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Samstag, 26. Mai 2012
Der erste Thort


"Der erste Thort" zeigt, dass bei "Perry Rhodan Neo" doch ganze Geschichten erzählt werden können. Das ist für einen Augenblick nach der Lektüre angenehm überraschend, bis einem auffällt, dass die beiden erzählten Geschichten langweilig und vorhersehbar waren.

Die komplette Rezension findet man auf SF-Radio:

Perry Rhodan Neo 18 - Der erste Thort (von Michelle Stern)

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Donnerstag, 24. Mai 2012
Gelesen: Das Orakel vom Berge (von Philip K. Dick)
Der 1962 verfasste Roman spielt im selben Jahr in einer Alternativwelt. Die Achsenmächte haben den zweiten Weltkrieg gewonnen. Die Welt, insbesondere die USA, ist zwischen Japan und Deutschland aufgeteilt. Während das japanische Kaiserreich sich zu einem autokratischen, aber verhältnismäßig rechtsstaatlichen Regime gewandelt hat, treiben die Nazis weltweit ihr Unwesen. Nachdem sie den Völkermord an den Juden beendet haben, wandten sie sich Afrika zu, um nun zu den Sternen zu streben. Dabei nehmen die Spannungen zwischen den Nationalsozialisten und dem japanischen Kaiserreich immer weiter zu. Von alldem zunächst unbehelligt arbeiten Frank Frink und Robert Childan im japanisch besetzten Kalifornien. Weiße sind nur Bürger der zweiten Klasse, werden jedoch für ihre untergegangene Kultur geschätzt. Am meisten Geld verdient man daher mit dem Antiquitätenhandel, wobei die meisten "Antiquitäten" gefälscht sind. Zu Beginn der Handlung trifft der deutsche Agent Rudolf Wegener ein, der einen Angriff auf Japan verhindern möchte. Frinks Ex-Frau Julia trifft derweil im selbstverwalteten amerikanischen Süden auf einen Nazi-Agenten mit weniger guten Absichten.

Es geschieht wenig in Dicks Alternativweltroman. Die wichtigsten Ereignisse sind die Warnung vor dem drohenden Angriff der Nazis auf Japan und die Verhinderung eines Attentats durch Julia Frink. Trotz dieser Ereignisarmut liest sich der Roman fließend und spannend. Denn Dick zeigt einmal mehr, dass er eine komplexe Gesellschaft in knappen Augen entstehen lassen kann. Wenig wird erklärt, stattdessen kann der Leser sich aus dem Endergebnis den geschichtlichen Verlauf in der Alternativwelt zusammenreimen. Nur sporadisch werden Hinweise geliefert, woran die unterschiedliche Entwicklung zu unserer Welt liegen könnte. Es kristallisiert sich heraus, dass die fiktive Ermordung Franklin D. Roosevelts der Auslöser für die andere Entwicklung war.

Geschickt webt Dick einen Roman in seinen Roman. Unter dem Titel "Die Plage der Heuschrecke" veröffentlicht ein Südstaaten-Autor die Geschichte der siegreichen Alliierten. Jeder Charakter kommt in irgendeiner Form mit diesem Buch in Berührung, obwohl es von den Nazis verboten und von den Japanern nur toleriert wird. Dadurch erfährt der Leser Ausschnitte aus der Geschichte des Buches. Die Alliierten gewinnen zwar, aber die Geschichte nimmt dennoch einen anderen Verlauf. Großbritannien setzt sich in der nunmehr dritten Alternativwelt durch und lässt das britische Imperium wiederauferstehen. Dieser Version der Realität zeigt zum einen, dass die Bewohner einer japanisch-deutsch dominierten Welt sich keine pluralistisch-demokratische Weltordnung vorstellen können - denkt man heute. Denn 1962 bestand in der west-ost-Konfrontation ja noch die realistische Gefahr eines dritten Weltkrieges. Letztlich spielt Dick hier also mit verschiedenen Blockmöglichkeiten.

Erwähnenswert ist die wiederholte Rolle des titelgebenden Orakels. Hier stellt sich gegen Ende heraus, dass dessen Tipps das Buch "Die Plage der Heuschrecke" ermöglicht haben. Das große Vertrauen der Japaner und der Bürger in den von ihnen besetzten Gebieten in das Orakel ist beachtlich, fast alle Charaktere benutzen es als Grundlage für ihre Entscheidungen.

Der Roman ist zusätzlich berührend, weil er Amerikaner in einer unterdrückten Rolle zeigt. Das ist man sonst nicht gewöhnt. Die Besatzungsregime sind dabei so gesichert, dass niemand an Widerstand zu denken scheint. Es wird von keinem Charakter daran gedacht oder davon berichtet. Zwar gibt es nach der Lektüre der "Plage der Heuschrecken" durchaus Gedanken darüber, ob der jetzige Zustand richtig ist. Aktionen werden aber keine geplant. Auch gegen die Deutschen Verbrechen regt sich kein Widerstand. Das Reich leidet trotz seiner geographischen Stärke und seiner technologischen Übermacht an Führungsquerelen und einer schwachen Wirtschaft. Das nutzen aber weder die Japaner noch Widerstandsgruppen. Das Grauen muss akzeptiert werden, die Bürger der Erde arrangieren sich damit. Im Vergleich dazu wirkt das Japanische Kaiserreich wie ein Hort der Toleranz. Die japanischen Besatzer, mit ihrer Begeisterung für die untergegangene amerikanische Kultur wirken fast ein wenig niedlich. Das ist erschreckend, schließlich war das Kaiserreich ebenfalls für viele Verbrechen verantwortlich.

Interessant ist eine Szene, in der ein japanischer Firmenchef sich im Wahn unsere heutige Welt vorstellt. Die vielen Autos, die in der Welt des "Orakel vom Berge" durch Raketen ersetzt sind, und die weiße amerikanische Mehrheitsgesellschaft sorgen bei ihm für ein schreckliches Bild von unserer Realität.

Philip K. Dick zeigt mit "Das Orakel vom Berge", welches schlimme Schicksal die Menschheit erlitten hätte, hätten die Alliierten den zweiten Weltkrieg nicht gewonnen. Das ist noch keine Leistung, die knappe, dennoch komplex und realistisch wirkende Darstellung zusammen mit der erschreckenden Darstellung der angepassten, relativ gut lebenden und jeder Möglichkeit des Widerstand beraubten Amerikaner machen den Roman sehr lesenswert.

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Sonntag, 20. Mai 2012
Gelesen: Der Spieler (von Fjodor Dostojewskij)
In Roulettenburg wartet ein verschuldeter General auf den Tod seiner kranken Mutter. Das Erbe der vermögenden Frau würde seine Situation schlagartig ändern und die Hochzeit mit einer reichen Frau ermöglichen. In seinem Anhang befindet sich Aleksej Iwanowitsch, aus dessen Perspektive die Geschichte erzählt ist und der in die Tochter des Generals, Polina, verliebt ist. Seine Liebe wird zunächst nicht erwidert. Dann taucht die Mutter plötzlich kerngesund auf und verfällt dem Roulettespiel. Auch bei Aleksej machen sich schleichend Zeichen der Spielsucht bemerkbar.

Die knappe Erzählung wirkt wie ein Rausch. Von Anfang an ist der Leser gefangen in der Dynamik der Geschichte. Die Intrigen im Anhang des Generals, in dem es in erster Linie darum geht, den tölpelhaften General um sein Erbe zu bringen, sind für sich bereits spannend. Dazu gesellt sich die ständige Bedrohung durch die Spieltische. Der Ich-Erzähler selbst analysiert scheinbar neutral und mit einem gewissen Abstand die verschiedenen Typen von Spielern. Da wirkt es noch unmöglich, dass er selbst dem Glücksspiel verfallen kann. Seine heftigen Gefühlsausbrüche gegenüber Polina, die seine Liebe nicht erwidert und ihn gnadenlos ausnutzt, deuten jedoch darauf hin, dass keineswegs ein nüchterner Mensch ist.

An vielen Stellen ist die Geschichte urkomisch. Der habgierige Anhang wird durch die sehr vitale und plötzlich auftauchende Mutter desillusioniert. Als diese dann beginnt, ihr gesamtes Vermögen am Roulettetisch zu verlieren, greift Panik um sich. Daraus entstehen hektische, unbedachte und häufig sehr komische Situationen.

Der Ich-Erzähler leidet derweil an seiner unerfüllten, aber heftigen Liebe zu Polina. Er ist nicht in der Lage, ihr irgendeinen Wunsch auszuschlagen. An dieser Konstante lässt sich im Verlauf der Geschichte der Fortschritt seiner Spielsucht ablesen. Zum Schluss ist er nicht mal in der Lage, das Glücksspiel hinter sich zu lassen, als er erfährt, dass Polina ihn doch lieben würde, wenn er zu ihr käme. Die Sucht hat ihn so gepackt, dass sie seine Liebe überwiegt beziehungsweise Gefühle gar nicht mehr zulässt.

Trotz des übersichtlichen Umfangs der Erzählung ist sie reich an skurrilen Charakteren und Unterhaltungen. Einige davon sind offen rassistisch, wenn zum Beispiel darüber diskutiert wird, dass Russen allgemein empfänglich für die Spielsucht sind. Im Nachwort wird dieses Problem immerhin etwas eingeordnet. Im Größtenteil sorgen die Charaktere und die gewitzten Dialoge aber für gute Unterhaltung.

„Der Spieler“ ist eine erschreckende, aber ungemein fesselnde Erzählung, die sowohl mit unterhaltsamen und interessanten Charakteren aufwartet als auch die zerstörende Kraft von Glücksspielen eindringlich verdeutlicht.

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Gelesen: Entführt von Skianern


Die Sternenfaust und ihre Besatzung sind auf der Suche nach dem sechsten Akoluthorum. Sie finden es auf einem Planeten mit einem interessanten Volk, auf dem sich unglücklicherweise auch die mächtigen Skianer befinden. Da die Besatzung das zu spät bemerkt, kommt es beinahe zu einer Katastrophe.

Mit diesem Roman tauchen zum ersten Mal die Skianer direkt in der Serie auf. Bisher hat man nur von ihnen gehört. Es stellt sich leider heraus, dass die Skianer nicht besonders pfiffig sind.

Die komplette Rezension findet man auf SF-Radio:

Sternenfaust Band 190 - Entführt von Skianern (von Christian Schwarz)

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Donnerstag, 17. Mai 2012
Gelesen: Imperium (von Christian Kracht)
Der Deutsche Engelhardt hat zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Vision. Der überzeugte Vegetarier glaubt fest daran, ein besserer Mensch zu werden, wenn er sich ausschließlich von Kokosnüssen ernährt. Daher siedelt er in eine deutsche Pazifikkolonie über und betreibt dort eine Kokosnussplantage. Er hält stoisch an seinem Ziel fest, sich ausschließlich von Kokosnüssen zu ernähren. Dabei räumt er vermeintliche Jünger aus dem Weg und ignoriert die Welt, die um ihn herum untergeht.

Dem Roman kann zugute gehalten werden, dass er äußerst dicht erzählt ist. Auf gerade einmal etwas mehr als hundert Seiten wird nicht nur Engelhardts krudes Gedankenwerk ausgebreitet, sondern auch die Geschichte vieler anderer Inselbewohner erzählt. Kracht schafft dabei in erster Linie Stereotypen, die im Lauf des Romans keinerlei Wandlungen durchlaufen. Das gelingt ihm aber gut, man kann sich die meisten Typen sofort vorstellen. Oft sind die Charaktere merkwürdig genug, um Interesse zu erwecken.

Kracht bemüht sich dabei immer, die großen Konflikte der jeweiligen Zeit mit einzubinden. Daher wimmelt es von Rassisten, Antisemiten und Fortschrittsgläubigen. Das ist teilweise recht anstrengend. Indem Kracht überkommene Denkmuster darstellt, produziert er viele rassistische Szenen. Die Einwohner der Inseln sind extrem primitiv dargestellt. Kritisch dürfte vor allem sein, dass Kracht Kanibalismus als bewiesene Tatsache ansieht. Krachts Bemühen auf die Denkweisen der damaligen Zeit einzugehen, ist weitestgehend anstrengend. Das liegt in erster Linie daran, dass es tatsächlich bemüht wirkt.

Engelhardt entfernt sich im Laufe des Romans der Zivilisation immer mehr. Es geht ihm psychisch und physisch immer schlechter. Zwei Jünger schließen sich ihm nacheinander an. Beide entfernt Engelhardt auf herzlose Weise aus seiner Welt. Das Ende des Romans suggeriert, dass Engelhardts Kokosnussdiät tatsächlich ein kleines gesundheitliches Wunder (eine Lepra-Heilung) vollbringen kann. Dabei verfällt Engelhardt in alberne Marotten (Daumenlutschen), Selbstkannibalismus und Mordlust. Das ist meist eklig zu lesen. Völlig überrascht ist der Leser, als Engelhardt nach dem zweiten Weltkrieg ohne weiteres in der Lage dazu ist, amerikanischen Soldaten seine Lebensgeschichte zu erzählen. Nachdem er zuvor nicht in der Lage war, zu einem Freund ein Kommunikationsverhältnis aufzubauen, ist das Ende verwirrend und wirkt unrealistisch.

„Imperium“ ist an den Stellen stark, in dem man den Habitus eines maroden Reiches und dessen mörderischer Lebenseinstellung spüren kann. Dass man aus dieser Lebenseinstellung nicht entfliehen kann, indem man auf eigene Faust versucht, einen utopischen Lebensentwurf in die Realität umzusetzen, zeigt das Schicksal Engelhardts. Doch leider geht dieser Teil der Geschichte zu oft hinter ekligen Wunden Engelhardts, primitiven Ureinwohnern und kindermissbrauchende Kapitänen unter.

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Sonntag, 13. Mai 2012
Gelesen: Silber (von Steven Savile)
Dreizehn Engländer verbrennen sich gleichzeitig in dreizehn verschiedenen Städten. Zuvor verkündet jeder von ihnen vierzig Tage des Terrors, an deren Ende der Glaube fallen wird. Die Welt ist geschockt. Während die Medien noch rätseln, was geschehen ist, ruft Sir Charles Windham sein geheimes Team zusammen. Das besteht aus vier ehemaligen Geheimdienstmitarbeitern, alle mit illustrer Vergangenheit, und einem äußerst geschickten Hacker. Charles Windham sitzt seit vielen Jahren im Rollstuhl, weiß aber bereits, dass die Judas-Sekte hinter dem aktuellen Wirbel steckt. Sechs Personen müssen nun herausfinden, mit welchen Methoden die Sekte die Menschheit terrorisieren möchte.

"Silber" ist spannend und kurzweilig geschrieben. Die Kapitel sind nicht zu lang, es geschieht viel. Der Autor schreibt dabei angenehm ausgewogen. Um den Judas-Mythos enthüllt er eine Reihe von Theorien. Das braucht häufig mehrere Seiten und ist teilweise kompliziert. Diesen spannenden, aber langwierigen Ausführungen stellt Savile viele Action-Szenen gegenüber. So wechseln sich Geschichtslektionen mit Verfolgungsjagden und Schießereien regelmäßig ab.

Die Darstellung des Mythos ist dabei besonders gelungen. Der Autor erweckt mit diesem Roman tatsächlich den Eindruck, alles was sein Team erfährt und erlebt, könnte tatsächlich so geschehen sein. Das ist für einen Religionsthriller bereits ein wichtiger Schritt. Einzig die Rückblenden in die Zeit nach Judas Tod hätte man sich sparen können. Diese Szenen wirken wie ein Nachspiel , von dem, was man bereits in der Gegenwart erfahren hat. Abgesehen davon, dass sie dem Leser wohl zeigen sollen, dass es sich bei dem Dolch tatsächlich um das Silber, das Judas für den Verrat an Jesus erhalten hat, handelt, haben sie keinerlei Funktion.

Saviles Charaktere sind allesamt skurril. Sie alle haben eine bewegte Geschichte hinter sich, die in dem Roman meist nur mit ein paar Sätzen kommentiert wird. Nur bei der einzigen Frau im Team, Orla, und Windham wird ausführlicher auf die Vergangenheit eingegangen. Das ist einerseits angenehm, da Romane mit ständigen Rückblicken häufig konstruiert und bemüht wirken. Andererseits bleiben die meisten Charaktere dadurch blass. Keiner der "Guten" erlebt im Roman eine Wandlung. Und bis auf Orla erlebt niemand eine wirklich schlimme Situation. Daran kann kein Charakter wachsen. Außerdem sind alle Teammitglieder die reinsten Tötungsmaschinen, denen es leicht fällt, alleine sechs Feinde auszuschalten. Das wirkt an einigen Stellen unrealistisch.

Ärgerlich ist zudem, dass trotz der dichten Handlung wenig geschieht. Der Leser erfährt bis zum Schluss zwar alle Zusammenhänge (oder glaubt das zumindest), das Team selbst erreicht jedoch wenig. Es gelingt, zwei Bösewichte auszuschalten. Doch den grausamsten übersieht man und so geht der Plan der Sekte doch in Erfüllung. Das erscheint am Ende eines vierhundertseitigen Roman, der nicht als Beginn einer Reihe gekennzeichnet ist, doch etwas enttäuschend. Der Cliffhanger ist zweiffelsohne gelungen, schöner wäre es aber gewesen, wenn der Fall in diesem Roman zu Ende gebracht worden wäre.

"Silber" ist ein flott geschriebener Roman, der mit einem gut gestrickten Religionsmythos aufwarten kann. Leider bleiben die Charaktere hinter der Komplexität der Geschichte zurück. Obwohl jeder eine Besonderheit aufweist, wirken sie hölzern und können selten überzeugen. Wer den Roman liest, muss sich darauf einstellen, dass hier lediglich der Mythos entstrickt wird. Die eigentliche Handlung wird wohl erst in der Fortsetzung einsetzen.

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Donnerstag, 10. Mai 2012
Gelesen: Ein König für Deutschland (von Andreas Eschbach)
Vincent ist ein Hacker. Er hat den notorischen Tick, in seinen Viren eine Signatur zu hinterlassen, was ihm eine schnelle Verurteilung einbringt. Vorbestraft möchte ihn niemand einstellen, bis sich eine IT-Firma erbarmt. Dort erhält er nach kurzer Zeit den Auftrag, ein Verfahren zu entwickeln, um elektronische Wahlmaschinen zu manipulieren. Nach verschiedenen Testversuchen wird das Projekt in Amerika fallen gelassen. Doch ein zwielichter Mann mit Verbindungen zur Mafia zwingt Vincent das Programm zu verfeinern, um es in Deutschland einzusetzen. Vincent kann kurz nach der Vollendung des Programms fliehen und schickt das Programm an seinen Vater in Deutschland: Simon König. Der hat nun ein Verfahren in der Hand, Wahlen zu manipulieren.

Andreas Eschbach ist es sehr wichtig, dass der Leser weiß, dass alles, was in dem Roman geschildert wird, theoretisch möglich ist. Daher finden sich viele Fußnoten in dem Buch. Das ist ganz nett, gerade am Anfang jedoch etwas übertrieben. Gegen Ende, wenn regelmäßig das Grundgesetz zitiert wird, erfüllt das zwar einen gewissen Bildungsauftrag, ist für den Fortgang des Romans aber nicht besonders nützlich.

Denn die Geschichte tritt dadurch etwas in den Hintergrund und die Lektüre wird durch das Anliegen des Autors dominiert. Eschbach weist zurecht darauf hin, dass Wahlcomputer der Manipulation Tor und Tür öffnen. Daher muss immer darauf verwiesen werden, dass der in dem Buch geschilderte Irrsinn tatsächlich möglich ist. Das wird leider zu offensiv betrieben. Etwas mehr Story, weniger Plädoyer wäre nützlich gewesen.

Der Roman teilt sich in mehrere Teile. Zunächst erlebt man über einen langen Zeitraum mit, wie Vincent dazu kommt, das Programm zu erstellen. Das verwundert zunächst. Denn auf dem Buchrücken erfährt der Leser bereits, dass Vincents Vater irgendwann zum Deutschen König gekrönt wird. Das ist wie der Titel ungünstig, zu vorhersehbar ist die Handlung.

Dennoch ist dieser Teil nicht ganz schlecht. Das liegt, wie im Rest des Romans, an Eschbachs kurzweiligem und unterhaltsamen Srachstil. Alles liest sich flüssig, obwohl die Charaktere alle eindimensional sind, kann man sich mit ihnen identifizieren.

Der zweite Teil ist der beste. Hier erhält Simon die CD und sie wird ihm sofort wieder geklaut. Danach macht der Kleinbürger und Lehrer Simon mit einigen Hackern Pläne, wie sie eine Manipulation der Wahlen verhindern können. Dieser Teil ist gelungen, weil Simon langsam in seine Rolle wechselt. Vincent hat auch in dem Wahlfälschungsprogramm eine Signatur hinterlassen. Also muss die Gruppe eine Partei mit Vincents Initialien gründen: VWM, Volksbewegung für die Wiedereinführung der Monarchie.

Dieser Teil ist geprägt durch viele Interviews Simons, die alle sehr real wirken. Die Art und Weise wie die Medien auf diese Splitterpartei eingehen und daraus eine kleine Sensation machen, wirkt lebensnah. Dieser Abschnitt des Buches ist skurril und dadurch spannend. Außerdem nähert sich Simon hier immer mehr den phrasendreschenden Politikern an, die unerfüllbare Dinge versprechen. Nur bei ihm weiß man, dass er es gut meint. Auch das dürfte bei politisch weniger interessierten Lesern, für einen kleinen Lerneffekt sorgen. Für politisch gebildete Leser macht das keinen Unterschied.

Leider fällt das Ende stark ab. Die VWM wird mit überwältigender Mehrheit gewählt, es waren zu viele Wahlmaschinen im Einsatz. Daraufhin wird Simon König zum König gekrönt, weil die Initiatoren der Partei selbst nicht mehr glauben, dass sie alles manipuliert haben. Dieser Größenwahnsinn ist albern. Die Aufklärung der ganzen Geschichte lässt zu wünschen über. Einige Hacker verschwinden einfach spurlos, der ursprüngliche Auftraggeber wird ermordet, bevor er den Trick, wie er so viele Maschinen mit dem Manipulationsprogramm ausstatten konnte, verraten kann. Am Ende erhält Simon, der sich die ganze Zeit über moralisch richtig verhalten hat und die Königswürde einfach ablehnt, ein eigenes Schloss von einem Industriellen gestellt. Dieser Kitsch zum Ende ist etwas übertrieben. Auch die Wiedervereinigung mit seiner Ex-Frau geht ein Stück zu schnell und wird nicht überzeugend erzählt.

„Ein König für Deutschland“ greift ein wichtiges Thema auf. Wie können wir sichere Wahlen mit unsicheren Maschinen garantieren? Die Möglichkeiten der Manipulation zeigt Eschbach in dem ersten Teil der Handlung ordentlich auf. Im Mittelteil erlebt man unterhaltsam und gut zu welchen Absurditäten die Medien in Deutschland in der Lage sein könnten. Außerdem gelingt es Eschbach hier unterhaltsam einen Wahlkampf zu schildern, wenn auch für eine Spaß-Partei. Zumindest Simons Aussagen sind hier sehr beachtlich und sind für politikferne Leser sicherlich lehrhaft. Das Ende fällt dann leider stark ab, hier hätte es einer besseren Auflösung bedurft. „Ein König für Deutschland“ ist ein kurzweiliger Roman, mit einem wichtigen Thema. Die einzelnen Teile des Romans sind von höchst unterschiedlicher Qualität.

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Sonntag, 6. Mai 2012
Gelesen: Sozialismus (von Thomas Meyer)
Eine kurze, knappe und leicht verständliche Einführung in das Thema möchte Thomas Meyer mit diesem Teil der Reihe "Elemente der Politik" bieten. Diese Ziele erfüllt der kleine Band ganz gut.

Das Buch ist in sieben Teile geteilt, worunter sich auch eine knappe Einleitung befindet. Der Fokus liegt danach auf der Geschichte des Sozialismus. Von dem Impuls zum Sozialismus (Kapitel 2) über den Sozialismus im 19. und 20. Jahrhundert (Kapitel 3 und 4) bis hin zu den Perspektiven des Sozialismus (Kapitel 5). Dabei werden die einflussreichsten und bekanntesten Strömungen beleuchtet. Auch totalitäre Ausprägungen wie der Leninismus und der darauf basierende Trotzkismus finden Beachtung. Generell liegt der Schwerpunkt aber auf westlichen, demokratischen Auslegungen des Sozialismus. Dabei treten durchaus interessante, weniger bekannte Theoriestränge zutage wie zum Beispiel der religiöse Sozialismus.

Ein deutlicher Schwerpunkt des Buches liegt auf der Theorie der Sozialen Demokratie. Das ist kein Wunder, denn der Autor beschäftigt sich auch in weiteren Büchern ausführlich mit dieser Weiterentwicklung des Sozialismus. Ob jedoch, wie zuletzt festgehalten, der Sozialismus tatsächlich in einem langen und schmerzhaften Entwicklungsprozess zur Sozialen Demokratie geworden ist, kann wohl bestritten werden. Schließlich gibt es weiterhin genügend Menschen, die einer traditionelleren oder totalitäreren Form des Sozialismus anhängen. Zurecht wird jedoch erwähnt, dass diese Vorstellungen nicht mehrheitsfähig sind. Daher ist der Fokus auf die Soziale Demokratie wohl auch der Praxis der westlichen sozialdemokoratischen und sozialistischen Parteien geschuldet, die selten etwas anderes erstrebten. Dies wird in dem Kapitel zum Vehrältnis von Theorie und Praxis des Sozialismus (Kapitel 6) auch erwähnt, das ansonsten, geschuldet dem knappen Ziel des Buches, eher kurz ist.

"Sozialismus" ist ein gelungenes Überblickwerk, das totalitäre Ausprägungen, mit denen der Begriff in der öffentlichen Diskussion meist assoziiert wird, zwar erwähnt, den Fokus aber auf demokratischen und westlichen Auslegungen legt. Das ist gut zusammengefasst und bringt an einigen Stellen Unbekanntes hervor. Lediglich der große Schwerpunkt auf die Soziale Demokratie verbraucht Seiten, die vielleicht auch anderen Themen gut getan hätten.

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Donnerstag, 3. Mai 2012
Gelesen: In Pranurs Gewalt


Die Sternenfaust entdeckt ein weiteres Akoluthorum. Es befindet sich auf einem Planeten, von dem selbst die mächtigen Ankrilen nicht wieder zurückgekehrt sind. Dana Frost steuert den Ort dennoch an und schickt ein Außenteam auf den Planeten. Es kommt, wie es kommen muss: Kurz darauf bricht der Kontakt ab und etwas Unbekanntes greift die Sternenfaust an.

Trotz der scheinbaren Vorhersehbarkeit der Handlung, ist "In Pranurs Gewalt" ein spannendes und gelungenes Comeback der "Sternenfaust"-Autorin Michelle Stern. Die komplette Rezension findet man auf SF-Radio:

Sternenfaust Band 189 - In Pranurs Gewalt (von Michelle Stern)

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Mittwoch, 2. Mai 2012
Gelesen: Labyrinth (von Lois McMaster Bujold)
"Labyrinth" ist eine Novelle, die im "Barrayar"-Universum spielt. Miles Vorkosigan hat den Auftrag einen Wissenschaftler von Jackson's Whole abzuholen. Der Forscher arbeitete bisher für ein Mafiakartell, wird nun aber vom barrayanischen Militär abgeworben. Miles ist mit seinen Dendarii-Söldnern lediglich ein Mittler. Das Herausschmuggeln des Wissenschaftlers verläuft jedoch anders als geplant. Dieser möchte nämlich seine Forschungsergebnisse mitnehmen. Zum Schutz vor seinem Arbeitgeber hat er sie in einem seiner genetischen Experimente versteckt. Dieses misslungene Experiment, in dem er tierische mit menschlichen Genen kreuzte, wurde jedoch gerade verkauft. Miles soll es töten, eine Genbotschaft, die in ihm versteckt ist, aber vorher sicherstellen. Miles macht sich sofort mit einem improvisierten Plan an die Arbeit. Als der Plan schief geht, muss Miles zudem feststellen, dass es sich bei dem "Experiment", um ein merkwürdiges, aber intelligentes, empfindsames und weibliches Wesen handelt.

Die eigentliche Söldner-Geschichte der Novelle ist äußerst unkreativ. Miles greift das Hauptquartier des Kartells mit einigen bewaffneten Leuten an, einiges geht schief und durch seinen Einfallsreichtum kann Miles dann entkommen. Das ist nichts Neues und würde allein nicht ausreichen, um die Novelle spannend zu machen. McMast Bujold würzt die Geschichte jedoch mit zwei interessanten Zutaten.

Erstens gelingt es ihr mit knappen Sätzen die Verflechtungen der verschiedenen Kartelle auf Jackson's Whole zu charakterisieren. Das ist sehr gelungen und sorgt trotz der ernsten Thematik am Ende für viel Schmunzeln. Denn die Verknüpfungen sind enger als gedacht. Miles Vorahnung lässt ihn genau das ausnutzen, sodass dies zum Schluss sein Mittel ist, um dem Planeten zu entkommen. Am Ende der Novelle hat man das Gefühl, einen guten Eindruck über die kriminelle Situation (was gleichbedeutend mit der politischen Situation) auf Jackson's Whole zu haben.

Zweitens wird in der Novelle die Hauptfrage der Serie "Was ist normal?" sehr gut thematisiert. Die ersten Bände der Serie kreisten um Miles Geburt, die durch einen Anschlag äußerst kompliziert war. Er ist daher in vielerlei Hinsicht körperlich beeinträchtigt. Auf dem traditionell geprägten Barrayar wird er daher von vielen wie ein Aussätziger behandelt. Aufgrund seiner großen Willensstärke hat er es dennoch zu viel gebracht. Dennoch ist das natürliche in Thema, bei dem er sehr sensibel ist. Wie bereits in Ethan von Athos unterbleibt eine kritische Diskussion der Gen-Experimente. Das hätte den Rahmen der Novelle gesprengt. Dennoch ist es erschreckend, dass Miles ohne zu Zögern bereit ist das "Tier" zu töten. Berührend ist, wie Miles dann langsam feststellt, dass er es gar nicht mit einem Tier zu tun hat. Aus der Thematik hätte zwar deutlich mehr rausholen können, es ist für eine so kurze Geschichte aber eine gelungene und überraschende Wendung.

So stößt mit dieser Kurzgeschichte mit der genveränderten Taura eine weitere faszinierende Person zu Miles Dendarii. Das ist lohnenswert zu lesen, zumal Bujold mit der Geschichte wieder zeigt, dass auch in der Zukunft Toleranz und Menschlichkeit noch lange nichts selbstverständliches sein werden, sondern immer wieder errungen werden müssen.

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