Neue Homepage: Ich habe eine neue Homepage, die man unter www.gedankenecke.com erreicht. Zur Zeit werden Stück für Stück die mittlerweile über 1 000 Beiträge dieses Blogs von mir rüberkopiert (bin bei Oktober 2008 angekommen) und die neuen Artikel seit "Homepagegründung" sind da ebenfalls zu finden. Der größte Vorteil, den die neue Seite bietet ist, dass endlich jeder kommentieren kann und man sich nicht mehr registrieren braucht.
Montag, 15. August 2011
Gelesen: A Game Of Thrones (von George R.R. Martin)
Eddard Stark ist der Lord des nördlichen Teil der sieben Königreiche. Sein Gebiet grenzt nördlich an einen kilometerlangen Wall, der das "zivilisierte" Königreich vor den Gefahren des Norden schützen soll.

Vor Jahren hat Stark mitgeholfen den grausamen König abzusetzen und einen anderen einzusetzen. Dieser König Robert reist nun zu seiner Burg nach Winterfell. Er möchte, dass Stark seine erste Hand wird und mit ihm in den Süden zieht. Eddard ist geneigt abzulehnen, denn er sieht seinen Platz im Norden. Doch die Witwe der vorherigen Hand sendet ihm eine Nachricht, aus der hervorgeht, dass Eddards Vorgänger ermordet wurde. Denn die Familie von Roberts Frau, die Lannisters, haben ihre eigenen Pläne mit dem Thron. Eddard zieht also in den Süden als erste Hand des Königs und begibt sich somit in einen Sumpf aus Intrigen und Verrat.

Derweil sind auf der anderen Seite der großen See die letzten Nachkommen des vorherigen Königs dabei, eine Rückeroberung der sieben Königreiche zu planen.

Und der Wall nach Norden ist mit viel zu wenig Männern besetzt, die zudem alle nicht auf der Höhe ihrer Kräfte sind.

"A Game Of Thrones" ist der erste Teil der Serie "Das Lied von Eis und Feuer". Auf Deutsch erschien der Roman in zwei Teilen mit den Titeln "Die Herren von Winterfell" und "Das Erbe von Winterfell".

Der Roman überrascht zunächst mit einem gleichsam realistischen und fantastischen Rahmen. Denn die Welt erinnert stark an des Mittelalter. Burgen, Ritterkodex und Waffen haben nichts fantastisches an sich. Die Ärzte sind zwar Magier, verwenden aber Kräuter und keine Zaubersprüche. Als das wirkt sehr realistisch. Auf der anderen Seite gibt es einen kilometerlangen Wall, der vor 8 000 Jahren gebaut wurde. Wie viele Fantasy-Welten scheint es also auch in dieser kaum Fortschritt zu geben. Außerdem wird immer wieder von magischen und gefährlichen Wesen hinter dem Wall geredet, von denen das Intro zu dem Buch einen kleinen Vorgeschmack gibt. Handfeste Beweise dafür erhält man jedoch nie. Daher ist das fantastische als Schatten immer vorhanden, wird aber in diesem Roman noch nicht greifbar.

Jedes Kapitel wird immer aus der Sicht eines Charakters geschrieben. Und davon gibt es viele. Das ist auch der einzig negative Punkt an diesem Buch, dass Martin es mit der Charakteranzahl beinahe ein wenig übertrieben hat. Denn während die Charaktere am Anfang noch alle in Winterfell sind und somit die selbe Geschichte erzählen, verstreuen sie sich im Laufe des Romans über das gesamte Königreich und erzählen eine Vielzahl von Handlungssträngen. Davon sind die meisten sehr gelungen, sodass man sehr unwillig ist, das Kapitel zu wechseln. Auf sonderbare Weise hemmt das teilweise den Lesefluss.

Außerdem merkt man dem Roman an, dass er der Auftakt zu einer Serie ist. Denn er kommt sehr langsam in Fahrt. Das ist nicht besonders schlimm, denn Martin kann dadurch zum Schluss Ereignisse vor einer sehr gut aufgebauten Kulisse erzählen. Doch im Mittelteil des Romans gibt es eine Entführungsgeschichte, in der ausnahmsweise mal die Guten einen Bösen entführen. Diese zieht sich etwas in die Länge und überzeugt nicht ganz.

Ansonsten ist der Roman aber hervorragend. Die Intrige ist klug aufgebaut, zumal es sich nicht nur um eine handelt. Denn es stellt sich heraus, dass viele Seiten ein Interesse am Thron haben. So gibt es am Ende des Romans drei Könige, eine Königin und einen rechtmäßigen Königskandidaten. Angereizt wird das "Spiel der Throne" noch durch ein paar Inzestgeschichten und dadurch, dass offensichtlich die Lannisters selbst nicht den ganzen Überblick haben.

Denn einige Kapitel werden auch aus der Perspektive des schwächsten Lannistermitglieds erzählt. Dadurch wird zum Ende deutlich, dass sie auch nicht mehr alle Machtverhältnisse überblicken können. "A Game Of Thrones" erzählt also, wie eine Intrige dazu führt, dass viel mehr davon geschmiedet werden und ein Königreich in viele kleine zerfällt. Ein Bürgerkrieg in den folgenden Bänden ist vorprogrammiert.

Neben den bisher klug gesponnenen Intrigen überzeugen aber auch die Charaktere und der Ton des Romanes. Die Charaktere erscheinen zunächst wie die typischen Typen aus Fantasy-Roman. Es gibt den edlen Lord, es gibt den verschlagenen, klugen Lord und es gibt den trunksüchtigen König. Doch im Gegensatz zu vielen anderen solcher Romane bemüht sich Martin darum, seinen Charakteren noch ein paar Schattierungen zu verleiehen. So sind die Lannister nicht komplett böse und die Starks treffen auch die eine oder andere ungerechte oder leichtfertige Entscheidung. Das macht den Roman spannender, weil die Charaktere nicht immer berechenbar agieren.

Die Stimmung ist recht düster. Obwohl es keinen großen, gefährlichen Gegner wie zum Beispiel im "Herrn der Ringe" gibt, ist die Stimmung permanent gedrückt. Das beginnt mit der winterlichen Stimmung im Norden und wird mit in den Süden getragen. Martin nimmt auch wenig Rücksicht auf seine Charaktere. So stirbt in diesem Roman zum Beispiel die vermeintliche Hauptperson Eddard Stark auf tragische Weise. Stark ist der typisierteste der Charaktere, weil er permanent an seiner Ehre festhält und sich immer nur korrekt verhält. Das einzige Fehlverhalten von ihm ist die Entsendung seines Bastards in den Norden. Aber auch das ist innerhalb seines Ehrenkodex fast eine Heldentat. Er wird des Verrats bezichtigt und gefangen genommen. Er ist aber natürlich im Recht. Ihm wird jedoch angedroht, dass nicht nur ihm, sondern auch seiner Tochter etwas angetan wird, wenn er seinen Verrat nicht zugibt. Gibt er ihn jedoch zu, würden sie beide verschont werden. Nach heftigem Ringen wendet er sich zum ersten Mal von seinem Konzept der Ehre ab und lügt. Daraufhin wird er dennoch hingerichtet. Das alles beschreibt Martin in einem knappen Kapitel, was die Stimmung natürlich noch einmal dunkeler werden lässt.

In diesem Jahr lief auch eine US-Fernsehserie mit demselben Titel. Daher gibt es zur Zeit die ersten vier Bände der Reihe auf Englisch in einem Schuber für gerade einmal 18€. Nach der Lektüre des ersten Romans scheint das ein gutes Angebot zu sein. Denn "A Game Of Thrones" ist zwar manchmal anstrengend zu lesen. Das liegt jedoch lediglich daran, dass Martin eine Vielzahl guter Charaktere verwendet und sich Mühe bei dem Aufbau "seiner" Welt, der sieben Königreiche, gibt. Gerade die Fülle an Charakteren nützt der zweiten Hälfte des Romans jedoch ungemein. Dabei wird auf 800 Seiten insgesamt eine sehr realistische, mittelalterliche und spannende Geschichte um Verrat, Intrige und Ehre erzählt, die zudem noch zwei zukünftig bedeutenden Nebenhandlungen (im Norden und auf der anderen Seite der See) verspricht.

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Sonntag, 14. August 2011
Gelesen: Gerecht denken - lokal handeln (von Thorsten Schäfer-Gümbel (Hg.))
In Berlin reagiert eine schwarz-gelbe Chaoskoalition, die kaum etwas zustande bekommt. Und wenn sie mal etwas beschließt, dann ist es meist ungerecht. Daher passt der Ansatz des Buches „Gerecht denken – lokal handeln“ gut in die derzeitige politische Situation in Deutschland. Der Untertitel „Kommunalpolitik als Gegenmacht“ macht deutlich, auf welche Ebene man zur Zeit noch am stärksten hoffen kann. Außerdem wäre auch die Grundidee, die Kommunalpolitik zum Ansatzpunkt einer gerechten Politik zu machen, gut. Denn sie ist von den Themen tatsächlich oft näher am Bürger, als der Mehrheit in Deutschland bewusst ist.

Daher versammelt Thorsten Schäfer-Gümbel in dem Sammelband aus dem Vorwärts-Verlag 17 Beiträge, die sich mit den Handlungsfeldern und den Möglichkeiten der Kommunalpolitik auseinandersetzen. Darunter finden sich viele gute Beiträge. Das Problem ist allerdings, dass ein wenig der rote Faden fehlt und dass die Anwendungsmöglichkeiten begrenzt sind.

Denn die Beiträge variieren hinsichtlich des Ansatzpunktes. Es ist schön, dass Olaf Scholz schildert, wie die landespolitische Diskussion zur Bildungsreform in Hamburg ablief. Für die meisten Kommunen in Deutschland ist das aber völlig irrelevant, denn die Bildungspolitik macht nun einmal das Land.

Auf der anderen Seite gibt es aber eine Reihe interessanter Denkanstöße und sogar ein paar praxis-orientierte Beispiele.

So beschreibt Hermann Scheer zum Beispiel wie erneuerbare Energieförderung auch eine gute Wirtschaftsförderung sein kann, Dietlind Grabe-Bolz zeichnet ein sehr differenziertes Bild von Bürgerbeteiligung und Thorsten Schäfer-Gümbel regt mit einem Beitrag zum Nachdenken über die digitale Spaltung an und dass sie am besten auf lokale Ebene gelöst werden kann. Viele weitere Betirage erklären, warum Probleme am besten oder besonders gut auf der lokalen Ebene gelöst werden kann und regen an, über die Möglichkeiten der Kommunalpolitik nachzudenken.

Heinz Hilgers beschreibt in einem der wenigen sehr praxis-orientierten Beiträge wie das Dormhagener Modell zur Bekämpfung von Kinderarmut aufgebaut ist.

Diese interessante Vielfalt sorgt leider auch dafür, dass dem Buch ein wenig der rote Faden fehlt. Wie kann die „Gegenmacht“ denn nun erreicht werden, wie können die guten Anregungen und Denkanstöße in die Praxis umgesetzt werden? Letzteres kann man natürlich nicht generell festlegen. Aber dafür könnte man Praxis-Anregungen geben. Und letztendlich fehlt ein generelles Fazit, das die Handlungsfelder zusammenfasst und beschreibt, wo Kommunen schon aktiv werden können und wo noch Gesetze und Zuständigkeiten geändert werden müssen.

Außerdem stellt sich die Frage, wer alles umsetzen kann. Denn letztendlich wird Kommunalpolitik aus einem Zusammenspiel von ehrenamtlichen Politikern und der Verwaltung gemacht. Die Stadtfraktion, in der ich bisher mitgearbeitet habe, war sehr fähig. Dennoch denke ich, dass es für sie schwierig gewesen wäre, diese Denkanstöße in praktische Politik umzusetzen. Die vielen guten Ansätze in diesem Sammelband schreien also danach, dass Thorsten Schäfer-Gümbel demnächst noch ein anschließendes Praxisbuch nachlegt.

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Freitag, 12. August 2011
Gelesen: Sterntagebücher (von Stanislav Lem)
Das Buch beginnt mit einem sehr gelungen Vorwort, das der Lektüre einen leichten Start verpasst. Der fiktive Professor Taratonga lässt sich darüber über die bisherigen Forschungen zu dem Buchtext aus und wehrt sich unter anderem gegen die Vorwürfe einige „Spinner“, dass die Sterntagebücher und die Erinnerungen nicht von Ion Tichy sondern von einem „Lem“ geschrieben sei. Da aber niemand sagen könne, was „Lem“ sei, wäre das gar nicht möglich.

Der restliche Text teilt sich dann in zwei Teile. Es gibt die Sternentagebücher und die Erinnerungen des Ion Tichy. Die Kapitel der Sternentagebücher tragen jeweils die Nummer der jeweiligen Reise. Sie beginnen mit der achten Reise, danach wird jedoch nicht jede weitere Reise erzählt, sondern einige werden übersprungen. Die Erinnerungen tragen zunächst einfach römische Nummern (und fangen sogar bei eins an) und haben später Titel.

Die Sternentagebücher sind sehr gelungen. Bei jeder einzelnen Reise handelt es sich um eine Kurzgeschichte. Sie enthalten allerdings durchaus mal Rückblicke auf vorherige Abenteuer oder Erklärungen zum Gesamtaufbau (es wird zum Beispiel durchaus erklärt, warum die Sternentagebücher mit der Nummer acht anfangen). Dabei wird an vielen Stellen deutlich, dass Tichy sich vieles ausdenkt. Denn allein die Reisedauern sind so lange, dass auch ein Hinweis auf Zeitreisen und damit verbundene Verjüngung nicht genügen dürfte.

Die Kurzgeschichten zeichnen sich durch eine große Themenvielfalt aus. Es geht um Zeit und Zeitverlauf, Genetik, Wissenschaft, Gesellschaftssysteme und viele weitere Themen. Lediglich die Problematik von Kriegen wird kaum angesprochen, was den Roman in angenehmer Weise von anderen „Science-Fiction“-Romanen abhebt.

Die meisten Kurzgeschichten sind prägnant kurz, in einigen Sätzen schreiend witzig und dennoch nachdenklich. Allerdings gibt es auch eine Reihe von langen Kurzgeschichten, die recht philosophisch wirken an einigen Stellen aber schon fast ins Laborieren abdriften.

Die Geschichten sind in den Momenten besonders stark, wenn Alltägliches in eine abstruse, technisierte Weltraumzukunftswelt übertragen wird und dabei zusätzlich wichtige Themen behandelt. Dabei ist es beachtlich, dass vieles aus dem Alltag gegriffen wirkt, obwohl der Text aus den 60er Jahren steckt. So wirken zwar viele technische Dinge etwas albern, vor allem die vielen atombetriebenen Geräte, aber viele Verhaltensweisen und Rituale, die Tichy in seiner Rakete betreibt (Abwachen, Dachboden aufräumen) könnten auch in einem normalen Haus vorkommen.

Schwächer sind dann die Erinnerungen Ion Tichies. Hier spielt kaum eine Geschichte mehr im Weltraum und es scheint als entwickele Lem eine Art Professoren-Fetisch. Denn hier geht es um die Entwicklungen und Ideen einiger Professoren, die Tichy entweder aufsuchen oder die er trifft. Das ist zwar ganz nett, langweilt an einigen Stellen aber auch Denn nicht immer tragen die Erfindungen, die Ideen und die Skurilität der Professoren eine ganze Kurzgeschichte.

Gerade im Vergleich zu den Sterntagebücher wirken die Erinnerungen etwas schwach, sodass man sich durch die zweite Hälfte des Buches in Erinnerung an die gelungenen Reisen aus der ersten Hälfte eher quält. Zwar gibt es auch Higlights wie eine große Waschmaschineneproblemaitk, aber viele Professorengeschichten sind doch etwas abstrakt und oft ist die Erkenntnis, die beim Lesen gewonnen werden soll im Gegensatz zu den Sterntagebüchern viel zu stark betohnt. Doch dann wird man durch die letzte Geschichte entschädigt. In der trifft Tichy auf einen Planeten, der im Norden von einem riesigen Drachen bewohnt wird. Das gesamte Gesellschaftssystem des Planeten ist darauf aufgebaut, diesen Drachen am Leben zu erhalten. Tichy kann das nicht verstehen, schließlich könnten sich die Bewohner doch auch selbst helfen. Da muss man ungewollt daran denken, dass seit 2008 alle Anstrengungen unternommen werden, unser Finanzmarktsystem zu retten. Dabei könnte man doch auch den Bewohnern der Erde helfen.

Insgesamt bieten die „Sterntagebücher“ jedoch eine äußerst gelungene Mischung aus gelungenen Tehmen, Witz und Nachdenklichkeit. Den zweiten Teil, die Erinnerungen, kann man jedoch durchaus überspringen, wenn man nicht an fiktiven, technischen Neuerungen aus der 60er-Jahre Perspektive interessiert ist.

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Donnerstag, 11. August 2011
Gelesen: Die Blutbibel


"Blutbibel" ist der letzte Teil der "Indien"-Trilogie. Der Roman erzählt zwar eine spannende, temporeiche Geschichte, doch leider bleibt von der Trilogie nicht viel übrig. Denn die Feinde Lilith und Landru arbeiten zwar zusamemn, doch zusammen erreichen beide nichts.

Insofern war der Ausflug nach Indien nett und spannend, hat aber langfristig kaum Auswirkunge. Das ist etwas schade.

Die komplette Rezension findet man wie immer bei SF-Radio:

Vampira Band 8 - Die Blutbibel (von Adrian Doyle)

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Mittwoch, 10. August 2011
Gelesen: Sturz der Titanen (von Ken Follett)
In „Sturz der Titanen“ erzählt Ken Follet die Geschichte von fünf Familien von 1913 bis in die Mitte der zwanziger Jahre hinein. Die Jahre vor dem Krieg und die Jahre danach werden sehr straff abgehandelt, der Fokus liegt eindeutig auf den Geschehnissen kurz vor, während und knapp nach dem ersten Weltkrieg. Follett erschaft in dem umfangreichen Werk eine Reihe von Charakteren und verbindet deren Schicksale miteinander und mit historischen Persönlichkeiten und Ereignissen. Aus einer Bergbauregion in Wales wählt er eine Arbeiterfamilie und eine adlige Familie, aus Deutschland eine deutsche, adlige Diplomatenfamilie, aus Amerika einen großbürgerlichen Diplomaten und aus Russland eine ehemalige Bauern- jetzt Arbeiterfamilie.

Mit allen Charakteren wird man schnell vertraut. Das liegt unter anderem daran, dass sie mit wenigen Schattierungen angelegt sind. Jeder Charakter steht für eine bestimmte Eigenschaft, die einem schnell vertraut ist. Es gibt den konservativen, englischen Landherr, der die „alten Zustände“ wiederherstellen oder bewahren will, seine Schwester hingegen ist eine Liberal die vehement fürs Frauenwahlrecht kämpft. In jeder Familie gibt es solche Gegensätze, wodurch Konflikte schnell abzusehen sind. Der Roman ist trotz typisierter Charaktere die meiste Zeit über interessant, weil die Konflikte gelungen sind.

Den in Folletts Roman nimmt der erste Weltkrieg zwar einen großen Platz ein, aber auch andere Konflikte werden nachgezeichnet. Zum Beispiel den Kampf der englischen Arbeiterklasse um Beteiligungsrechte, der Kampf der englischen Frauen um das Wahlrecht und der Kampf der russischen Arbeiterklasse, der letztendlich ja sogar in einer Revolution endet. Zum Schluss werden dadurch sogar die unterschiedlichen Kulturen in Russland und England dargestellt. Veränderungen werden in England durch kleine Schritte, evolutionär, vorgenommen, während sie in Russland durch massive Umschwünge, revolutionär, durchgesetzt werden. Vor allem die Konflikte zwischen Begüterten und Arbeitern und Gewerkschaften in England, die seit Thatcher und spätestens seit New Labour endgültig vergessen scheinen, sind interessant.

Follett gelingt es dabei, Sympathie für alle Seiten aufzubauen. Man mag zwar nicht gutheißen, was die Konservativen planen, aber aus Folletts Darstellungsweise sind ihre Handlungen immerhin verständlich. Man kann also verstehen, warum sie so handeln und weiß auch, dass es aus ihren Denkmustern heraus eigentlich keine Alternativen gibt. Diese Darstellungsweise überträgt Follett auch auf die nationale Konstellation. Er bemüht sich, die Schuld am ersten Weltkrieg an alle beteiligten Länder zu verweisen. Auch hier ist die Chronologie der Ereignisse sehr interessant.

Aber leider leidet der Roman an vielen Stellen auch daran, dass er etwas zu chronologisch ist. Durch die Fülle der Charaktere, die zudem in erster Linie Typen sind, ist unklar, was der Roman eigentlich erzählen will. Letztendlich ist er nämlich nichts anderes, als eine Chronologie des ersten Weltkriegs, des Kampfes um Beteiligungsrechte der Arbeiterklasse und um das Frauenwahlrecht. Als Chronologie glänzt der Roman an einigen, in Deutschland eher unbekannten Stellen, und schwächelt an einigen Bereichen, vor allem denjenigen, die Deutschland betreffen. So wird die Novemberrevolution in kaum mehr als einem Halbsatz erwähnt.

Dem Roman fehlt also ein eigenes Thema neben seinen fünf Familien. Und deren Verbindung wirkt an vielen Stellen doch arg konstruiert. Denn sie haben wirklich alle etwas miteinander zu tun und spielen alle in der Weltpolitik mit.

Außerdem ist die Darstellung des ersten Weltkriegs etwas vorsichtig. Follett versucht zwar an verschiedenen Stellen, den Grauen des Kriegs deutlich zu machen, es glingt ihm aber kaum. An den wenigsten Stellen wird der Schrecken wirklich greifbar, denn Follett traut sich nicht, einen seiner Hauptcharaktere zu opfern. Es gibt zwar gelungene Szenen, zum Beispiel der Gang eines Postboten in der walisischen Minenstadt nach einer großen Schlacht. Dabei bringt der Postbote zu jedem zweiten Haus eine Gefallenenmeldung. In den Schlachten werden Folletts Charaktere aber alle zu taktischen, strategischen Helden, sodass es scheint, als hätte man sich mit Geschick durch den ersten Weltkrieg bringen können. Dabei war das grausame dieses Krieges doch, dass Geschick und Können bei der industriellen Vernichtungsweise kaum etwas zählten.

„Sturz der Titanen“ ist ein fesselnder, gut zu lesender Roman, der mit Charakteren aufwartetet, mit denen man sich schnell identifizieren kann. Allerdings ist er über weite Teil nur eine episierte Chronik des ersten Weltkrieges, ihm fehlt ein eigenes Thema. Die von Beginn an angelegten Konflikte zwischen den Charakteren werden zwar ebenfalls gelöst, aber es gibt so viele Hauptpersonen, dass jeder Konflikt hinter der historischen Chronologie zurückstecken muss. Der Roman ist also gut zu lesen, ihm fehlt aber ein eigenes Thema.

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Dienstag, 9. August 2011
Gelesen: Das Vermächtnis des Kridan


Der oppositionelle Friedensprediger der Kridan, Satren-Nor, nimmt Kontakt zur Sternenfaust auf. Er möchte mit ihrer Hife dafür sorgen, dass ein neuer Raisa für das kridanische Imperium gefunden wird. Dafür hat er einen wilden Plan, der sogar die Wiederbelebung des eigentlich zum Tode verurteilten Sun-Tarin beinhaltet.

Die Jagd nach den richtigen Dokumenten zur Raisa-Wahl wird dadurch spannend, dass auch der kridanische Geheimdienst von Satren-Nors Plänen weiß. Die Jagd ist gut geschildert. Schwächen hat der Roman nur in der Schilderung des Kridan-Militär und der Schlachten, an denen die Sternenfaust teilnimmt. Zwar gibt es einen geschickten Kunstgriff, mit dem der Sieg der Sternenfaust erklärt wird, doch insgesamt ist die Sternenfaust zu häufig kurz vor der Niederlage.

Insgesamt bringt der Roman aber endlich wieder Klarheit in die Verhältnisse im kridanischen Imperium.

Die komplette Rezension zu dem Roman findet man auf SF-Radio:

Sternenfaust Band 170 - Das Vermächtnis des Kridan (vn Gerry Haynaly)

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Samstag, 6. August 2011
Gelesen: Der Kult


Der Kult ist der zweite Teil einer Trilogie, die mit Blutspur begonnen hat. Litlith folgt Landru mit Duncan Luther nach Indien. Dort erleben die beiden schnell ein Desaster, das für Duncan tödlich endet.

Die Geschichte ist weitestgehend spannend und wartet mit einem wirklich gelungenen Cliffhangar auf. Gleichzeitig zeigt sie aber auch, dass Lilith bisher eine recht egoistische Heldin ist.

Daher ist das nächste Heft gleich in dreifacher Hinsicht spannend. Wie wird der Cliffhangar aufgelöst, worum handelt es sich bei dem Kult und gelingt es endlich, Lilith auch einmal positive Eigenschaften anzudichten.

Die komplette Rezension kann man bei SF-Radio lesen:

Vampira Band 7 - Der Kult (von Adrian Doyle)

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Freitag, 5. August 2011
Gelesen: Kathedrale (von Michael A. Martin & Andy Mangels)


"Kathedrale" ist der dritte Teil der "Mission Gamma"-Miniserie. Im Gegensatz zu den vorherigen beiden Romane, geht es in dieser Geschichte nur am Rande um ein neu entdecktes Volk im Gamma-Quadranten. Stattdessen müssen sich Ezri, Bashir und Nog nach der Begegnung mit einem merkwürdigen Objekt im Weltraum auf tiefgreifende Veränderungen einstellen. Denn sie alle verändern sich zurück in etwas, was sie früher einmal waren. Vor allem bei dem genetische aufgewerten Bashir führt das zu ernsthaften Problemen.

Zusammen mit der Handlung auf der Raumstation "Deep Space Nine" konzentriert sich dieser Roman weitaus mehr auf die Charaktere der Serie als die vorherigen beiden Romane, die ebenfalls schon mehr Charakterszenen als Action aufweisen konnte. Auch im dritten Teil der Reihe gelingt das wieder sehr gut.

Die komplette Rezension findet man auf Trekzone:

Star Trek - Deep Space Nine: Mission Gamma - Kathedrale

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Sonntag, 17. Juli 2011
Gelesen: Le Voyage d'Hector ou la recherche du bonheur (von François Lelord)
Hector ist ein junger, talentierter Psychater, der eigentlich alles hat, um glücklich zu sein. Er hat einen tollen Job, eine erfolgreiche Freundin und ein sicheres Leben. Doch die vielen unglücklichen Menschen in seiner Praxis machen ihn nachdenklich. Er fragt sich, ob es wohl eine Formel für Glück gibt. Er selbst spürt, dass er unglücklich ist, weil er immer nur arbeitet und keinen Urlaub macht. Also nimmt er sich Urlaub und zieht in die Welt, um eine Formel für Glück zu finden. Seine Ergebnisse möchte er später einem bekannten Professor für Glück vorlegen und sie mit ihm diskutieren...

"Le Voyage d'Hector" ist märchenhaft erzählt. Der studierte Hector wird immer wieder als sehr intelligent beschrieben, bleibt aber meist in einer naiven Beobachterrolle. Gerade durch diese Erzählweise ist der Roman sehr leicht zu verstehen. Die kompliziertesten Worte sind in der Reclam-Ausgabe ausreichend erklärt, was nicht erklärt ist, kann man sich meist erschließen.

Hector reist von Frankreich nach China, Afrika und in die Vereinigten Staaten. In jedem Land macht er eine Reihe von Erfahrungen, die er in Lektionen festhält. Diese Lektionen werden im Verlauf des Romans immer wieder rekapituliert. Der Reclam-Kommentar merkt daher ganz richtig an, dass der Roman in gewisser Weise auch ein Ratgeber ist. Nur verpackt er die Tipps halt in eine nette Geschichte.

Denn Lelord bringt durchaus einige spannende Elemente in die Geschichte ein. In China verliebt sich Hector relativ schnell in eine chinesische Prostituierte. Im Verlauf des Romans muss er mit sich klären, ob es sich dabei um eine Schwärmerei oder um tatsächliche Liebe handelte. In Afrika wird er nicht nur mit enormer Armut konfrontiert, sondern auch entführt. Und auf dem Flug in die Vereinigten Staaten kommt er mit einer Krebskranken in Kontakt, die gerade einen Anfall hat. Solche Ereignisse, die immer wieder eingebaut werden, sorgen für etwas Spannung neben der Glückssuche.

Hectors große Stärke in seinem Beruf ist, dass er sowohl zuhören kann als auch Menschen wirklich mag. Sein Blickwinkel ist tatsächlich besonders. Vorurteilsfrei und distanziert geht er an alles ran und macht sich darüber Gedanken. Werten tut er nur sehr selten und wenn dann sehr abgeklärt. So erlebt man verschiedenlich Verbrechen, Wirtschaftsdenken und die negativen Auswirkungen der Globalisierung. Sie alle scheinen Hector zunächst völlig fremd, bis er dann beginnt sie ein wenig einzuordnen. Das führt dann zu uhrigen Lektionen wie der zwölften: "Le bonheur, c'est plus difficile dans un pays dirigé par de mauvais personne." Zu dieser Erkenntnis kommt er, nachdem er in Afrika sieht, wie Menschen hungern, weil die Machthaber schlecht regieren und korrupt sind.

Der Roman lebt aber auch von den vielen Nebenfiguren. Da ist eine Wahrsagerin, die psychatrische Hilfe braucht, weil sie nicht mehr wahrsagen kann. Es gibt einen chinesischen Mönch und vor allem die Freunde Hectors, die in der ganzen Welt verteilt sind. Sie sind entweder knallharte Manager, Entwicklungshelfer oder Wissenschaftler. Aber auch hier wirkt es bei jedem, als setze sich Hector zum ersten Mal mit ihren Tätigkeiten auseinander. Dieser unbedarfte Blick auf Bekannte Tätigkeiten und die "Erfüllung", die solche Tätigkeiten mit sich bringen, ist sehr erfrischend und macht den Roman interessant.

Zum Schluss bringt Lelord mithilfe des "Glücksprofessors" noch ein paar wissenschaftliche Erkenntnisse über Glücksgefühle mit in den Roman. Aber auch die Passagen über chemische Reaktionen im Gehirn bleiben überraschend verständlich. Außerdem gelangt Hector so an das schöne (wenn auch erwartete) Fazit, dass zum glücklich sein jeder ein paar seiner Lektionen braucht. Aber jeder braucht halt andere und bei weitem nicht alle.

"Le Voyage d'Hector" eignet sich gut, wenn man mit ordentlichen, aber nicht besonders guten Französischkenntnissen, mal einen längeren, guten Roman lesen möchte, der einen zudem trotz seiner einfachen Sprache etwas zum Nachdenken bringen soll.

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Samstag, 16. Juli 2011
Gelesen: Blutspur


"Blutspur" ist der Auftakt zu einer Trilogie. In dieser scheint Lilith endlich Sydney zu verlassen. Das ist gut, denn die Vampire in Sydney sind mittlerweile keine ernsthafte Bedrohung mehr.

Leider sieht auch Liliths Erzfeind "Landru" in diesem Roman nicht gut aus. Einmal übersieht er Lilith in seinem Schrank, dann entscheidet er sich auf einmal, dass die angeblich so gefährliche Lilith doch nicht so gefährlich ist. Diese Sprunghaftigkeit wirkt nicht glaubwürdig und lässt den angeblich mächtigsten Vampir in einem schlechten Licht darstellen.

Immerhin lässt sich der Roman gut lesen und mit etwas Glück wird die Handlung ja auch etwas sinniger, wenn Lilith sich erst einmal auf Landrus Fersen in Indien heftet:

Vampira Band 6 - Blutspur (von Adrian Doyle)

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