiten mit früheren Heftromanen hat.

Das Konzept

Der Autor Michael Giordano schreibt die Geschichte "Apocalypsis". Einmal in der Woche erscheint eine neue, etwa 40-seitige Episode. Die einzelnen Episoden werden als E-Book in diversen Formaten, als Hörbuch und für Smartphones auch als Mischung aus beidem angeboten. Zwölf Episoden bilden eine Staffel, die später auch gedruckt erscheint.

Eine ganz normale Text-Version im E-Book-Reader-Format epub kostet dabei 1,49€, Hörbücher können bis zu 1,99€ kosten. Den Prolog gibt es zum Reinschnuppern kostenlos.

Die Geschichte

Natürlich ist noch nicht ganz klar, worum es geht, lediglich der Rahmen ist nach dem Erscheinen des Prologs und der ersten Episode bekannt.

"Apocalypsis" erzählt von einer Verschwörung, die rund um den Vatikan und die katholische Kirche stattfindet. Der Papst ist zurückgetreten und der Journalist Peter Adams versucht herauszufinden, warum. Gleichzeitig geschehen merkwürdige Morde im Umfeld des Papstes und Peter Adams hat die Version, dass der Vatikan während der Papstwahl vernichtet wird.

Erzählstil

Der Erzählstil lehnt sich stark an Heftromane an. Die Story ist gradlinig und schnell erzählt. Gerade der Prolog weist ein irrwitziges Tempo auf und auf den 40 Seiten geschieht sehr viel. Die erste Episode nimmt zwar etwas Tempo aus der Geschichte, kann dem Leser aber dennoch ein ordentliches Erzähltempo bieten.

Im Gegensatz zu einem Heftroman, der oft eine abgeschlossene Geschichte erzählt, die dann mit anderen Romanen ein Gesamtbild ergibt, handelt es sich bei "Apocalypsis" jedoch wirklich um Episoden. Daher kann man nicht davon sprechen, dass Geschichten pro Ausgabe erzählt werden. Das liegt an dem geringen Seitenumfang.

Denn man kann nicht davon sprechen, dass die 4o-Seiten wirklich 40 gedruckten Seiten entsprechen. Während auf den ca. 60 Seiten eines Heftromans mit zwei Spalten pro Seite und relativ kleiner Schrift gearbeitet wird, hat man hier natürlich einen Fließtext und außerdem eher große Schrift. Dadurch ist man in kürzester Zeit mit dem Text durch und hat das Gefühl, eher einen Appetithappen vorgesetzt zu haben, als eine Geschichte.

Der Preis

Daher ist es auch fraglich, wie viele Leute wirklich auf Dauer bereit sind, den Preis von 1,49€ pro Episode zu bezahlen. Denn bei zwölf Episoden kommt man so auf 17,88€, wofür man auch schon so manches Hardcover-Buch bekommen kann. Zwar ist es über den geringen Seitenumfang möglich, mit relativ wenig Zeitaufwand am Ball zu bleiben. Andererseits wäre es unter diesen Umständen vielleicht sinnvoll gewesen, den Preis unter die psychologische 1€-Grenze zu drücken und den Preis der meisten Lieder zu fordern - nämlich 99 Cent.

Altbackene Story?

Nach der Ankündigung der Geschichte wurde schnell geunkt, dass man nur auf den "Dan Brown"-Zug aufspringen möchte und einen billigen Abklatsch produziert. Der Prolog und die erste Episode zeigen bis jetzt jedoch, dass das nicht wahr ist.

Natürlich ist der Kirchenthriller erst durch Dan Brown populär geworden. Aber Apocalypsis hat durchaus eigene Aspekte. Schon jetzt sind die Fronten sowohl klarer als auch vielschichtiger als zu Beginn mancher Brown-Romane. Denn es ist klar, dass die Geschichte sich um die Kirche handelt und viele Akteure sind schon bekannt. Andererseits ist nicht klar, wer hinter welchem Vorfall steckt. Hat der zurückgetretene Papst seinen Privatsekretär ermorden lassen? Oder war es sein Stellvertreter und ärgster Rivale? Oder war es eine dritte Kraft? Von dieser Art Fragen gibt es noch eine Reihe mehr. Selbst wenn es sich bei "Apocalypsis" also nur um einen Abklatsch handelt, wäre es also ein Guter.

Und zuletzt geht es in dieser Geschichte auch um deutlich mehr. Das Problem ist nicht, dass ein größenwahnsinniger Priester Papst werden möchte und es geht auch nicht um ein Artefakt. Stattdessen steht der Untergang der Welt auf dem Spiel. Diese Übetreibung ist durchaus typisch für heftromanähnliche Erzählformen und unterscheidet die Serie etwas von Brown.

Allerdings hat die Story einen ganz, ganz großen Störfaktor. Sie ist nämlich zeitlich determiniert. Zu Beginn vieler Kapitel steht das genaue Datum und das ist das Jahr 2011. Das wirkt einfach albern. Zwar hat man mehrfach das Gefühl, der zurückgetretene Papst (der ebenfalls aus Deutschland kommt) soll bewusst als Anti-Ratzinger dagestellt werden, um zu zeigen, was alles nach dem Tod von Johannes Paul dem II. hätte passieren können. Doch selbst wenn das die Absicht ist, ärgert das nichts an der Tatsache, dass die Jahresangabe extrem irritierend ist.

Fazit

Der Prolog und die erste Episode haben ihre Aufgabe eigentlich gut erfüllt. Es wird eine nicht unbedingt revolutionär neue und anspruchsvolle, aber dafür unterhaltsame und spannende Geschichte erzählt, von denen jeder Abschnitt mit einem gelungenen Cliffhangar endet. Allerdings muss man ehrlich sagen, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht stimmt. Für 1,49 bekommt man bei Itunes auch Serienfolgen, die selbst langsame Leser etwas länger unterhalten dürften. Es wäre schade, wenn der Testballon gerade an diesem überhöhten Preis scheitern würde. Ich werde noch ein- bis zwei weitere Episoden verfolgen. Aber für 17,88 für geschätzte 300 Seiten (in Druckform umgerechnet) erwarte ich doch mehr, als einfach nur ganz gut unterhalten zu werden.

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Samstag, 22. Oktober 2011
Traumzeit-Dämonen


"Traumzeit-Dämonen" bereitet Lilith und den Leser auf den anstehenden Roman "Apokalypse" vor. Dabei werden drei kleine Geschichten erzählt, wodurch das Heft recht kurzweilig wirkt.

Letztendlich passiert auf den 64 Seiten jedoch kaum etwas, außer mehrere Hinweise auf eine Bedrohung zu streuen und diese zum Schluss zusammenzuführen. Das ist ganz nett, aufgrund der abstrakten Gefahr fiebert man der "Apokalypse" jedoch weniger entgegen als wahrscheinlich gewünscht.

Vampira Band 13 - Traumzeit-Dämonen (von Adrian Doyle)

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Donnerstag, 20. Oktober 2011
Gelesen: Das kleinere Übel


Mit "Das kleinere Übel" geht der "Mission Gamma"-Minizyklus zu Ende. Der Roman kann auf drei gelungene Vorgänger zurückblicken und schließt die Reise der "Defiant" in den Gamma-Quadranten mit der bisher besten und kürzesten Geschichte ab. Dennoch bleibt die sich mittlerweile über drei Bände aufbauende Handlung im Alpha-Quadranten deutlich spannender.

In "Das kleinere Übel" laufen viele Fäden zusammen, die Story ist dicht erzählt und dennoch bleibt Platz für Auftritte der meisten Charaktere. Das ist kurzweilig und gut.

Star Trek - Deep Space Nine: Mission Gamma 4 - Das kleinere Übel (von Robert Simpson)

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Mittwoch, 19. Oktober 2011
Gelesen: Im Schatten des Feindes


"Der Schatten des Feindes" startet einen neuen "Sternenfaust"-Zyklus. Nach dem aufwühlenden Finale befindet sich die Hauptakteurin Dana Frost nun wieder 16 Jahre in der Serienvergangenheit. Drei Jahre zuvor ist der Sternenfaust-II-Zwischenfall viel glimpflicher abgelaufen. Kein "Sternenfaust"-Mitglied kam dabei zu Schaden. Seitdem hatten die Solaren Welten drei Jahre Ruhe, was sich mit diesem Roman freilich ändert.

Der Roman ist sehr gelungen, da er das damalige Serien-Feeling schnell wieder aufkommen lässt. Das ist gut. Vor allem die Brückenbesatzung der Sternenfaust-II wirkt sehr lebendig. Hinzu kommt noch, dass man scheinbar gewillt ist an alte Wirtschaftsthrillerhandlungen anzuknüpfen. Zumindest wird mit "Der Schatten des Feindes" ein weiterer gieriger und böser Konzern vorgestellt.

Die komplette Rezension findet man wie immer auf SF-Radio:

Sternenfaust Band 175 - Der Schatten des Feindes (von Thomas Höhl und Andreas Suchanek)

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Samstag, 15. Oktober 2011
Gelesen: Die Nacht von Lissabon (von Erich Maria Remarque)
Lissabon 1942 ein namensloser Ich-Erzähler hat gerade im Casino all sein Geld verloren. Er wollte genügend gewinnen, um sich ein Ticket nach Amerika kaufen zu können. Nun läuft das Visum von ihm und seiner Frau ab, ihm droht die Abschiebung in das von Nazis besetzte Frankreich. Da trifft er am Hafen einen Fremden, der ihm zwei Tickets nach Amerika anbietet. Als Gegenleistung muss er sich dessen Geschichte anhören. So zieht er mit einem anderen Emmigranten eine Nacht durch die Bars von Lissabon und erfährt die Geschichte des Mannes.

Die Szenen in Lissabon sind ruhig und gemächlich geschrieben. Für diese Nacht ist man in relativer Sicherheit, in jedem Lokal wird etwas gegessen und getrunken. Diese Abschnitte wirken beinahe heimelig, obwohl klar ist, dass der Fremde ohne seine beiden Tickets verloren ist.

Daher ist dem Leser auch klar, dass es einen Grund geben muss, warum der Exilant seine Tickets nicht mehr haben möchte. Die Antwort wird rasch offensichtlich: Er hat seine Frau verloren. Wie das geschieht, schildert er dem Ich-Erzähler.

Der Exilant nennt sich Schwarz, dieser Name steht auf dem Pass, den er einem verstorbenen Exilanten abgenommen hat. Schwarz wurde gleich zu Beginn der Machtübernahme in ein KZ eingesperrt, im gelang jedoch die Flucht. Aus Frankreich heraus schmiedete er den Plan, seine Frau wiederzusehen. Unter dem Einsatz seines Lebens gelingt es ihm, seine Frau in Osnabrück zu besuchen. Diese ist zunächst abweisend, fasst dann aber den Entschluss mit ihm ins Exil zu gehen. So verbringen sie viel Zeit auf der Flucht, bis Schwarz erfährt, dass seine Frau die ganze Zeit wusste, dass sei totkrank ist. Die Frau stirbt, Schwarz verlässt der Lebensmut.

Das Buch schildert also ein Flüchtlingsdrama, das besonders bitter ist. Mehrmals scheint die Flucht zu misslingen. Doch zum Schluss scheitern die Eheleute nicht an den Nazis oder den französischen Behörden sondern an einer unheilbaren Krankheit. Bei dieser tragischen Geschichte kennt der Leser den Ausgang bereits.

Nichtsdestotrotz ist die Geschichte gelungen und beklemmend erzählt. Die sich wiederholende Verzweiflung, wenn ein Visum ausläuft oder die Behörden einmal mehr willkürlich handeln, ist gut eingefangen.

In erster Linie geht es Schwarz darum, dass seine Erlebnisse nicht vergessen werden. Er hat bereits selbst das Gefühl, sich nicht mehr objektiv erinnern zu können. Daher schildert er - so stellt sich zum Schluss heraus - noch am Abend nach dem Tod seiner Frau seine Geschichte. Dabei wirkt es zunächst erstaunlich, wie ruhig Schwarz doch bleibt. Allerdings bringt ihn der Ich-Erzähler regelmäßig aus dem Konzept. Denn mit jedem Restaurant-Wechsel lässt der Erzähler einen kurzen und gut gemeinten Kommentar fallen. Doch Schwarz bekommt ihn regelmäßig in den falschen Hals, versteht etwas anderes als das, was der Erzähler meinte, oder reagiert einfach nur sehr sensibel. In diesen Momenten merkt man besonders, wie verletzt Schwarz eigentlich noch ist.

Über den Ich-Erzähler erfährt man kaum etwas. Erst das Ende bringt Informationen über sein weiteres Schicksal. Die Beziehung des Erzählers geht kurz nach der Flucht in die Brüche. Im Gegensatz zu Schwarz, der sich mit der Weitergabe seiner Geschichte und seines Passes auch von seiner bisherigen Geschichte zu lösen scheint, übernimmt der Erzähler jedoch einige Eigenschaften des originalen Schwarz. So beginnt er sich für Kunst, insbesondere Malerei zu interessieren. Auch die Geschichte bekommt er nie aus dem Kopf. Insofern ist der Plan des Exilanten zum Schluss aufgegangen, die Geschichte seiner Frau wurde nicht vergessen.

"Die Nacht von Lissabon" vermittelt eine authentische und tragische Geschichte einer Flucht aus der Einflusssphäre der Nazis im Jahr 1942. Die Tragödie bedeutet jedoch die Rettung für ein anderes Paar, das durch die Rettung jedoch nicht glücklich wird. Der Roman ist erst 1960 erschienen. Insofern geht es wahrscheinlich nicht nur Schwarz darum, dass seine Geschichte nicht vergessen ist. Remarque, der ebenfalls vor den Nazis flüchtete, ist nie nach Deutschland zurückgekehrt. Das Buch endet damit, dass eine weitere Flüchtlingswelle losgetreten wird: Diesmal von Ost nach West. "Die Nacht von Lissabon" ist insofern auch ein Plädoyer dafür, die Flüchtlingsschicksale des 20. Jahrhundert nicht zu vergessen, sondern aus ihnen zu lernen.

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Dienstag, 11. Oktober 2011
Der unbekannte Wähler (von Evelyn Bytzek und Sigrid Roßteutscher (Hg.))
Zeitungen und ihre Leser scheinen viel über "den" Wähler zu wissen. Die Jugend sei zur Zeit ganz besonders politikverdrossen. Der Politik läuft somit auch der Nachwuchs davon. Und die Zeit der Volksparteien sei sowieso vorbei. Der Sammelband "Der unbekannte Wähler - Mythen und Fakten über das Wahlverhalten der Deutschen" nimmt sich daher dreizehn dieser Mythen und vermeindlichen Fakten vor und widerlegt sie in überraschend vielen Fällen.

Die Mythen werden alle durch Zahlen widerlegt. So wird bei der Frage, ob Ideologie bei den heutigen Wählern keine Rolle spielt, erst einmal abgefragt, welche Ideologie die Wähler eigentlich haben. Dann werden die Befragten gebeten, die Parteien ideologisch zu verorten und zum Schluss wird geguckt, ob eine ideologische Wahlentscheidung vorlag. Der überraschende Wert: Noch immer Wählen die meisten Bürger die Partei, die ihrer eigenen ideologischen Positionierung entgegen kommt.

So oder so ähnlich wird bei allen Mythen vorgegangen. Das ist vor allem deswegen spannend, weil dadurch meist Ergebnisse zustande kommen, die der vorherrschenden Medienmeinung diametral gegenüber stehen.

Dennoch gibt es zwei negative Punkte. Die einzelnen Beiträge verstehen sich bewusst als Medienkritik. Daher werden in jeder Einleitung und in jedem Fazit zuhauf Zeitungsartikel zitiert. Viele davon hätte man sich sparen können, das einleitende Zitat genügt meist. Erstens ist die Zeitungszitiertmethode äußerst umständlich, es werden immer Autor, Zeitung und das Erscheinungsdatum genannt. Das mag korrekt sein, ist aber äußerst umständlich. Fußnoten oder ein indirekter Vermerk der Zeitung im Fließtext hätten auch gereicht. Zweitens wählen die Beiträge einen Ton, der die letzte, durch Zahlen bewiesene Wahrheit zeigt. Es wird zwar immer darauf eingegangen, woher und aus welcher Umfrage die Zahlen kommen, doch die Methode selbst wird seltenst angegeben. So ist der Leser dazu gezwungen, den Zahlen zu vertrauen. Auf diese Weise werden in gewisser Weise neue Fakten beziehungsweise Mythen geschaffen. Denn nicht in jedem Beitrag ist die Argumentationsstruktur so einleuchtend, wie die Autoren es darstellen.

Die dreizehn Beiträge werden durch ein ordentliches Fazit abgerundet. Darin werden alle Erkenntnisse noch einmal zusammengefasst. Und es wird darauf hingewiesen, dass in dem Werk lediglich Wählerdefinitionen widerlegt wurden. Also Aussagen lediglich verneint wurden. Die Aufgabe der Wissenschaft sei es nun, anstatt Thesen wie "Die Jugend ist politikverdrossen" zu Thesen darüber zu finden, warum sich Jugendliche politisch engagieren.Aber es gibt auch noch einen selbstkritischen Hinweis. In erster Linie werden in dem Buch Medien zitiert und kritisiert. Das Fazit weist jedoch auch darauf hin, dass viele wissenschaftliche Werke auf die untersuchten Mythen reinfallen oder durch reißerische Titel selbst zur Mythenbildung beitragen. Hier wünschen sich die Autoren auch in der Wissenschaft einen ruhigeren, differenzierteren Ton.

Insgesamt bilden die Beiträge des Sammelband einen angenehm anderen Standpunkt als die übliche Meinung und lassen deutlich positiver auf das Wahlverhalten der Deutschen blicken - solange man den Zahlen vertraut.

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Sonntag, 9. Oktober 2011
Gelesen: Freaks


Lilith hat die Ereignisse "hinter den Spiegeln" gut überstanden und einige Erkenntnisse über ihre Mutter erlangt. Nun muss sie sich jedoch mit einem kranken Jungen beschäftigen, der deutliche Vampirbissspuren aufweist. Die Suche nach dem dazugehörigen Vampir bringt sie zu einer "Freakshow" in der viele gebeutelte Menschen dem Hohn der Massen ausgesetzt sind. Überall dorthin wo die Show zieht, geschehen grausame Morde.

Die komplette Rezension zu dem gelungenen Einzelroman findet man wie immer auf SF-Radio:

Vampira Band 12 - Freaks (von Adrian Doyle)

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Freitag, 7. Oktober 2011
Gelesen: Transformation 3.0 (von Michael Müller und Johano Strasser)
Nach der industriellen Revolution und der Herausbildung des Wohlfahrtstaates bedarf es nach Ansicht der Autoren eine weitere Transformation der Wirtschaft und Gesellschaft, um Antworten auf "die Grenzen des Wachstums und der Globalisierung" zu geben. Daher beschäftigt sich dieses Buch in erster Linie damit, was anstelle des Wachstums stehen kann. Dabei nimmt das Konzept der "Nachhaltigkeit" einen großen Stellenwert ein.

Das Buch ist klar aufgebaut. Einer Einleitung folgt eine Erklärung, warum das derzeitige Wachstumsmodell dauerhaft nicht weiterfunktionieren kann. Dem entgegengestellt wird in einem dritten Teil das Konzept der "Nachhaltigkeit" sowie ein 15-Punkte-Plan für ein nachhaltiges "Gesamtkonzept". Im vierten Teil werden dann verschiedene Handlungsfelder näher beleuchtet und zum Schluss gibt es ein Fazit, das analysiert, warum ein Gesamtkonzept bisher gescheitert ist, warum es sich bei dem Plan um linke Politik handelt und zuletzt natürlich, warum ein Umsteuern nun notwendig ist.

"Aber noch immer sperren sich die meisten Politiker gegen die Erkenntnis eines Epochenumbruchs mit gewaltigen sozialen und ökonomischen, ökologischen und kulturellen Herausforderungen. Auch deshalb fehlt ein Gesamtkonzept für eine ökologische Wende." Diese Worte im Fazit zeigen ganz gut, worauf es diesem Buch eigentlich ankommt. Derzeit geht es in der Wirtschaftspolitik darum, Wachstum zu erhalten und auszubauen, Arbeitslosigkeit zu verringern, Inflation niedrig zu handeln und eine gute Außenhandelsbilanz zu haben. Dabei werden Maßstäbe wie das BIP verwendet, das selbst bei Wertvernichtung (Autounfall) wächst (Kosten für die Unfallbeseitigung). Dass dieses Modell angesichts knapper werdender Ressourcen nicht ewig weitergehen kann, ist klar. Die beiden Autoren orientieren sich - wie das obige Zitat zeigt - aber nicht nur an der ökologischen Komponente. Eine Wirtschaftstransformation könnte auch durch eine Ökodiktatur durchgesetzt werden. Für die Autoren geht es aber auch darum, eine wünschenswerte Transformation zu erreichen. Und dazu müssen die Menschen an der Transformation mitwirken, um sie auch zu akzeptieren. Somit bedarf es aus Sicht der Autoren mehr Demokratie, um den Wandel gelingen zu lassen.

Dies ist dann wohl auch der überzeugendste Aspekt des Buches. Kein politisches Handlungsfeld wird wirklich isoliert betrachtet. So wird selbst in dem kurzen Abschnitt "Die Ökonomie des Vermeidens" in einem Nebensatz darauf hingewiesen, dass alles gefördert werden muss, was natur- und sozialverträglich ist, während alles anderes vermieden werden sollte. Somit stehen trotz des Fokus auf eine nachhaltige Entwicklung immer die Bedürfnisse des Menschen im Mittelpunkt. Es wird nicht argumentiert, wir haben zu viel und müssen uns jetzt einschränken. Stattdessen wird nach einem neuen Gleichgewicht gesucht, bei dem nicht nur die Natur, sondern auch der Mensch gerechter behandelt wird, als in dem derzeitigen System.

Kernstück des knapp 130-seitigen Büchleins sind die "15 Eckpunkte auf dem Weg zur Nachhaltigkeit". Auch hier wird das Konzept konsequent angewandt. Statt nur auf Umweltforderungen wie die Reduzierung des Energieverbrauches (Punkt 1) zu setzen, werden auch Forderungen wie die Verkürzung der Arbeitszeit (Punkt 4) oder die Forderung nach einem nachhaltigen Finanzsystem (Punkt 7) erhoben. Dabei fällt angesichts der derzeitigen politischen Situation positiv auf, dass in der EU Potentiale als Katalysator für ein nachhaltiges Wettbewerbsgesetz (Punkt 11) sowie als nachhaltige Demokratie (Punkt 15) gesehen werden. Gerade die 15-Punkte machen deutlich, dass Nachhaltigkeit nicht dadurch geschaffen wird, dass man sich gänzlich auf den Umwelt-, Landschafts- oder Tierschutz stürzt. Stattdessen bedarf es eines Systems, dem die Ausbeutung von Umwelt und Mensch nicht mehr immanent ist. Insofern ist die "Transformation 3.0" eine sehr sozialdemokratische Angelegenheit, was die beiden Autoren im Fazit ebenfalls ausführen. Schließlich wird auf anstrengende Reformen statt auf Revolutionen gesetzt.

Ärgerlich ist an dem Buch lediglich der geringe Umfang. So bleibt vieles dann doch in der Schwebe. Die Richtung, die sich die Autoren wünschen, wird in dem Buch klar. Auch die groben Ziele und Impulse, die geschaffen werden sollten, sind klar. Praktische Ansätze finden sich jedoch selten. So ist das Konzept von "Dienstleistungspaketen" schön, aber unwahrscheinlich. Dabei stellen sich die Autoren vor, dass Unternehmen nicht mehr nur einzelne Produkte, sondern zusätzlich deren Anwedungsumgebung verkaufen und vermitteln. Ein Hersteller verkauft also nicht mehr einfach ein Auto und ist daran interessiert, bald wieder eins zu verkaufen, sondern er verkauft eine Lösung für "Mobilitätsprobleme". Das hört sich gut und nachhaltig an. Wie es aber gegen den Widerstand einer der größten Branchen Deutschlands durchgesetzt werden könnte, ist unklar.

In "Transformation 3.0" finden sich viele richtige und interessante Ansätze. Vor allem die Verbindung der Nachhaltigkeit mit sozialen Fragen, die viel zu lange nicht mehr diskutiert wurden (z.B. Zeit als Wohlstandsfaktor oder humane Arbeitsatmosphäre) überzeugt. Dabei bleiben die Autoren durchaus realistisch und betonen regelmäßig die enormen Anstrengungen, die für diese Transformation nötig sind und die unter anderem durch mehr Demokratie abgefedert werden sollen. Doch anstatt im letzten Kapitel Anwendungschancen und Bündnispartner zu skizzieren, werden noch einmal Grundsätze wie "wir sind für die Stärkung der Vereinten Nationen" niedergeschrieben. "Transformation 3.0" skizziert insofern einen nötigen Reformweg, der hoffentlich von der Sozialdemokratie eingeschlagen und praktisch konkretisiert wird.

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Dienstag, 4. Oktober 2011
Schmierige Journalisten
Spiegel Online hat einen weiteren Grund für die griechische Krise gefunden. Die Journalisten ließen sich schmieren und haben den Mächtigen nach dem Mund geredet. Somit tragen sie eine Mitschuld an dem derzeitigen Desaster. Auch wird in dem Artikel geschrieben, dass es zwar viele Medien in Griechenland gibt, aber dass keines profitabel arbeitet. Stattdessen werden einzelne Medien von Institutionen und Vereinen gehalten, um Einfluss auszuüben. Die Bezahlung der Journalisten sei dabei äußerst mäßig, die Qualität sehr gering.mehr

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