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Dienstag, 25. Mai 2010
Gegen den Wind bis der Wind sich dreht


Heute habe ich auf laut.de die Rezension zu Reinhard Mays neuer Platte gelesen. Ich habe noch keine einzige seiner CDs gehört und die einzigen Lieder, die ich von May kenne sind "Über den Wolken" und die geniale Version von Waders 'No man's land'-Cover mit Hannes Wader und Konstantin Wecker. In der Laut-Rezension kommt May gar nicht mal so schlecht weg. Dafür, dass seine letzte Platte einen von fünf Punkten bekommen hat, sind drei von fünf geradezu großzügig.
Besonders gelobt wurde das Lied "Gegen den Wind" als "überdurchschnittliche Chanson-Kunst, fein verwoben mit sanften Melodien, Akkorden und Erkenntnissen, wie der über eine heute oft anzutreffende, allzu rasch einsetzende Verzagtheit". Das machte mich neugierig und ich wanderte sofort zu Youtube.
Nach zweimaligem Hören bin ich mir noch nicht ganz sicher, ob mir das Lied gefällt. Ich weiß aber schon, dass mir der Text im Grundsatz gefällt.

Heutzutage laufen tatsächlich viel zu viele Menschen mit dem Wind. Zur Zeit planen Lehrer, Eltern und Schüler an meiner Schule einen Streik. Wenn man Schüler davon begeistern möchte, dann gucken die einen an, als wäre man von einem anderen Stern. Streik? Kann man das Essen? Auf jeden Fall ist das so etwas von uncool.
Etwas mehr "gegen den Wind" wäre auf jeden Fall nicht schlecht.

Gleichzeitig fiel mir aber auch ein Lied von Pur ein, das auch etwas mit dem Wind zu tun hat. Das Lied passt aber besser zu Meys Zeilen Und wenn sich alle arrangieren/ohne Widerspruch und Sturm/mitlaufen und parieren/dann steh Du auf und dreh Dich um/Gegen den Wind....

Ich fürchte aber, dass kaum einer der Leute, die May eigentlich ansprechen will, das Lied überhaupt hört. Tja...



Anmerkung: Das "Bis der Wind sich dreht" aus einer Phase kommt, da Pur scheinbar ganz wiederliche Live-Aufnahmen gemacht hat, ist diese Version von dem 2004er Album "Klassisch - Live auf Schalke".

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Gelesen: Everyman (von Philip Roth)
"Everyman“ beginnt mit der Beerdigung des namenlosen Hauptdarstellers. Der Rest des Buches beschreibt den Alterungsprozess dieser Person aus dessen Blickwinkel. Hier wird also eine Lebensgeschichte erzählt.

Das ist zunächst äußerst skurril. Blitzschnell nähert sich der Erzähler nämlich dem hohen Alter zu. Das liegt daran, dass er sein Leben nur anhand seiner Krankenhausbesuche erzählt. Diese Idee reicht beinahe schon aus, um die Lektüre lesenswert zu machen. Zu Beginn wirkt das noch heiter. Denn als kleiner Junge und als 35-jähriger hat man durchaus gute Gedanken bei Krankenhausaufenthalten. Später muss er sich aber jährlich Operationen unterziehen, das ist dann nicht mehr lustig.

Daher ist die zweite Hälfte des Romans auch düsterer. Der Erzähler muss mit Einsamkeit auskommen. Und mit wachsender Einsamkeit fragt er sich natürlich auch, wodurch diese Einsamkeit entstanden ist. Daher geht er gedanklich noch einmal seine drei Ehen durch. Die Einsamkeit wird sogar so stark, dass er einige erbärmliche Versuche startet mit Frauen in Kontakt zu kommen. Das kann dann nur noch als tragisch-komisch bezeichnet werden.

Immer wieder gibt es Pläne, aus der Einsamkeit auszubrechen. Und jedes Mal scheitern sie wieder an banalen Sachen. Immer mehr Freunde sterben, um den „Everyman“ herum. Denn der Erzähler ist tatsächlich eine Art „Everyman“. Nicht umsonst bleibt er namenlos – sein Schicksal kann eigentlich jeden treffen.

Trotz der Fokussierung auf die Krankheitsgeschichte des Erzählers gelingt es Roth, das Leben des Erzählers zu skizzieren. Von der Jugend als Sohn eines Arbeiter-Juweliers (dies wird auf der Beerdigung geschildert) über seine Affären in seiner zweiten Ehe (dies reflektiert der Erzähler als er nach den Ursachen für seine Einsamkeit sucht) bis hin zu dem Versuch, über das Anbieten von Malkursen im Altersheim an Frauen heranzukommen (dass ist dann Teil der eigentlichen Handlung) erlebt man den Erzähler in den verschiedensten Situationen. So ist sein Tod zum Schluss weitaus bewegender als die einleitenden Trauerreden auf seiner Beerdigung.

Roths Erzählstil sorgt glücklicherweise dafür, dass keine allzu düstere Stimmung zum Schluss erzeugt wird. Der Tod kommt schnell und nicht allzu schmerzvoll. Trotzdem ist es gerade die Art von Tod, vor der sich der Erzähler in seiner Jugend so gefürchtet hat. Hier schwingt wieder die Ironie und der Witz mit, die den Stil des Buches zu einem großen Teil ausmachen und auch lesenswert machen.

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