Mehr als die Summe vor dem Fall am Abgrund
Die aktuelle "Star Trek"-Kolumne auf dem Zauberspiegel beschäftigt sich gleich mit drei "Star Trek"-Serien. In den letzten Monaten sind bei Cross Cult Mehr als die Summe, Vor dem Fall und "Der Abgrund" erschienen.
Die drei Bücher sind recht unterschiedlich und zeigen die Vielfalt, die das "Star Trek"-Buchuniversum mittlerweile erzeugt hat.
Die Kolumne findet man wie immer auf dem Zauberspiegel:
Mehr als die Summe vor dem Fall am Abgrund
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Gelesen: Offenbarung 2 (von S.D.Perry)
"Offenbarung" ist der Auftakt zu der achten "Deep Space Nine"-Staffel in Buchform. Der Film ist - wie auch die Fernsehpilotfilme - in zwei Folgen geteilt. Er hat also gewissermaßen "Überlänge".
Der zweite Teil ist weitaus dynamischer und mitreißender als der erste, was aber auch daran liegt, dass das Buch nicht besonders dick ist.
Sowieso hätte man sich bei den beiden Büchern durchaus überlegen können, eins daraus zu machen. 480 Seiten wären bei einem "Star Trek"-Buch heute keine Seltenheit mehr.
Allerdings waren "Star Trek"-Bücher als die achte Staffel DS9 veröffentlicht wurde noch stinknormale "Alien of the week"-Stories, die locker auf 200 Seiten abgehandelt werden konnten. Gerade weil die achte Staffel DS9 dem ein Ende setzte, ist sie so besonders.
Die komplette Rezension findet man auf Trekzone (meine ist die Dritte):
Star Trek Deep Space Nine: Offenbarung Teil 2 (von S.D.Perry)
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Gelesen: Der Tele-Ring der Alendei
"Der Tele-Ring der Alendei" bringt die Handlung des Zyklus weiter nach vorn. Dabei werden einige Fragen beantwortet und alte Handlungsstränge wieder aufgenommen. Leider bleibt die Spannung an einigen Punkten unter dem Tisch.
Wie sich der Roman liest, kann man wie immer bei sf-radio nachlesen:
Sternenfaust Band 142 - Der Tele-Ring der Alendei (von Guido Seifert)
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Gelesen: Die SPD (von Franz Walter)
Wer die SPD verstehen will, muss ihre Geschichte kennnen, heißt es auf dem Buchrücken. Tatsächlich zeichnet Franz Walter die Geschichte der SPD in einem leicht verständlichen Stil nach. Dabei wird immer wieder deutlich, wie zwiegespalten die SPD häufig ist. Reformer und Sozialisten stehen sich ab dem Kaiserreich gegenüber. Beiden fehlen aber genaue Pläne, wie sie ihre Ziele erreichen können.
Sowieso hört es sich bei Walter immer so an, als hätte die SPD eigentlich nie wirkliche Pläne gehabt, wie sie die Gesellschaft gestalten möchte. Stattdessen referiert Walter häufig über die Parallelgesellschaften, die die Sozialdemokratie aufgebaut hat.
Daher kommen die Leistungen der SPD in dem Buch nicht wirklich durch. Das ist auch verständlich, schließlich sind Niederlagen viel interessanter.
Deutlich wird aber, dass die SPD immer dann besonders erfolgreich war, wenn sie verschiedene Persönlichkeiten an der Spitze hatte. Ob Brandt, Schmidt und Wehner oder Schröder und Lafontainer, es benötigte immer verschieden ausgerichteter Personen, um die ganze Bandbreite der Partei zu repräsentieren und somit erfolgreich zu sein.
Eine Lehre für die heutige SPD?
Recht hat Walter auch damit, dass die Generation, die unter Brandt in die SPD geströmt ist, scheinbar den weiteren Generationen den Einstieg in die SPD verbaut hat. Denn die 35-50 jährigen sind in der SPD tatsächlich eher unterrepräsentiert, was die Partei natürlich für jüngere unattraktiv macht.
"Die SPD" ist leicht und vor allem schnell runterzulesen. Viel hängen bleibt nicht, das meiste ist eh schon bekannt. Walters Zukunftsaussichten bleiben vage, das Krisenjahr 2009 ist noch nicht eingearbeitet.
Walter ist sonst ja auch immer wieder auf Spiegel online und co zu hören. Dort bläst er als erster in das "Die Spd ist am Ende"-Horn. Wollen wir hoffen, dass er damit in Zukunft unrecht hat.
Das könnte durchaus sein, denn zum Schluss beschreibt Walter einen möglichen Vorteil der SPD: Koalitionsoptionen. Wenn es der SPD gelingen sollte, einen starken wirtschaftspolitischen Flügel auszubilden, der soziale aber auch gute Wirtschaftspolitik macht, sind Bündnisse mit der FDP möglich. Ein Linker-Flügel könnte Bündnisse mit den Linken möglich machen. Das hört sich bei Walter aber irgendwie beliebig an. Allerdings ist das Buch ja auch eine Geschichte der Partei und keine Analyse der derzeitigen Lage.
Sowieso hört es sich bei Walter immer so an, als hätte die SPD eigentlich nie wirkliche Pläne gehabt, wie sie die Gesellschaft gestalten möchte. Stattdessen referiert Walter häufig über die Parallelgesellschaften, die die Sozialdemokratie aufgebaut hat.
Daher kommen die Leistungen der SPD in dem Buch nicht wirklich durch. Das ist auch verständlich, schließlich sind Niederlagen viel interessanter.
Deutlich wird aber, dass die SPD immer dann besonders erfolgreich war, wenn sie verschiedene Persönlichkeiten an der Spitze hatte. Ob Brandt, Schmidt und Wehner oder Schröder und Lafontainer, es benötigte immer verschieden ausgerichteter Personen, um die ganze Bandbreite der Partei zu repräsentieren und somit erfolgreich zu sein.
Eine Lehre für die heutige SPD?
Recht hat Walter auch damit, dass die Generation, die unter Brandt in die SPD geströmt ist, scheinbar den weiteren Generationen den Einstieg in die SPD verbaut hat. Denn die 35-50 jährigen sind in der SPD tatsächlich eher unterrepräsentiert, was die Partei natürlich für jüngere unattraktiv macht.
"Die SPD" ist leicht und vor allem schnell runterzulesen. Viel hängen bleibt nicht, das meiste ist eh schon bekannt. Walters Zukunftsaussichten bleiben vage, das Krisenjahr 2009 ist noch nicht eingearbeitet.
Walter ist sonst ja auch immer wieder auf Spiegel online und co zu hören. Dort bläst er als erster in das "Die Spd ist am Ende"-Horn. Wollen wir hoffen, dass er damit in Zukunft unrecht hat.
Das könnte durchaus sein, denn zum Schluss beschreibt Walter einen möglichen Vorteil der SPD: Koalitionsoptionen. Wenn es der SPD gelingen sollte, einen starken wirtschaftspolitischen Flügel auszubilden, der soziale aber auch gute Wirtschaftspolitik macht, sind Bündnisse mit der FDP möglich. Ein Linker-Flügel könnte Bündnisse mit den Linken möglich machen. Das hört sich bei Walter aber irgendwie beliebig an. Allerdings ist das Buch ja auch eine Geschichte der Partei und keine Analyse der derzeitigen Lage.
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Gelesen: Of Mice and Men (von John Steinbeck)
"Of Mice and Men" erzählt die Geschichte der beiden amerikanischen Wanderarbeiter Lennie und George. Sie ziehen von Farm zu Farm um sich etwas Geld zu verdienen. Der ständige Wechsel des Arbeitsplatzes wird durch Lennie nötig. Er ist ein Muskelprotz, ist sich aber seiner Kraft nicht bewusst, da er von äußerst schlichtem Gemüt ist. George bleibt ständig bei ihm und versucht ihn von Dummheiten abzuhalten. Das verschafft George zwar Respekt von anderen Arbeitern, aber immer auch Probleme, wenn Lennie wieder eine Dummheit begeht. Wenn er Lennie zu etwas anlieten möchte, erzählt er Lennie immer Visionen über eine Farm, die die beiden irgendwann kaufen möchten. Dort dürfte Lennie - wenn er keinen Fehler macht - die Kaninchen streicheln...
Die Novelle ist wunderbar geschrieben. Immer wenn George über die gute Zukunft schwärmt, gerät man auch als Leser ins schwärmen. Innig wünscht man sich, dass dieser Traum für die beiden Protagonisten in Erfüllung geht. Es ist aber von Anfang an absehbar, dass dies nicht gelingen kann.
Lennie tötet schon auf dem Weg zu der nächsten Farm immer wieder Mäuse. Er ist sich dessen gar nicht bewusst, möchte sie eigentlich nur streicheln. Im Gespräch mit George kristalisiert sich immer mehr heraus, dass Lennie begriffsstutzig ist.
Steinbeck skizziert mit den Arbeitern auf der Farm auch das Leben der Wanderarbeiter. Es ist kärglich und ohne Perspektive. Lennie verbreitet Georges Vision. Sie trifft auf ungeteilte Zustimmung, nur die "erfahreneren" Arbeiter wissen: Das kann nichts werden.
Dabei kommen George und Lennie ihrem Ziel zunächst näher. Sie verbünden sich mit einem Arbeiter, der eine Entschädigung für einen Arbeitsunfall bekommen hat. Dadurch müssen sie nur noch einen Monat weiterarbeiten, um das Geld für eine Farm zusammenzuhaben.
Natürlich passiert dann das unvermeidbare: Lennie begeht eine Dummheit. George hat ihn die ganze Zeit vor der gelangweilten Frau des Vorarbeiters gewarnt. Als alle Männer in der Stadt sind, macht sie sich an Lennie heran. Dieser tötet sie, ohne sich dessen wirklich bewusst zu werden.
Alle machen darauf Jagd nach Lennie. George findet ihn zuerst. Er weiß, dass der Rest Lennie lynchen wird. Daher bereitet er ihm, ein verhältnismäßig schönes Ende.
Der Leser weiß, dass George keine Alternative hat. Trotzdem ist es eine unglaublich grausame Tat. Eine Tat, die zudem auch ein anderer Wanderarbeiter zuvor tun musste, allerdings bei seinem Hund.
Mit Lennies Ende platzt auch der Traum von der gemeinsamen Farm. Die Träumereien, die sich so realistisch anhörten, platzen.
Lennie ist zum Schluss ungefähr so viel wert wie ein alter, blinder Hund oder eine der Mäuse, die er immer getötet hat. Nicht weil er bösartig ist, sondern einfach weil er imme wieder in Versuchung geführt wird und sich dessen überhaupt nicht bewusst ist. Lennie ist einer der sympatischsten Mörder.
"Of Mice and Men" kritisiert aber auch die Verhältnisse. Ärmliche Verhältnisse, unsichere Arbetisplätze, ausgegrenzte Farbige, all das findet man auf den wenigen Seiten. Steinbeck war selbst zwei Jahre Wanderarbeiter, weswegen seine Beschreibungen unglaublich realistisch wirken. Am längsten bleiben die kindlichen Hoffnungen der Arbeiter hängen. Hoffnungen, die sich nicht erfüllen können.
Die Novelle ist wunderbar geschrieben. Immer wenn George über die gute Zukunft schwärmt, gerät man auch als Leser ins schwärmen. Innig wünscht man sich, dass dieser Traum für die beiden Protagonisten in Erfüllung geht. Es ist aber von Anfang an absehbar, dass dies nicht gelingen kann.
Lennie tötet schon auf dem Weg zu der nächsten Farm immer wieder Mäuse. Er ist sich dessen gar nicht bewusst, möchte sie eigentlich nur streicheln. Im Gespräch mit George kristalisiert sich immer mehr heraus, dass Lennie begriffsstutzig ist.
Steinbeck skizziert mit den Arbeitern auf der Farm auch das Leben der Wanderarbeiter. Es ist kärglich und ohne Perspektive. Lennie verbreitet Georges Vision. Sie trifft auf ungeteilte Zustimmung, nur die "erfahreneren" Arbeiter wissen: Das kann nichts werden.
Dabei kommen George und Lennie ihrem Ziel zunächst näher. Sie verbünden sich mit einem Arbeiter, der eine Entschädigung für einen Arbeitsunfall bekommen hat. Dadurch müssen sie nur noch einen Monat weiterarbeiten, um das Geld für eine Farm zusammenzuhaben.
Natürlich passiert dann das unvermeidbare: Lennie begeht eine Dummheit. George hat ihn die ganze Zeit vor der gelangweilten Frau des Vorarbeiters gewarnt. Als alle Männer in der Stadt sind, macht sie sich an Lennie heran. Dieser tötet sie, ohne sich dessen wirklich bewusst zu werden.
Alle machen darauf Jagd nach Lennie. George findet ihn zuerst. Er weiß, dass der Rest Lennie lynchen wird. Daher bereitet er ihm, ein verhältnismäßig schönes Ende.
Der Leser weiß, dass George keine Alternative hat. Trotzdem ist es eine unglaublich grausame Tat. Eine Tat, die zudem auch ein anderer Wanderarbeiter zuvor tun musste, allerdings bei seinem Hund.
Mit Lennies Ende platzt auch der Traum von der gemeinsamen Farm. Die Träumereien, die sich so realistisch anhörten, platzen.
Lennie ist zum Schluss ungefähr so viel wert wie ein alter, blinder Hund oder eine der Mäuse, die er immer getötet hat. Nicht weil er bösartig ist, sondern einfach weil er imme wieder in Versuchung geführt wird und sich dessen überhaupt nicht bewusst ist. Lennie ist einer der sympatischsten Mörder.
"Of Mice and Men" kritisiert aber auch die Verhältnisse. Ärmliche Verhältnisse, unsichere Arbetisplätze, ausgegrenzte Farbige, all das findet man auf den wenigen Seiten. Steinbeck war selbst zwei Jahre Wanderarbeiter, weswegen seine Beschreibungen unglaublich realistisch wirken. Am längsten bleiben die kindlichen Hoffnungen der Arbeiter hängen. Hoffnungen, die sich nicht erfüllen können.
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Gelesen: Die Pest (von Albert Camus)
In der Stadt Oran gehen merkwürdige Dinge vor. Jeden Tag finden die Bewohner mehr tote Ratten. Der Arzt Rieux lässt sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen. Als allerdings auch Menschen unter seltsamen Beulen leiden, ist für ihn klar, dass es sich um die Pest handelt...
Aus diesem Setting könnte man jetzt einen super Sat.1 oder Pro7-Fernsehfilm machen. Die Pest taucht wieder auf, Ausnahmezustand, Revolte, Tod, Blut, Tralallala.
Das macht Camus natürlich nicht.
Der Roman braucht eine Weile, um in Fahrt zu kommen. Im ersten Kapitel werden anhand der Ratten die verschiedenen Charaktere eingeführt. Im Verlauf des Romans merkt man schnell, dass die Geschichte nach dem Vorbild eines klassischen Dramas mit fünf Akten aufgebaut ist.
Dadurch ist es dann auch nicht verwunderlich, dass das Tempo langsam anzieht.
Die Stadt Oran liegt in Algerien an der Mittelmeerküste. Zu dem Zeitpunkt der Entstehung des Romans ist sie noch Teil Frankreichs. Camus erzählt also den Ausbruch der Pest in einer Nachkriegsstadt.
Die Präfektur schließt kurz nach der Entdeckung der Pest die Tore der Stadt. Somit sind 200 000 Menschen eingesperrt. Die Schilderung der Trennung von Familien ist eine der bewgendsten Stellen des Romans.
Die Geschichte wird zu großen Teilen aus der Sicht Rieuxs beschrieben. Er ist der Arzt, der an vorderster Front gegen die Pest kämpft. Häufig werden aber auch Passagen aus dem Notizbuch Tarrous erzählt. Tarrou ist ein Gast in dem größten Hotel der Stadt und greift im Verlauf auch als medizinischer Helfer in den Kampf gegen die Pest ein.
Der Erzähler kommentiert die Lage von Zeit zu Zeit immer wieder nüchtern. Er betont auch, dass er einen möglichst neutralen Bericht geben möchte.
Neben Rieux und Tarrou gibt es noch eine Reihe weiterer Personen. Paneloux ist ein Prediger, der die Pest als Strafe Gottes sieht. Rambert ist ein Journalist aus Frankreich, dessen einziges Ziel es ist, die Stadt zu verlassen und zu seiner Verlobten zu kommen. Grand ist ein kleiner Rathausangestellter, der große Schwierigkeiten damit hat, seine Gedankengänge in Worte zu verwandeln. Cottard ist ein Mann, der große Probleme damit hat, sich in die Gesellschaft einzufügen. Doch in Pestzeiten blüht Cottard auf und genießt auf einmal das Leben.
Unter den Hauptcharakteren findet sich interessanterweise keine einzige Frau.
Es wirkt sehr merkwürdig, dass keine dieser Personen stirbt, während die Pest sich ausbreitet. Bis zu dem Punkt als die Pest ihren höchsten Ausbreitungsgrad erreicht hat, leben alle näher charakterisierten Personen.
Erst als die Pest schon abschwellt, werden auch einige von Rieux Freunden und Bekannten befallen.
Tarrou und Rieux entwickeln eine tiefe Freundschaft. Tarrou ist eines der letzten Opfer der Pest. Tragischerweise stirbt Rieuxs Frau ebenfalls, obwohl sie die ganze Zeit außerhalb Orans weilt. Sie war schon vorher krank.
Als die Pest schon abklingt, gelingt es ein Serum gegen die Seuche zu entwickeln. Die Pest verschwindet während des Winters und die Stadt kehrt zur Normalität zurück. Dies geschieht im fünften Kapitel.
Zu dem Zeitpunkt merkt Rieux auch, wie einsam er ist. Trotzdem scheint es, als habe er am meisten aus der Seuche gelernt. Er wirkt abgeklärter als vorher. Für ihn hat sich gezeigt, dass es sich lohnt, für die Menschen zu kämpfen.
Letztendlich gibt sich Rieux auch als Erzähler zu erkennen. Dadurch werden die nüchternen Kommentare des Erzählers verständlicher.
Am interessantesten fand ich während der ganzen Lektüre das Verhalten der Bewohner Orans. Camus widmet eigentlich jedem eine kleine Passage. Da gibt es die, die mit dem eingesperrt sein nicht klar kommen und sich frei kämpfen wollen. Es gibt die, die resignieren. Und vor allem gibt es die große Gruppe derjenigen, die einfach so weiter machen wie zuvor. Dafür verzweifeln die wenigsten. Jeder klammert sich an das letzte Fünkchen Hoffnung, selbst die Resignierten.
Die Beschreibungen der Eingesperrten wirken realistisch, was durch die nüchterne Art des "Berichts" noch verstärkt wird.
Der Ausbruch der Seuche ist eigentlich ja absurd. Zumindest glaubt man das. Aber da die Geschichte so realistisch erzählt ist und die Bewohner Orans auch sofort die Beispiele der verschiedensten Pestfälle aufzählen können, als wäre so etwas Allgemeinwissen, wirkt die eigentliche absurde Grundlage der Erzählung auf einmal normal.
"Die Pest" ist nicht unbedingt spannend. Dafür ist es interessant, den Kampf Rieuxs und seiner Mitstreiter in einer Stadt, die wie belagert wirkt, mitzuerleben. Denn den größten Teil seiner Arbeit bezeichnet Rieux als Kampf: Als Kampf für Leben.
Und das ist wohl auch eine der (wohl vielen) Aussagen des Buches: Trotz allem ist es nie vergebens, Leben zu verteidigen, indem man versucht zu heilen.
Aus diesem Setting könnte man jetzt einen super Sat.1 oder Pro7-Fernsehfilm machen. Die Pest taucht wieder auf, Ausnahmezustand, Revolte, Tod, Blut, Tralallala.
Das macht Camus natürlich nicht.
Der Roman braucht eine Weile, um in Fahrt zu kommen. Im ersten Kapitel werden anhand der Ratten die verschiedenen Charaktere eingeführt. Im Verlauf des Romans merkt man schnell, dass die Geschichte nach dem Vorbild eines klassischen Dramas mit fünf Akten aufgebaut ist.
Dadurch ist es dann auch nicht verwunderlich, dass das Tempo langsam anzieht.
Die Stadt Oran liegt in Algerien an der Mittelmeerküste. Zu dem Zeitpunkt der Entstehung des Romans ist sie noch Teil Frankreichs. Camus erzählt also den Ausbruch der Pest in einer Nachkriegsstadt.
Die Präfektur schließt kurz nach der Entdeckung der Pest die Tore der Stadt. Somit sind 200 000 Menschen eingesperrt. Die Schilderung der Trennung von Familien ist eine der bewgendsten Stellen des Romans.
Die Geschichte wird zu großen Teilen aus der Sicht Rieuxs beschrieben. Er ist der Arzt, der an vorderster Front gegen die Pest kämpft. Häufig werden aber auch Passagen aus dem Notizbuch Tarrous erzählt. Tarrou ist ein Gast in dem größten Hotel der Stadt und greift im Verlauf auch als medizinischer Helfer in den Kampf gegen die Pest ein.
Der Erzähler kommentiert die Lage von Zeit zu Zeit immer wieder nüchtern. Er betont auch, dass er einen möglichst neutralen Bericht geben möchte.
Neben Rieux und Tarrou gibt es noch eine Reihe weiterer Personen. Paneloux ist ein Prediger, der die Pest als Strafe Gottes sieht. Rambert ist ein Journalist aus Frankreich, dessen einziges Ziel es ist, die Stadt zu verlassen und zu seiner Verlobten zu kommen. Grand ist ein kleiner Rathausangestellter, der große Schwierigkeiten damit hat, seine Gedankengänge in Worte zu verwandeln. Cottard ist ein Mann, der große Probleme damit hat, sich in die Gesellschaft einzufügen. Doch in Pestzeiten blüht Cottard auf und genießt auf einmal das Leben.
Unter den Hauptcharakteren findet sich interessanterweise keine einzige Frau.
Es wirkt sehr merkwürdig, dass keine dieser Personen stirbt, während die Pest sich ausbreitet. Bis zu dem Punkt als die Pest ihren höchsten Ausbreitungsgrad erreicht hat, leben alle näher charakterisierten Personen.
Erst als die Pest schon abschwellt, werden auch einige von Rieux Freunden und Bekannten befallen.
Tarrou und Rieux entwickeln eine tiefe Freundschaft. Tarrou ist eines der letzten Opfer der Pest. Tragischerweise stirbt Rieuxs Frau ebenfalls, obwohl sie die ganze Zeit außerhalb Orans weilt. Sie war schon vorher krank.
Als die Pest schon abklingt, gelingt es ein Serum gegen die Seuche zu entwickeln. Die Pest verschwindet während des Winters und die Stadt kehrt zur Normalität zurück. Dies geschieht im fünften Kapitel.
Zu dem Zeitpunkt merkt Rieux auch, wie einsam er ist. Trotzdem scheint es, als habe er am meisten aus der Seuche gelernt. Er wirkt abgeklärter als vorher. Für ihn hat sich gezeigt, dass es sich lohnt, für die Menschen zu kämpfen.
Letztendlich gibt sich Rieux auch als Erzähler zu erkennen. Dadurch werden die nüchternen Kommentare des Erzählers verständlicher.
Am interessantesten fand ich während der ganzen Lektüre das Verhalten der Bewohner Orans. Camus widmet eigentlich jedem eine kleine Passage. Da gibt es die, die mit dem eingesperrt sein nicht klar kommen und sich frei kämpfen wollen. Es gibt die, die resignieren. Und vor allem gibt es die große Gruppe derjenigen, die einfach so weiter machen wie zuvor. Dafür verzweifeln die wenigsten. Jeder klammert sich an das letzte Fünkchen Hoffnung, selbst die Resignierten.
Die Beschreibungen der Eingesperrten wirken realistisch, was durch die nüchterne Art des "Berichts" noch verstärkt wird.
Der Ausbruch der Seuche ist eigentlich ja absurd. Zumindest glaubt man das. Aber da die Geschichte so realistisch erzählt ist und die Bewohner Orans auch sofort die Beispiele der verschiedensten Pestfälle aufzählen können, als wäre so etwas Allgemeinwissen, wirkt die eigentliche absurde Grundlage der Erzählung auf einmal normal.
"Die Pest" ist nicht unbedingt spannend. Dafür ist es interessant, den Kampf Rieuxs und seiner Mitstreiter in einer Stadt, die wie belagert wirkt, mitzuerleben. Denn den größten Teil seiner Arbeit bezeichnet Rieux als Kampf: Als Kampf für Leben.
Und das ist wohl auch eine der (wohl vielen) Aussagen des Buches: Trotz allem ist es nie vergebens, Leben zu verteidigen, indem man versucht zu heilen.
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Gelesen: Romeo und Julia auf dem Dorfe (von Gottfried Keller)
Schon der Titel der Novelle lässt den Ausgang derselben erahnen. Auch die grobe Handlung ist damit eigentlich schon vorgezeichnet.
Keller erählt die Tragödie sowohl in "vereinfachter" als auch in "witzigerer" Form.
Vereinfacht ist sie deswegen, weil das Charakterarsenal deutlich zurückgefahren wurde. Es gibt zwei Familien mit insgesamt fünf Mitgliedern. Daneben gibt es noch einen Landstreicher, der um sein Gut betrogen wurde. Der Rest der Charaktere ist für die Handlung mehr oder weniger unwichtig.
Witzig ist vielleicht der falsche Begriff, denn natürlich ist die Geschichte und gerade ihr Ausgang alles andere als witzig. Kellers Grund für den Konflikt der beiden Familien ist ein Acker. Dieser liegt zwischen den Äckern der beiden bodenständigen Bauernfamilien und wurde von eienr Familie gekauft. Nun streitet man sich über die Ackergrenze und treibt sich durch Anwaltskosten selbst in den Ruin. Dieser (sehr anschauliche) Konflikt verdeutlicht die Absurdität des Familienhasses.
Die beiden Familien geraten im Verlauf der Novelle beide an einen Abgrund. Nur die beiden Kinder, namens Vrenchen und Sali, tragen den Hass auf die anderen nicht mit sich. Nein, sie leiden sogar daran, dass ihre Familien zugrunde gehen.
Als sie sich nach Jahren begegnen, verlieben sie sich sofort ineinander. Nachdem sie feststellen, dass es für ihre Liebe keine Zukunft gibt, verbringen sie einen glücklichen Tag miteinander und bringen sich danach um.
Das Ende ist bitter. Der "glückliche" Tag nimmt einen großen Teil der Novelle ein. An dem Tag erlebt Vrenchen ein Leben als Braut. Außerdem diskutieren die beiden immer wieder, ob es nicht doch Chancen für ein gemeinsames Leben gibt. Immer wieder taucht auch eine Möglichkeit auf, die dann jedes Mal jäh verworfen wird. Wie in dem "Original" von Shakespeare führt das Verhalten der Familien (das eine Ehe unmöglich macht) zum Tod der Kinder.
Die Novelle macht aber auch Unterschiede zwischen Stadt- und Landbevölkerung deutlich. Denn die Familie Salis muss nach einer Weile in die Stadt ziehen. Dort geht es ihr genau so schlecht, aber Vrenchens Vater vermutet, dass sie dort alles haben, was sie brauchen. Gleichzeitig stellt sich heraus, dass die Dorfgemeinschaft, die eigentlich recht verschworen ist, Familien schnell fallen lässt, wenn sie sich runterwirtschaften. Auch keine angenehme Erfahrung.
In gewisser Weise ist auch Armut ein Thema der Novelle. Beide Familien verarmen selbstverschuldet. Darunter leiden aber in erste Linie die Kinder, die mit dem Streit nichts zu tun haben. Sie geraten unverschuldet in ärmliche Verhältnisse und müssen mit den Konsequenzen leben. In diesem Fall können sie mit den Konsequenzen eben nicht leben.
"Romeo und Julia auf dem Dorfe" ist eine recht einfallsreiche Umschreibung der Tragödie, die vor allem die dörfliche Atmosphäre authentisch darstellt. Dazu gibt es teilweise ausufernde Naturbeschreibungen, die sich der Stimmung der Novelle anpassen.
Insgesamt eine kurze, vorhersehbare Lektüre, die den Unsinn von Hass und gesellschaftlicher Regeln sowie das Leid, das durch Armut ausgelöst wird deutlich macht.
Keller erählt die Tragödie sowohl in "vereinfachter" als auch in "witzigerer" Form.
Vereinfacht ist sie deswegen, weil das Charakterarsenal deutlich zurückgefahren wurde. Es gibt zwei Familien mit insgesamt fünf Mitgliedern. Daneben gibt es noch einen Landstreicher, der um sein Gut betrogen wurde. Der Rest der Charaktere ist für die Handlung mehr oder weniger unwichtig.
Witzig ist vielleicht der falsche Begriff, denn natürlich ist die Geschichte und gerade ihr Ausgang alles andere als witzig. Kellers Grund für den Konflikt der beiden Familien ist ein Acker. Dieser liegt zwischen den Äckern der beiden bodenständigen Bauernfamilien und wurde von eienr Familie gekauft. Nun streitet man sich über die Ackergrenze und treibt sich durch Anwaltskosten selbst in den Ruin. Dieser (sehr anschauliche) Konflikt verdeutlicht die Absurdität des Familienhasses.
Die beiden Familien geraten im Verlauf der Novelle beide an einen Abgrund. Nur die beiden Kinder, namens Vrenchen und Sali, tragen den Hass auf die anderen nicht mit sich. Nein, sie leiden sogar daran, dass ihre Familien zugrunde gehen.
Als sie sich nach Jahren begegnen, verlieben sie sich sofort ineinander. Nachdem sie feststellen, dass es für ihre Liebe keine Zukunft gibt, verbringen sie einen glücklichen Tag miteinander und bringen sich danach um.
Das Ende ist bitter. Der "glückliche" Tag nimmt einen großen Teil der Novelle ein. An dem Tag erlebt Vrenchen ein Leben als Braut. Außerdem diskutieren die beiden immer wieder, ob es nicht doch Chancen für ein gemeinsames Leben gibt. Immer wieder taucht auch eine Möglichkeit auf, die dann jedes Mal jäh verworfen wird. Wie in dem "Original" von Shakespeare führt das Verhalten der Familien (das eine Ehe unmöglich macht) zum Tod der Kinder.
Die Novelle macht aber auch Unterschiede zwischen Stadt- und Landbevölkerung deutlich. Denn die Familie Salis muss nach einer Weile in die Stadt ziehen. Dort geht es ihr genau so schlecht, aber Vrenchens Vater vermutet, dass sie dort alles haben, was sie brauchen. Gleichzeitig stellt sich heraus, dass die Dorfgemeinschaft, die eigentlich recht verschworen ist, Familien schnell fallen lässt, wenn sie sich runterwirtschaften. Auch keine angenehme Erfahrung.
In gewisser Weise ist auch Armut ein Thema der Novelle. Beide Familien verarmen selbstverschuldet. Darunter leiden aber in erste Linie die Kinder, die mit dem Streit nichts zu tun haben. Sie geraten unverschuldet in ärmliche Verhältnisse und müssen mit den Konsequenzen leben. In diesem Fall können sie mit den Konsequenzen eben nicht leben.
"Romeo und Julia auf dem Dorfe" ist eine recht einfallsreiche Umschreibung der Tragödie, die vor allem die dörfliche Atmosphäre authentisch darstellt. Dazu gibt es teilweise ausufernde Naturbeschreibungen, die sich der Stimmung der Novelle anpassen.
Insgesamt eine kurze, vorhersehbare Lektüre, die den Unsinn von Hass und gesellschaftlicher Regeln sowie das Leid, das durch Armut ausgelöst wird deutlich macht.
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Gelesen: Spuren im Weltraumfriedhof
Die Sternenfaust wurde nach einer verheerenden Schlacht mit den Kridan wieder repariert. Doch anstatt zurück zu Front geschickt zu werden, fliegt sie auf Erkundungsmission in den Weltraumfriedhof. Dort erhofft sich die Militärleitung neue Erkenntnisse zu den Weltraumquallen.
Das aktuelle Sternenfaust-Heft schildert eine eher solide als spannende Mission. Dafür wird man mit interessanten Infos und einer gelungenen Nebenhandlung entschädigt.
Wie sich das liest, erfährt man wie immer auf sf-radio.de:
Sternenfaust Band 141 - Spuren im Weltraumfriedhof (von Guido Seifert)
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Gelesen: Chimären-Tanz
"Chimären-Tanz" ist ein Einzelroman, in dessen Zentrum die Handelsbesatzung der Merchant II steht. In einer Nebenhandlung zeichnet der Autor Stan Hamilton ein irres Bild eines unbewohnten Planeten, auf dem ein Genetiker das gesamte Ökosystem durch genetische Experimente verändert.
Wie sich das liest, erfährt man wie immer auf sf-radio:
Sternenfaust Band 140 - Chimären-Tanz (von Stan Hamilton)
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Gelesen: Hiobs Brüder (von Rebecca Gablé)
Gablés neuester "historischer Roman" konzentriert sich auf die Zeit des englischen Bürgerkriegs von 1135 bis 1154.
Die Autorin erzählt die Geschichte einer Gruppe behinderter Menschen. Sie alle sind auf einer Insel vor der Küste eines Klosters eingesperrt. Die Mönche des Klosters glauben, die Gebrechen der Beinderten seien eine Strafe Gottes, weswegen man die Allgemeinheit vor den Sündern schützen muss.
Nach einem Sturm gelingt es der Gruppe von der Insel zu fliehen. Das Abenteuer beginnt.
Ganz untypisch ist diesmal kein Ritter Hauptperson eines Gablés Roman. Stattdessen hat man die ersten dreihundert Seiten über das Gefühl, hier würde die Geschichte "normaler" Menschen erzählt werden.
Das ist ein sehr angenehmes Gefühl, denn so erlebt man - mehr als in den anderen Romanen - das harte Mittelalter, in dem jeder auf sich selbst gestellt ist. Sonst geschah dies nur, wenn der Held mal wieder auf der Flucht war.
Aber natürlich kann es in einem Gablé Roman nicht nur um einfache Menschen gehen. Es stellt sich heraus, dass Losian, der Mann ohne Gedächtnis, eigentlich ein nicht unmächtiger Ritter ist, der eine wichtige Rolle im englischen Bürgerkrieg spielt.
Auf den anderen sechshundert Seiten erlebt man daher, wie die Gruppe Ex-Gefangener auf einmal eine wichtige Rolle im Bürgerkrieg spielt.
Das ist natürlich enorm faszinierend. Wie immer gelingt es Gablé perfekt die verschiedensten Personen zusammenzuführen und glaubhaft auszuarbeiten. So fiebert man jede Seite mit und die 900 Seiten des Romans gehen wie im Flug vorbei.
Dabei sind die Charakter sowohl stereotyp als auch tiefgründig. Das hört sich erst einmal seltsam an. Tatsächlich sind die Guten restlos gut. Die Bösen sind demnetsprechend restlos böse.
Losian ist, auch nachdem er sein Gedächtnis wiedergefunden hat, der perfekte Edelmann. Die wichtigsten Gegenspieler sind gänzlich böse Menschen.
Trotzdem gibt einem Gablé das Gefühl, es mit vielschichtigen Persönlichkeiten zu tun zu haben. Die Guten müssen schwierige Entscheidungen treffen, die zwar immer gut gemeint sind, manchmal aber auch ganz schön nach hinten los gehen.
Sprich: Die eigentlich Eintönigkeit der Charakter fällt beim Lesen überhaupt nicht auf.
Das liegt zum größten Teil daran, dass die guten Charaktere enorme Wandlungen durchmachen. So entdeckt Losian - wie bereits erwähnt - wieder sein Gedächtnis. Simon, der Fallsüchtige, erkennt seine Begabung zur Diplomatie. Und auch die anderen Personen entwickeln sich, aber halt immer in eine gute Richtung, trotz all der schlimmen Situationen, in die sie geraten.
Stattdessen gelingt es Gablé durch das Buch sogar ein wenig über das Zeitalter der "Anarchy" in England zu informieren. Immerhin ist das ein Stück englischer Geschichte, die hierzulande gänzlich unbekannt ist.
Die Geschichte entwickelt sich im Laufe des Buches so weit, dass man kaum mehr glauben mag, dass es den Anfang überhaupt gegeben hat. Das ist diesmal natürlich besonders krass. Der Ausgangspunkt (Ankunft eines Fallsüchtigen auf der Insel) ist so weit vom Schlusspunkt (Ende des Bürgerkrieges herbeigeführt durch die Leistungen einiger Inselgefangener), dass es fast schon fantastisch wirkt, wie die Autorin solche Entwicklungen authentisch beschreiben konnte.
"Hiobs Brüder" reiht sich somit in die Reihe von Gablés anderen historischen Romanen ein. Er ist extrem spannend zu lesen, hat sympathische Charaktere, die zur Identifikation einladen, enthält eine schier endlose Reihe an schlimmen Situationen, ist nicht mehr aus der Hand zu legen und erzeugt zum Schluss wieder eine positive Stimmung.
Wobei das Ende von "Hiobs Brüder" sich aus der Reihe abhebt. Denn der skurilste Charakter aus dem Buch hat da noch einen letzten, mystischen Auftritt...
Die Autorin erzählt die Geschichte einer Gruppe behinderter Menschen. Sie alle sind auf einer Insel vor der Küste eines Klosters eingesperrt. Die Mönche des Klosters glauben, die Gebrechen der Beinderten seien eine Strafe Gottes, weswegen man die Allgemeinheit vor den Sündern schützen muss.
Nach einem Sturm gelingt es der Gruppe von der Insel zu fliehen. Das Abenteuer beginnt.
Ganz untypisch ist diesmal kein Ritter Hauptperson eines Gablés Roman. Stattdessen hat man die ersten dreihundert Seiten über das Gefühl, hier würde die Geschichte "normaler" Menschen erzählt werden.
Das ist ein sehr angenehmes Gefühl, denn so erlebt man - mehr als in den anderen Romanen - das harte Mittelalter, in dem jeder auf sich selbst gestellt ist. Sonst geschah dies nur, wenn der Held mal wieder auf der Flucht war.
Aber natürlich kann es in einem Gablé Roman nicht nur um einfache Menschen gehen. Es stellt sich heraus, dass Losian, der Mann ohne Gedächtnis, eigentlich ein nicht unmächtiger Ritter ist, der eine wichtige Rolle im englischen Bürgerkrieg spielt.
Auf den anderen sechshundert Seiten erlebt man daher, wie die Gruppe Ex-Gefangener auf einmal eine wichtige Rolle im Bürgerkrieg spielt.
Das ist natürlich enorm faszinierend. Wie immer gelingt es Gablé perfekt die verschiedensten Personen zusammenzuführen und glaubhaft auszuarbeiten. So fiebert man jede Seite mit und die 900 Seiten des Romans gehen wie im Flug vorbei.
Dabei sind die Charakter sowohl stereotyp als auch tiefgründig. Das hört sich erst einmal seltsam an. Tatsächlich sind die Guten restlos gut. Die Bösen sind demnetsprechend restlos böse.
Losian ist, auch nachdem er sein Gedächtnis wiedergefunden hat, der perfekte Edelmann. Die wichtigsten Gegenspieler sind gänzlich böse Menschen.
Trotzdem gibt einem Gablé das Gefühl, es mit vielschichtigen Persönlichkeiten zu tun zu haben. Die Guten müssen schwierige Entscheidungen treffen, die zwar immer gut gemeint sind, manchmal aber auch ganz schön nach hinten los gehen.
Sprich: Die eigentlich Eintönigkeit der Charakter fällt beim Lesen überhaupt nicht auf.
Das liegt zum größten Teil daran, dass die guten Charaktere enorme Wandlungen durchmachen. So entdeckt Losian - wie bereits erwähnt - wieder sein Gedächtnis. Simon, der Fallsüchtige, erkennt seine Begabung zur Diplomatie. Und auch die anderen Personen entwickeln sich, aber halt immer in eine gute Richtung, trotz all der schlimmen Situationen, in die sie geraten.
Stattdessen gelingt es Gablé durch das Buch sogar ein wenig über das Zeitalter der "Anarchy" in England zu informieren. Immerhin ist das ein Stück englischer Geschichte, die hierzulande gänzlich unbekannt ist.
Die Geschichte entwickelt sich im Laufe des Buches so weit, dass man kaum mehr glauben mag, dass es den Anfang überhaupt gegeben hat. Das ist diesmal natürlich besonders krass. Der Ausgangspunkt (Ankunft eines Fallsüchtigen auf der Insel) ist so weit vom Schlusspunkt (Ende des Bürgerkrieges herbeigeführt durch die Leistungen einiger Inselgefangener), dass es fast schon fantastisch wirkt, wie die Autorin solche Entwicklungen authentisch beschreiben konnte.
"Hiobs Brüder" reiht sich somit in die Reihe von Gablés anderen historischen Romanen ein. Er ist extrem spannend zu lesen, hat sympathische Charaktere, die zur Identifikation einladen, enthält eine schier endlose Reihe an schlimmen Situationen, ist nicht mehr aus der Hand zu legen und erzeugt zum Schluss wieder eine positive Stimmung.
Wobei das Ende von "Hiobs Brüder" sich aus der Reihe abhebt. Denn der skurilste Charakter aus dem Buch hat da noch einen letzten, mystischen Auftritt...
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