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Donnerstag, 10. Mai 2012
Gelesen: Ein König für Deutschland (von Andreas Eschbach)
Vincent ist ein Hacker. Er hat den notorischen Tick, in seinen Viren eine Signatur zu hinterlassen, was ihm eine schnelle Verurteilung einbringt. Vorbestraft möchte ihn niemand einstellen, bis sich eine IT-Firma erbarmt. Dort erhält er nach kurzer Zeit den Auftrag, ein Verfahren zu entwickeln, um elektronische Wahlmaschinen zu manipulieren. Nach verschiedenen Testversuchen wird das Projekt in Amerika fallen gelassen. Doch ein zwielichter Mann mit Verbindungen zur Mafia zwingt Vincent das Programm zu verfeinern, um es in Deutschland einzusetzen. Vincent kann kurz nach der Vollendung des Programms fliehen und schickt das Programm an seinen Vater in Deutschland: Simon König. Der hat nun ein Verfahren in der Hand, Wahlen zu manipulieren.

Andreas Eschbach ist es sehr wichtig, dass der Leser weiß, dass alles, was in dem Roman geschildert wird, theoretisch möglich ist. Daher finden sich viele Fußnoten in dem Buch. Das ist ganz nett, gerade am Anfang jedoch etwas übertrieben. Gegen Ende, wenn regelmäßig das Grundgesetz zitiert wird, erfüllt das zwar einen gewissen Bildungsauftrag, ist für den Fortgang des Romans aber nicht besonders nützlich.

Denn die Geschichte tritt dadurch etwas in den Hintergrund und die Lektüre wird durch das Anliegen des Autors dominiert. Eschbach weist zurecht darauf hin, dass Wahlcomputer der Manipulation Tor und Tür öffnen. Daher muss immer darauf verwiesen werden, dass der in dem Buch geschilderte Irrsinn tatsächlich möglich ist. Das wird leider zu offensiv betrieben. Etwas mehr Story, weniger Plädoyer wäre nützlich gewesen.

Der Roman teilt sich in mehrere Teile. Zunächst erlebt man über einen langen Zeitraum mit, wie Vincent dazu kommt, das Programm zu erstellen. Das verwundert zunächst. Denn auf dem Buchrücken erfährt der Leser bereits, dass Vincents Vater irgendwann zum Deutschen König gekrönt wird. Das ist wie der Titel ungünstig, zu vorhersehbar ist die Handlung.

Dennoch ist dieser Teil nicht ganz schlecht. Das liegt, wie im Rest des Romans, an Eschbachs kurzweiligem und unterhaltsamen Srachstil. Alles liest sich flüssig, obwohl die Charaktere alle eindimensional sind, kann man sich mit ihnen identifizieren.

Der zweite Teil ist der beste. Hier erhält Simon die CD und sie wird ihm sofort wieder geklaut. Danach macht der Kleinbürger und Lehrer Simon mit einigen Hackern Pläne, wie sie eine Manipulation der Wahlen verhindern können. Dieser Teil ist gelungen, weil Simon langsam in seine Rolle wechselt. Vincent hat auch in dem Wahlfälschungsprogramm eine Signatur hinterlassen. Also muss die Gruppe eine Partei mit Vincents Initialien gründen: VWM, Volksbewegung für die Wiedereinführung der Monarchie.

Dieser Teil ist geprägt durch viele Interviews Simons, die alle sehr real wirken. Die Art und Weise wie die Medien auf diese Splitterpartei eingehen und daraus eine kleine Sensation machen, wirkt lebensnah. Dieser Abschnitt des Buches ist skurril und dadurch spannend. Außerdem nähert sich Simon hier immer mehr den phrasendreschenden Politikern an, die unerfüllbare Dinge versprechen. Nur bei ihm weiß man, dass er es gut meint. Auch das dürfte bei politisch weniger interessierten Lesern, für einen kleinen Lerneffekt sorgen. Für politisch gebildete Leser macht das keinen Unterschied.

Leider fällt das Ende stark ab. Die VWM wird mit überwältigender Mehrheit gewählt, es waren zu viele Wahlmaschinen im Einsatz. Daraufhin wird Simon König zum König gekrönt, weil die Initiatoren der Partei selbst nicht mehr glauben, dass sie alles manipuliert haben. Dieser Größenwahnsinn ist albern. Die Aufklärung der ganzen Geschichte lässt zu wünschen über. Einige Hacker verschwinden einfach spurlos, der ursprüngliche Auftraggeber wird ermordet, bevor er den Trick, wie er so viele Maschinen mit dem Manipulationsprogramm ausstatten konnte, verraten kann. Am Ende erhält Simon, der sich die ganze Zeit über moralisch richtig verhalten hat und die Königswürde einfach ablehnt, ein eigenes Schloss von einem Industriellen gestellt. Dieser Kitsch zum Ende ist etwas übertrieben. Auch die Wiedervereinigung mit seiner Ex-Frau geht ein Stück zu schnell und wird nicht überzeugend erzählt.

„Ein König für Deutschland“ greift ein wichtiges Thema auf. Wie können wir sichere Wahlen mit unsicheren Maschinen garantieren? Die Möglichkeiten der Manipulation zeigt Eschbach in dem ersten Teil der Handlung ordentlich auf. Im Mittelteil erlebt man unterhaltsam und gut zu welchen Absurditäten die Medien in Deutschland in der Lage sein könnten. Außerdem gelingt es Eschbach hier unterhaltsam einen Wahlkampf zu schildern, wenn auch für eine Spaß-Partei. Zumindest Simons Aussagen sind hier sehr beachtlich und sind für politikferne Leser sicherlich lehrhaft. Das Ende fällt dann leider stark ab, hier hätte es einer besseren Auflösung bedurft. „Ein König für Deutschland“ ist ein kurzweiliger Roman, mit einem wichtigen Thema. Die einzelnen Teile des Romans sind von höchst unterschiedlicher Qualität.

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